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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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werden.«
    »Welch ein Kunstwerk«, sagte Vitellius begeistert, »welche Freude muß es bereiten, in diesem Theater zu kämpfen und zu siegen!«
    »Du – kämpfst nicht mehr?« erkundigte Eumarus sich vorsichtig und fügte respektvoll hinzu: »Wofür auch!«
    Das ärgerte Vitellius. »Du meinst, ich hätte es nicht mehr nötig. Meinst du das?« Eumarus schwieg. »Glaub mir«, fuhr Vitellius fort, »ich werde wieder kämpfen. Ich will in diesem deinem Theater antreten, und meine Statue soll in einem dieser Rundbögen stehen, und noch in tausend Jahren sollen die Menschen vor dem Standbild stehen und sich an Vitellius, den Gladiator, erinnern – falls Rom dann überhaupt noch existiert.«
    »Wenn Rom untergeht, wird die Welt untergehen«, sagte Eumarus, »aber diese Welt hat Unwetter und Erdbeben überlebt, sie hat Hannibal und Caligula überstanden, sie wird nicht untergehen, solange dieses Theater steht.«
    Vitellius ließ sich auf einem riesigen Steinblock nieder und sah den Sklaven zu, die die Travertinquader mit Hilfe von Hebelstangen, Rollen und Tauen transportierten. Aufseher ließen die Peitsche knallen und wetteiferten untereinander in lautstarken Kommandos. Eumarus erkannte das Interesse seines Begleiters und sprach: »Sie dürfen dich nicht dauern. Sie sind Arbeit gewöhnt. Ihre Heimat ist karg und unfruchtbar, und was sie dem Boden abgewinnen, erfordert große Anstrengungen. Und Sklaven wie wir kennen sie nicht. Als ihre Vorfahren vor über tausend Jahren dem ägyptischen Pharao dienten, türmten sie Weltwunder auf, die wir noch heute bestaunen. Jetzt sollen sie ein Weltwunder für Rom errichten.«
    Der Gladiator sah bei diesen Worten die Ränge turmhoch in den Himmel wachsen, die marmornen Sitzreihen sich mit festlich gekleideten Menschen füllen, hörte die vieltausendfachen Anfeuerungsrufe »Vitellius! Vitellius!« und stand plötzlich seinen Gegnern gegenüber, die mit Dreizack und Schwertern auf ihn losgingen. Aber er meisterte alle Angriffe, wich mit gekonnten Drehbewegungen aus und ging seinerseits zum Angriff über. Vitellius ließ sein Fangnetz über dem Kopf kreisen, schleuderte den Dreizack, traf, der Gegner fiel; auf den nächsten ging er mit dem Schwert los, stach zu, schließlich schwang er die bloßen Fäuste, traf am Kinn und schickte den Gegner in den Sand. Ein stechender Schmerz holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Vitellius trommelte mit den Fäusten gegen einen massigen Steinblock. »Ich werde wieder kämpfen! Ich werde wieder kämpfen!«
    Sie waren erbitterte Konkurrenten, aber wenn es darum ging, ihren größten Rivalen in die Schranken zu weisen, dann fanden sie sich zusammen einträchtig wie Brüder. Die Hafenkneipe am Leuchtturm von Ostia hatten sie gewählt, weil sie glaubten, daß sie hier niemand kennen würde. Dort putschten sie sich gegenseitig mit vom schweren Falerner gelöster Zunge auf, es diesem Vitellius, diesem Anfänger, heimzuzahlen.
    »Wenn wir nicht handeln«, meinte Pedanius, der nach Vitellius zweitbedeutendste Bankier und Geldverleiher Roms, »dann schnappt uns dieser Gladiator das Geschäft mit der Getreideflotte weg, und uns bleibt es, die Kleinkredite des Gesindels aus Transtiberim zu finanzieren.«
    Valerius, ein älterer Herr mit listigen kleinen Äuglein, stocherte mit dem Zeigefinger der Rechten in der Luft herum: »Dabei machen gerade die kleinen Geldgeschäfte die größte Arbeit. Du mußt dich um die pünktliche Zahlung der Zinsen kümmern, die Tilgung einfordern – egal ob dir jemand tausend Sesterze schuldet oder eine Million. Und ich sage euch, wenn wir diesmal leer ausgehen, dann …«
    »Wir werden dieses Projekt ebenso finanzieren wie das Amphitheater«, unterbrach der dritte der drei Geldverleiher. »Jeder von uns betreibt sein Geschäft ein Leben lang, sollen wir wirklich vor einem Gladiator kapitulieren? Mag sein, daß sein Vermögen größer ist als das unsere zusammen, aber Vitellius hat nur einen Kopf, wir haben drei.«
    »Gut gesagt, Metilius!« Pedanius schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Becher überschwappten. Eine Hafenhure, die in der Ecke gelauert hatte, sah jetzt die Gelegenheit, ihre Liebesdienste anzubieten. Sie könne es für zwei As auch unter dem Tisch. Die drei grölten und stießen sie weg. »Laß uns in Frieden«, lachte Pedanius ihr nach, »wir haben wichtigere Geschäfte zu verrichten.« Und an seine Begleiter gewandt, sagte er: »Die Zeiten sind schlecht, das ist gut für uns. Der Kaiser ist ein armer

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