Der gewagte Antrag
stattfindenden Hochzeit in Kenntnis gesetzt, und ihre Vertreter werden an der Trauung in der Kapelle teilnehmen. Die übrigen Leute werden sich danach einfinden, und von Ihnen wird erwartet, dass Sie sich ihnen mit Ihrer Gattin zeigen, um Glückwünsche entgegenzunehmen. In der Frühe wird Mr. Challenor Sie in eine Gästesuite begleiten und Ihnen mit Unterstützung des im Ruhestand lebenden Kammerdieners Seiner verstorbenen Lordschaft, den wir hergeholt haben, beim Ankleiden zur Hand gehen. Aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens bin ich gewiss, dass Sie sich morgen richtig zu betragen verstehen. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Sir, und hoffe, Sie haben angenehmere Träume als sonst.”
“Ich weiß, Mr. Henson, dass alles, was Sie veranlasst haben, zu Recht und in der besten Absicht geschehen ist. Ich werde weder meiner Verlobten noch Ihnen Schande machen.”
John verneigte sich und verließ die Kammer.
Nachdem er gegangen war, setzte Chad sich auf das Bett. Vor Anstrengung, sich zusammennehmen zu müssen, hatte er feuchte Hände und ein schmerzhaftes Pochen in den Schläfen bekommen. Aber was hätte er anderes vom Verwalter erwarten können? Nicht umsonst hatte er Elinor darauf hingewiesen, dass ihre Eheschließung ungeheueres Aufsehen erregen würde. Er konnte Henson den Versuch nicht verargen, Lady Malplaquets Interessen zu schützen.
Nach einer Weile stand er auf, entkleidete sich und ging zu Bett. Es dauerte lange, bis er müde wurde und die Augen schloss. Morgens wachte er durch den Klang seiner Stimme auf und merkte verstört, dass er Elinors Namen gerufen hatte. Er entsann sich einer Reihe von Träumen, die bis auf einen keine Schrecken in sich geborgen hatten. Im letzten von ihnen hatte er sich jedoch in einem stickigen, menschenüberfüllten Raum befunden und schien betrunken gewesen zu sein. Die ihn umgebenden Männer hatten gröhlend gelacht oder ihn entgeistert angestarrt. Jemand hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt und ihn zur Ruhe ermahnt. Er hatte jedoch nicht geschwiegen und die Rede auf Elinor gebracht. Doch nun wusste er nicht mehr, in welchem Zusammenhang das geschehen war und mit wem er gesprochen hatte.
Mit einem Gefühl des Wohlbehagens, das Elinor nie zuvor verspürt hatte, wachte sie auf, streckte sich genüsslich und reckte die Arme über den Kopf. Sie wartete nicht auf die Zofe, sprang frohgemut aus dem Bett und lief zum Fenster. Rasch zog sie die Vorhänge zurück, öffnete es und ließ den Blick über den Park zum dahinterliegenden Moor schweifen, wo ihrer Sicht, doch nicht der Erinnerung entzogen, sich der “Thron Gottes” wuchtig und majestätisch erhob. Sie atmete tief durch, ging zum Klingelzug und läutete der Zofe.
Nach wenigen Minuten betraten die Tante und Annie das Schlafgemach. Die Zofe trug ein Tablett, auf dem eine Tasse und eine Silberkanne standen, und Tante Annabelle hatte ein ernstes Gesicht aufgesetzt.
“Noch ist es nicht zu spät, Nell, die Sache rückgängig zu machen”, sagte sie beklommen.
“Warum sollte ich anderen Sinnes werden?”, fragte Elinor fröhlich, schlüpfte wieder unter die seidene Bettdecke und ließ sich von Annie die Morgenschokolade eingießen. “Ich heirate doch den Mann meines Herzens!”
Annabelle seufzte, ließ sich in einem Fauteuil nieder und schaute der Nichte zu. Nell hatte nie so glücklich ausgesehen wie heute. Sie wirkte, als habe Newcome sie bereits geliebt. Hätte Annabelle nicht mit Bestimmtheit gewusst, dass beide an dieser Mesalliance Beteiligte die Nacht in verschiedenen Räumen verbracht hatten, wäre sie vom Gegenteil überzeugt gewesen. Jedenfalls würde später bei der Zeremonie in der Kapelle niemand eine schüchterne, befangene Braut zu Gesicht bekommen.
Heiter beendete Elinor das Frühstück, stand auf und machte Morgentoilette. Beschwingter Stimmung ließ sie sich von Zofe und Tante in die weiße Robe kleiden, frisieren und den Schmuck anlegen. Das Spitzentüchlein steckte sie unter den perlenverzierten Gürtel und begab sich dann in ihr Arbeitszimmer, damit das Bett frisch bezogen, mit duftenden Kräutern bestreut und das Feuer im Kamin gerichtet werden konnte. Sobald es Zeit war, sich für den schönsten Tag, den Campions seit vielen Jahren erlebt hatte, in die Kapelle zu begeben, schritt sie neben der ein elegantes dunkelblaues Seidenkleid tragenden Tante in die Halle hinunter und suchte den Großen Salon auf.
Der Verwalter und der Bibliothekar waren schon anwesend, ebenso der Butler, die Haushälterin
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