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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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verführte sie einen Mann; es war Selbstmord.«
    »Selbstmord«, wiederholte Vitellius tonlos. »Dabei konnte das alles nur geschehen, weil sie einem Mädchen so ähnlich sah, dem meine ganze Zuneigung gehört.«
    »Du liebst sie noch immer?« fragte Pheroras, und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Das ist das Schlimmste, was dir in deiner Situation passieren kann.«
    Vitellius erschrak. »Ich habe es dir schon einmal gesagt«, ereiferte sich Pheroras, »ein Gladiator darf seine Kraft und seine Gefühle nicht an Weiber verschleudern. Seine Liebe gehört der Arena. Sie erfordert den ganzen Mann, keinen verträumten Liebhaber, keinen Schwächling, keinen Lüstling. Weiber sind nur für deine Bedürfnisse da. Steht dir der Sinn nach einer Frau, so laß dich bedienen, aber vergeude nie deine Gefühle.«
    Vitellius hatte ihm nur mit halbem Ohr zugehört.
    »Sie hieß Rebecca«, begann er unvermittelt und zaghaft, »ihre dunklen Augen waren unergründlich wie das Meer, ihr Körper geschmeidig wie der einer Gazelle. Ich würde mein Leben geben, um sie wiederzusehen!«
    »O ihr Götter Roms, sprich nicht weiter. Deine Worte sind nur zu deutlich. Wenn du sie schon nicht vergessen kannst, was hindert dich dann, dieses Mädchen wiederzusehen?«
    »Das Meer und darüber hinaus die Unkenntnis ihres Aufenthaltes. Sie war ein Judenmädchen und wurde unter Claudius ausgewiesen.« Vitellius fiel vor Pheroras auf die Knie, faßte seine Hand und flehte den Alten an: »Nur du, Pheroras, kannst mir helfen! Ich weiß von deinen Machenschaften mit der Getreideflotte des Kaisers, ich kenne den Namen des Schiffes, mit dem Rebecca in See stach. Du besitzt die Frachtlisten, du kennst die Schiffsrouten. Du weißt auch, wo Rebecca an Land gegangen ist. Ich bitte dich, Pheroras, hilf mir!«
    Pheroras schwieg. Daß Vitellius von den gekaperten Schiffen wußte, verunsicherte ihn. Was sollte er tun? Einer der wenigen eingeweihten Mitarbeiter hatte es ihm verraten. Der Junge hatte ihn jetzt in der Hand. »Woher weißt du es?« fragte Pheroras und gab sich betont uninteressiert.
    »Ich muß schweigen«, antwortete Vitellius, »aber sei versichert, daß kein Mensch je davon erfahren wird.«
    Pheroras hatte gar nicht damit gerechnet, den Namen des Verräters zu erfahren. Er zweifelte nicht daran, daß er ihn ohnehin herausbekommen würde. »Wie sagst du, heißt das Mädchen?«
    »Rebecca!« antwortete Vitellius und erhob sich.
    »Und der Name des Schiffes?«
    »Eudore. Ich habe den Namen des Schiffes vom Hafenmeister in Ostia erfahren.«
    »Das Mädchen scheint dir in der Tat viel zu bedeuten!«
    »Mehr als mein Leben«, antwortete Vitellius und verfolgte gespannt, wie Pheroras den Marmordeckel einer Sitzbank beiseiteschob und mehrere Schriftrollen hervorholte. Leise vor sich hinmurmelnd, fuhr er mit dem Zeigefinger über die einzelnen Rubriken, blickte mißtrauisch zu Vitellius hinüber, hielt inne und sagte schließlich: »Hier, Eudore.«
    Neben dem Namen des Schiffes stand das Fassungsvermögen des Fahrzeuges, der Käufer, sein Preis und der Bestimmungsort Caesarea in Palästina. Pheroras schüttelte den Kopf: »Die Eudore fuhr nicht nach Palästina«, log er, »sie wurde nach Griechenland umdirigiert und landete in Kirra.« Dann beeilte er sich, das Papier zusammenzurollen und in seinem Versteck verschwinden zu lassen.
    Vitellius sah seinen Mentor ungläubig an: »Warum, bei allen Göttern, nahm die ›Eudore‹ den Weg nach Griechenland?«
    »Da du ohnehin eingeweiht bist, will ich dir alles erzählen. In Palästina war kein Bedarf für über hundert Frachtschiffe. Ich mußte die Segler in Griechenland, Kleinasien und Ägypten absetzen. Wissen möchte ich nur, wer dir mein Unternehmen verraten hat.«
    »So wie ich dir den Namen nicht verrate«, entgegnete Vitellius, »wird niemand je von diesem Unternehmen erfahren.«
    Pheroras hielt Vitellius die Hand hin: »Dein Wort darauf. Ich vertraue dir!«
    Während die beiden sich die Hände schüttelten, kam Mariamne. Sie trug eine lange Tunika aus einem silberfarben glänzenden Stoff, der jeden ihrer Schritte mit einem Rascheln begleitete. Die linke Schulter war frei und zog den Blick auf den wogenden Ansatz ihrer Brust. »Die Gäste werden unruhig!« sagte Mariamne einladend. »Ihr könnt sie nicht noch länger warten lassen!«
    »So laßt uns gehen«, sagte Pheroras, und Mariamne hakte Vitellius unter. Beifall kam auf, Hochrufe, »Vitellius!«, »Vitellius!«, als die drei das Atrium

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