Der gläserne Drache Band II (German Edition)
gehen?“ fragte Tanis verzweifelt. „Was soll aus ihm und dem Land werden, wenn er sich bis dahin nicht ändert?“
„Nein, Tanis, ich werde Torgard nicht mehr verlassen“, sagte Malux entschlossen. „Meine Frau und mein Sohn, auf die ich so lange habe warten müssen, verdienen zumindest ab jetzt meine volle Aufmerksamkeit, die ich ihnen in all den Jahren nicht habe geben können. Und beide wollen ihre Heimat nicht verlassen, schon gar nicht wegen eines undankbaren grünen Jungen! Ich denke, dass ich den Eid, den ich Erugal schwor, voll und ganz erfüllt habe.
Ich werde des Königs Weisung gemäß noch bis zum Ablauf der zwei Jahre eure Ausbildung überwachen, aber ab dann gehört mein Leben wieder mir!
Mein jüngerer Bruder, der das Landgut unserer Familie in meiner Abwesenheit verwaltete, hat keine eigenen Nachkommen, und mit seiner Gesundheit steht es leider nicht zum Besten.
Daher werde ich wieder dorthin zurückkehren, damit Amaro lernen kann, den Besitz seiner Väter zu leiten. Und auch Safira , die ja von edlem Geblüt ist, verdient endlich ein ihrer Stellung angemessenes Heim.
Ich hoffe, du wirst mir das nicht verübeln, denn ich werde dir auch weiterhin ein treuer Gefolgsmann sein.
Und was Wigo betrifft, bin ich mir heute nicht mehr sicher, ob der König ihm das Fürstentum Candrien überhaupt noch anvertrauen wird, wenn er sich nicht grundlegend ändert. Sei gewiss, dass Mendor von Gondar ständig durch Boten über eure Entwicklung informiert wurde.
Was ihr noch nicht wisst – und was ich dich auch bitte weiterhin geheim zu halten – ist, dass der König selbst zum Turnier kommen wird, um den Ritterschlag bei den erfolgreichen Kandidaten zu vollziehen.
Versagt Wigo dann, ist zu erwarten, dass Mendor die Übergabe Candriens an ihn entweder hinausschieben wird, bis er erneut zur Schwertleite antreten kann, oder das Lehen an einen anderen seiner Gefolgsleute übergibt.
Du solltest Wigo meine Vermutungen jedoch nicht mitteilen. Er ist ein guter Schauspieler und würde sich entsprechend benehmen, ohne sich wirklich positiv zu verändern.
Die Konsequenz wäre, dass Candrien wiederum in die Hände eines verantwortungslosen Regenten übergehen könnte, was weder dem Land noch dem König nutzen würde. Denn so , wie dein Bruder sich zurzeit verhält, würde er mit Sicherheit dem Land mehr schaden als guttun, sobald niemand mehr seinen Ausschweifungen Einhalt gebietet.“
Tanis saß niedergeschlagen in seinem Sessel. Malux‘ Worte hatten ihm erst jetzt klar gemacht, welche weitreichenden Folgen die Veränderung in Wigos Wesen haben konnte.
Was sollte er nur tun?
Er erhob sich, verabschiedete sich von Malux und verließ grübelnd das Haus.
In seinem Kopf jagten sich die Gedanken. Konnte er wirklich seinen Bruder ohne Warnung in sein Verderben laufen lassen? Hatte er nicht die Pflicht, Wigo die Konsequenz seines Verhaltens vor Augen zu führen?
In seinem Zimmer angekommen, warf er sich auf sein Bett und zwang sich zur Ruhe. Er durfte jetzt nicht emotional reagieren, sondern musste das Für und Wider einer Entscheidung sorgfältig abwägen.
Selbst wenn Wigo bereit war, ruhig mit sich reden zu lassen, was Tanis jedoch bezweifelte, würden die möglichen Folgen Wigo kaum zu einer wirklichen Veränderung veranlassen. Ja, in seiner jetzigen Verblendung würde der Bruder ihm wieder die Schuld für diese Entwicklung geben und sich selbst als unschuldiges Opfer sehen.
Malux hatte Recht, Wigo würde für einige Zeit ein mustergültiges Verhalten an den Tag legen, bis er sein Ziel erreicht hätte.
Doch damit war niemanden geholfen und das Verhängnis für Wigo würde nur hinausgeschoben. Denn eines war sicher: Nicht noch einmal würde der König einen unwürdigen Vasallen so lange gewähren lassen wie Romando!
Tanis kam zu dem Entschluss, dass er seinem Bruder mehr half, wenn er ihn nicht von den bevorstehenden Ereignissen unterrichtete, sondern den Dingen ganz einfach ihren Lauf ließ.
So bliebe Wigo die Möglichkeit, durch eigenes Zutun zu beweisen, dass er doch irgendwann würdig und in der Lage sei, die in Aussicht gestellte Regentschaft Candriens zu übernehmen. Wenn er zunächst versagte, hieße das ja nicht, dass der König ihm diese für alle Zeit vorenthalten würde.
Vie lleicht würde ein Misserfolg ihn zu der Erkenntnis bringen, dass er in der jetzigen Weise sein angestrebtes Ziel nie erreichen würde. Wenn all seine hochfliegenden Pläne wie ein Kartenhaus
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