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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Mitte des Raumes angelangt, legten die Sklaven den Toten auf den Boden. Fabius preßte eine Hand vor den Mund. Kein Zweifel, es war Pheroras.
    »Pheroras! Es ist Pheroras! Die Götter mögen ihm gnädig sein!« Die Umstehenden wagten nur zu flüstern. Fabius fühlte alle Blicke auf sich gerichtet. Die Menschen, der Leichnam vor ihm, begannen sich zu drehen, dann wurde ihm schwarz vor seinen Augen. Als Fabius wieder zu sich kam, schrien die Gäste aufgeregt durcheinander. »Wie war das möglich?« – »Hat denn niemand etwas gesehen?« – Die beiden Sklaven wurden bestürmt: »So redet doch!«
    Der eine brachte vor Aufregung kein Wort hervor, der andere stammelte vor sich hin: »Ich hörte ein Stöhnen, drehte mich um, da sank er mir in die Arme.«
    »Wo?«
    »Da in der Halle. Ich stand neben der ersten Säule.«
    »Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten«, stellte der Senator Ollius fest. »Der Mörder muß hinter der Säule gelauert haben.«
    »Man muß es seiner Frau mitteilen!« sagte Plinius. Fabius erhob sich mühsam. »Ich werde das übernehmen.«
    Morde zählten in Rom zur Tagesordnung; die meisten wurden nicht einmal gerichtlich geahndet, weil man den Mörder nicht fand. Und große Ermittlungen wurden nur in den seltensten Fällen eingeleitet. Daß es sich im Fall Pheroras' anders verhielt, ging auf Fabius zurück.
    Er, der von einem Tag auf den anderen die Ausübung der Geschäfte seines Herrn übernahm, hatte zehntausend Sesterze für die Ergreifung des Mörders ausgesetzt. Angelockt von der hohen Geldsumme gingen zahlreiche Hinweise ein; kein einziger erwies sich jedoch als stichhaltig. Schließlich kam der Zufall zu Hilfe.
    Mariamne rief alle vierhundert Sklaven und die knapp hundert Freigelassenen zusammen, um sie mit der neuen Situation vertraut zu machen. Umgeben von Fabius und ihrer Tochter Tertulla, hielt sie eine Ansprache: »Erspart es mir, auf die Verdienste meines Gemahls um das Wirtschaftsleben in dieser Stadt und um unser aller Wohl einzugehen. Ich habe euch nur deshalb zusammengerufen, um euch mitzuteilen, daß alles beim alten bleiben soll. Ich werde die Geschäfte meines Mannes weiterführen, und Fabius, der Pheroras beinahe drei Decennien gedient hat, wird mir dabei helfen. Jene Sklaven, denen Pheroras als Belohnung treuer Dienste testamentarisch die Freiheit versprochen hat, sind mit dem heutigen Tag frei.«
    Jubel unterbrach Mariamnes Rede, und es dauerte eine Weile, bis sie die Namen der dreißig Sklaven vorlesen konnte, die freigelassen wurden. Jeder einzelne trat vor und verneigte sich vor der Herrin. Als Marcellus an der Reihe war, blickte Mariamne suchend in die Runde: »Wo ist Marcellus, der Barbier?«
    Fabius erhob sich: »Wer hat Marcellus zuletzt gesehen?«
    Schweigen.
    »Wer sind seine Zimmergenossen?« fragte Fabius verärgert.
    Fünf Männer traten vor. Sie hielten die Köpfe gesenkt, keiner wagte aufzublicken. Mariamne ging auf den Nächststehenden zu, packte ihn am Kinn und stieß seinen Kopf hoch. »Soll ich aus dir herauspeitschen, wo Marcellus geblieben ist?«
    Der Sklave zuckte zusammen, dann begann er zu reden: »Herrin, Marcellus ist seit jenem Tag, an dem das Unglück mit unserem Herrn geschah, verschwunden.«
    Mariamne und Fabius sahen sich wortlos an: »Und warum hat dies niemand gemeldet?« Mariamne sagte erregt: »Vielleicht, weil ihr mit Marcellus unter einer Decke steckt?«
    »Nein, ich schwöre es bei meiner rechten Hand«, beteuerte der Sklave, »wir haben mit Marcellus nichts gemein. Im Gegenteil, wir haben ihn bedroht, als er Rachegedanken gegenüber unserem Herrn aussprach.«
    »Rachegedanken?«
    »Ja«, sagte der andere Sklave, »er fühlte sich durch die Auspeitschung von Pheroras ungerecht behandelt – zumal er, wie er sagte, dem Herrn beinahe solange diente, wie dessen Bart sproß.«
    Der dritte Sklave ereiferte sich: »Als wir merkten, daß er gegen unseren Herrn irgend etwas im Schilde führte, da stellten wir ihn zur Rede. Marcellus traf sich zweimal mit dem Tuchhändler Pedanius und zwei anderen Männern, die wir nicht kannten. Wir alle verfolgten das mit Argwohn und drohten, wenn je unserem Herrn etwas zustieße, würden wir Marcellus verraten. Der aber sagte: ›Das werdet ihr nicht tun. Ihr wißt ganz genau, daß euch dann die gleiche Strafe droht wie mir!‹ Deshalb haben wir geschwiegen.«
    Fabius ließ daraufhin das Haus des Tuchhändlers Pedanius umstellen und stellte ihm die Sklaven gegenüber, die ihn zusammen mit Marcellus gesehen

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