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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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war von einer dramatischen grauen Strähne durchzogen, die in der Mitte ihrer Stirn begann. Sie trug ein lockeres, weit geschnittenes Kittelkleid mit afrikanischem Druckmuster, war barfuß und an ihren Armen klapperte im Gehen eine ganze Anzahl geschnitzter Holzreifen.
    »Das ist Lady Annabel Markham, nennt sie einfach Annabel. Wenn Sie etwas über Blumenzucht wissen wollten, dann ist dies Mädel hier genau die Richtige«, verkündete der Oberst dröhnend und stellte ihr die Neuankömmlinge vor.
    »Mädel« ist wohl nicht ganz das passende Wort, dachte Matthew, erhob sich galant und ergriff die Hand ihrer Durchlaucht. »Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen.«
    Annabel hatte eine tiefe, kehlige Stimme und ein musikalisches Lachen. »Ganz meinerseits. Was für eine teuflisch hinreißende Bootsladung hast du uns da gebracht, Bede.« Und sie fügte hinzu: »Ich darf ihn Bede nennen, ja, ich darf ihn eigentlich alles nennen, was ich will … und das habe ich früher auch, was?«, gluckste sie. »Ich bin seine Ex-Schwägerin. Das letzte Überbleibsel seiner früheren Existenz.« Sie sprach mit einem starken britischen Akzent und wandte sich Madi zu. »Und wer von den Jungs hat das Glück, Sie seine hübsche Freundin nennen zu dürfen?«
    Madi versteifte sich. »Keiner von ihnen. Tut mir leid. Ich bin Matthews Schwester. Ich besuche ihn auf meinem Weg zu einem neuen Aufgabengebiet in London.«
    »Meinen Glückwunsch, Madison! Mit einem einzigen Streich haben Sie mich an meinen Platz verwiesen, mich wissen lassen, dass Sie niemandes Püppchen sind und dazu eine berufstätige Frau. Gratuliere.« Trotz ihrer Unförmigkeit deutete Lady Annabel einen graziösen Knicks an, und Madison musste grinsen. »Wo sind die Drinks, Bede? Du vernachlässigst deine Gastgeberpflichten.« Sie winkte mit der Hand, ließ ihre Armreifen klappern, fasste Madi am Ellbogen und steuerte mit ihr auf einen Liegestuhl mit passender Fußstütze weiter hinten auf der Veranda zu. Ihre Durchlaucht ließ sich auf der Liege nieder und bedeutete Madi, auf dem Hocker Platz zu nehmen.
    Madi tat, wie ihr befohlen, war gleichzeitig fasziniert und ein bisschen abgestoßen von dieser imposanten Dame, die ihr unter der anwesenden Gesellschaft etwas anachronistisch vorkam.
    Annabel beäugte Madi. »Ich dachte, ich sollte Sie vor diesen Dämchen da retten. Die meisten haben kaum Grips im Kopf. Jetzt lassen Sie uns über London reden. Ich liebe London. Ich bin dort zur Schule gegangen und kam dann hierher zurück, was eine gewisse Verschwendung meiner Fähigkeiten war … obwohl es hier zu meiner Zeit sehr gesellig zuging, was Sie vielleicht überraschen mag. Sehr gesellig. Ich habe eine gute Ehe geschlossen … eine bessere Wahl getroffen als meine Schwester«, gluckste sie wieder und schaute zum Oberst hinüber, »obwohl der alte Bock gut zu mir ist, wo ich jetzt ein bisschen abgebrannt bin. Muss er auch, denn ich weiß zu viel über ihn. Na, wie auch immer, ich heiratete einen Diplomaten, einen Guyaner, sehr klug, ein ganzes Stück älter als ich – ich kann ältere Männer übrigens nur empfehlen, vorausgesetzt, sie haben ihr eigenes Geld und noch ihre eigenen Zähne. Wir haben viele Jahre in London gelebt. Bin jahrelang nicht hier gewesen. Als er starb, blieb ich dort, aber dann wurde das Geld knapp, also kam ich zurück und pflegte meinen lieben alten Vater, bis auch der starb. Jetzt bin ich ganz allein. Nachdem sich Bede und meine Schwester getrennt haben, ging sie mit ihrer Bande nach Kanada – Gott, all die Kinder, ich danke meinem Glücksstern, dass ich eine so weit entfernt lebende Tante bin, könnte es nicht ertragen, sie alle um mich zu haben. Und ich blieb hier, und jetzt ist auf seltsame Weise Bede Olivera, mein Ex-Schwager, das einzige an Familie, was ich noch habe.«
    »Sind Sie da nicht oft einsam?«, fragte Madi. Sie konnte sich denken, dass Lady Annabel einen ganzen Fundus an Geschichten zu erzählen hatte.
    »Von Zeit zu Zeit krame ich gern in Daddys altem Haus herum, wo ich aufgewachsen bin. Irgendwann werde ich es Ihnen zeigen. Bede hat mich ausbezahlt und das Geld angelegt, so dass ich jetzt wenigstens über eine kleine Rente verfüge. Das Haus wird nur gelegentlich benutzt. Und ich lebe in einer Wohnung hinter Bedes Haus. Er ist viel in New York, seine zweite Frau will so wenig wie möglich mit Guyana oder mir zu tun haben. Ist mir unbegreiflich. Ich kann recht unterhaltsam sein, wissen Sie.«
    »Das glaube ich gern«, lachte Madison.
    Der

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