Der Gesang des Wasserfalls
Nutzungsgebühr und den Förderabgaben. Die Einzelheiten kenne ich nicht. Natürlich sind mit Abgaben verbundene Lizenzen gleichzeitig Lizenzen zum Gelddrucken.«
»Und keine Namen? Meinen Sie, dass welche von den Regierungsbeamten, die dieses Wochenende hier sind, über die Sache Bescheid wissen?«
Ernesto St. Kitt nickte. »Da bin ich mir ganz sicher, aber diese Bürokraten zu bewegen, etwas zuzugeben, ist eine ganz andere Sache. Trotzdem, man weiß ja nie, was man in den Gesprächen an einem Wochenende wie diesem mitbekommt.« Er lehnte sich zurück, als hätte er resigniert, und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Diese El-Dorado-Angelegenheit stinkt, Matthew. Und das alles ist sehr enttäuschend. Ich hatte so große Hoffnungen, dass wir nun bessere Zeiten vor uns hätten.«
»Was geht da Ihrer Ansicht nach wirklich vor … nur mal so ins Blaue gesprochen.«
St. Kitt bewegte sich auf dem Stuhl. »Das alles ist reine Spekulation. Aber es muss mehr als eine wichtige Person beteiligt sein. Es muss eine eng miteinander verbundene Gruppe sein, die Gelder abgezweigt und Firmen wie Guyminco ruiniert hat. Und ich glaube nicht, dass die Leute an der Regierungsspitze wirklich wissen, wie schlimm es ist. Darüber hinaus habe ich den Verdacht, dass da noch neue Spieler hinzugekommen sind, um sich auch ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. All das Gerede über Guyanas wirtschaftlichen Aufschwung und internationale Unterstützung muss sich für die südamerikanischen Verbrecherkönige wie eine Neuauflage des ursprünglichen El Dorado anhören.«
»Olivera? Ist der sauber?«, fragte Matthew. »Die ganze Anlage hier war mit Sicherheit nicht billig, und man verdient kein Vermögen mit dem Schreiben politischer Kommentare über Guyana.«
»Olivera ist nicht der Alleinbesitzer.
New Spirit
gehört einer Gruppe erfolgreicher Geschäftsleute aus Georgetown. Ursprünglich sollte es von der Regierung für die Indios bewahrt werden, wissen Sie.«
»Na toll!«, rief Matthew. »Ich frage mich, ob Lennie Krupuk was über El Dorado weiß. Müsste er eigentlich schon, da die Zahlungen, die El Dorado von Guyminco erhielt, in seine Zeit als Direktor fallen.«
»Ich denke, es wäre angebracht, ihn zu fragen. Wo er jetzt nicht mehr für die Firma arbeitet, könnte er meinen, er sei aus dem Schneider.«
»Mir gegenüber wird er bestimmt nicht redselig sein, wenn es um solche Fragen geht«, sagte Matthew. »Warum machen Sie sich nicht mal an ihn heran?«
»Ja, warum nicht? Es ist den Versuch wert. Da er ja bald das Land verlässt, ist er vielleicht bereit, mich mit ein paar Brosamen von der Tafel zu füttern. Vielleicht sollte ich andeuten, dass ich in dieser Sache über gewisse Druckmittel verfüge.«
»Sie sind ein guter Mann, Ernesto. Bei uns zu Hause sagt man, ›jemand muss ja dafür sorgen, dass die Dreckskerle sauber bleiben‹. Genau das versuchen Sie mit aller Kraft. Ich hoffe, Sie haben Erfolg. Bestimmt gab es vor Ihnen auch andere wohlmeinende Kerle, die aber schon lange aufgegeben und sich der ›Wenn-du-sie-nicht-schlagen-kannst-schließ-dich-ihnen-an‹-Theorie verschrieben haben.«
»Sie sind sehr freundlich. Vielen Dank. Hoffen wir, dass die Gerechtigkeit triumphiert. Manchmal kann das sein, wissen Sie. Bis später.«
Matthew sah ihm nach, als Ernesto im Dauerlauf über den Rasen davonlief. Etwas an St. Kitts letzter Bemerkung – ›Hoffen wir, dass die Gerechtigkeit triumphiert‹ – beunruhigte ihn. Der Beamte hatte nicht allzu überzeugt geklungen, als er das sagte.
Das Abendessen hätte nicht vergnügter sein können. Einige der Männer waren begnadete Erzähler, und ihre Erinnerungen an gewisse hochkarätige diplomatische Manöver mit Fidel Castro waren für die Zuhörer höchst amüsant. Das Essen zog sich lange hin, und danach begaben sich alle zu Kaffee und Likör auf die Veranda.
Später beschlossen einige, sich einen Film anzusehen, der über Oliveras Satellitenschüssel empfangen werden konnte, andere spielten Billard, und eine kleine Gruppe, zu der Lennie Krupuk, Antonio Destra, der Oberst und einige Regierungsbeamte gehörten, würfelte lärmend um beträchtliche Summen.
In den frühen Morgenstunden wachte Madi mit einem Durstgefühl auf, wickelte sich in ihren Sarong und tappte leise zu der Wasserflasche, die sie im Bad hatte stehen lassen. Sie schraubte sie auf, nahm einen Schluck und trat dann auf die Veranda ihres kleinen Bungalows. Als sie kurz zum Himmel aufsah, staunte sie,
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