Der Gesang des Wasserfalls
von Sammys Frau angebautes Gemüse, Hüte, Stiefel, Netze, Zelte, Schürfgeräte und einige Tierfelle.
Lester und Jacob hatten Ausrüstung und Vorräte wieder in Lesters kleinem Boot verstaut und prüften, ob der Außenbordmotor noch ansprang. Jacob steckte das Geld, das Lester ihm gegeben hatte, in das Schweißband seines Huts und setzte ihn sich wieder auf.
»Danke, dass Sie uns die Fahrt so angenehm gemacht haben. Fahren Sie jetzt zurück?«, fragte Madi, als sie ihm die Hand schüttelte.
»Nein, Madam. Ich warte hier ein, zwei Tage. Kommt bestimmt jemand, der den Fluss wieder runterwill.«
Der alte Ladenbesitzer kam mit zwei Gläsern Rum heraus, eins davon reichte er Jacob, und sie hockten sich beide an den Fluss, um Lester und Madi beim Abfahren zuzuschauen. Sie prosteten ihnen mit den Gläsern zu, und Madi winkte ihnen mit ihrem Hut.
»Was meinst du zu der weißen Lady und Lester?«, fragte Sammy.
Jacob stierte in seinen Rum und nahm einen langsamen, nachdenklichen Schluck. »Sie is nett, aber muss wohl 'n bisschen komisch im Kopf sein, hierher zu kommen. Vielleicht hat sie Glück, wie sie sagt. Vielleicht.«
Sammy nickte zustimmend und lächelte. »Schätze, Lester kriegt diesmal besser zu essen, wo er doch jetzt 'ne Köchin hat.«
Auf den Windungen des Flusses kam der kleine Handelsposten bald außer Sichtweite, und der Dschungel schloss sich wieder um den schmaler werdenden Strom. Plötzlich tippte Lester Madi auf die Schulter und deutete auf einen riesigen Baum. »Sehn Sie den Baum und die Bergspitze mit dem Buckel da auf der rechten Seite? Wenn Sie die in eine Linie bringen tun, dann ham Sie die Einfahrt zu unserm Bach.«
Er steuerte auf den Baum zu, und da war auch schon die schmale und fast gänzlich verborgene Einfahrt zu dem kleinen Nebenfluss. Madi spürte, wie erneut Erregung in ihr aufstieg. Es war genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte, und als sie langsam hineinfuhren, griff sie nach oben und schob die herabhängenden Zweige zur Seite. Nach wenigen Metern verbreiterte sich das Flüsschen, und sie konnte den Himmel über dem hoch aufragenden Blätterdach des Waldes sehen. Sie bemerkte die schon tief stehende Sonne und hoffte, dass ihr Ziel nicht mehr allzu weit entfernt war.
Lester stand an der Ruderpinne und drosselte den Motor auf die niedrigste Geschwindigkeit. »Halten Sie nach versunkenen Bäumen Ausschau.«
Madi sah, was er meinte, als sie bald darauf an einem vermoderten Baumstamm vorbeischrammten, der direkt unter der Wasseroberfläche lag. Ein paar Minuten später stellte Lester den Motor ab. Ein umgestürzter Baum blockierte ihre Weiterfahrt.
Lester fluchte. »Verdammte Sumpfbäume. Fallen dauernd um.«
»Sie meinen, wir müssen da vorbei? An diesem Baum?«
»Ja. Außer Sie wolln das Boot durch'n Sumpf ziehn.«
»Können wir den Baum nicht zersägen?« Madi stand auf und sah, dass der Baum die Einfahrt zu einer Art kleinem See blockierte.
Lester machte sich an einer Blechdose zu schaffen. »Okay, das kriegen wir schon.« Er manövrierte das Boot an den Baum heran und ging nach vorne zum Bug. Über die Bordwand gelehnt, band er eine Stange Dynamit an den Stamm und reichte Madi die Zündschnur. »Rolln Sie die beim Zurückfahrn ab.«
Sie ließ die Schnur abrollen, während sie ein Stück den Fluss zurückfuhren und dann am Ufer Schutz suchten. Lester stellte den Motor ab. »Legen Sie sich auf'n Boden.« Er setzte die Zündschnur in Brand und duckte sich neben Madi, die sich die Ohren zuhielt.
Die Explosion zerfetzte den alten Baum, Holzstücke flogen nach allen Seiten. Aus dem Dschungel erhob sich lautes Protestgekreisch über die Ruhestörung. Als sich der beißende schwarze Rauch verzogen hatte, warf Lester den Außenbordmotor wieder an, und sie tuckerten hinein in den friedlichen kleinen See. Auf der einen Seite des topasgrünen Wassers befand sich ein schmaler Streifen silbrigen Sandes, auf den Lester mit einem fröhlichen Pfeifen zuhielt.
»Das ist ja wunderschön. Wie um alles in der Welt haben Sie es gefunden?«
»Vielleicht Glück, vielleicht Zufall, vielleicht sollte ich's finden, eh?«
Madi sprang auf den Kiesstrand, froh, ihre Beine wieder ausstecken zu können. Sie war schweißgebadet und erschöpft von der feuchtschwülen Hitze. Aber sie nahm die Müdigkeit kaum wahr, war viel zu beschäftigt, den idyllischen Lagerplatz in Augenschein zu nehmen, auch wenn er mit Unkraut und Buschwerk überwuchert war. Unter einem palmgedeckten Dach auf vier Pfosten
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