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Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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jährte. Er war sich sicher, die Feiertage in Zukunft für immer zu verabscheuen. »Am ersten Weihnachtsfeiertag beschloss meine Mutter, in die Kirche zu gehen, sie wollte die Familie bei sich haben. Nachdem ich Jamie und so kurz darauf meinen Vater verloren hatte, die beiden Menschen, die ich auf der Welt am meisten geliebt habe, konnte ich unmöglich in einer Kirche sitzen und Gott gegenübertreten – nicht in einer Situation, in der ich meinen Glauben in Frage stellte, in der ich immer wieder darüber nachgrübelte, weshalb mir Jamie und mein Vater genommen worden waren. Ich machte mich also auf den Weg, marschierte raus aus der Stadt. Seit Tagen hatte es heftig geschneit, aber ich marschierte immer weiter, stundenlang. Dann auf einmal begriff ich, dass ich mich hoffnungslos verirrt hatte und alle vertrauten Orientierungspunkte von dichtem Schnee bedeckt waren. Wäre nicht ein Farmer vorbeigekommen und hätte mich am Straßenrand entdeckt, hätte ich das womöglich nicht überlebt. Er brachte mich in eine nahe gelegene Gastwirtschaft. Sie war den Winter über geschlossen, aber der Wirt und seine Frau hatten Mitleid mit mir und baten mich zu bleiben. Wie ein Eindringling kam ich mir vor, aber es stellte sich heraus, dass sie zwei Söhne im Krieg verloren hatten, und mein unerwarteter Besuch stellte sich, sowohl für sie als auch für mich, als Segen heraus. Ich wärmte mich an ihrem Kamin, und dabei entdeckte ich zufällig einen Artikel in einer alten Zeitung, die der Gastwirt zum Feueranzünden benutzte. Die Überschrift weckte meine Neugier. Der Artikel war schon mehrere Monate alt, aber es ging darum, dass in Australien Fliegende Ärzte gebraucht wurden. Es schien die ideale Lösung für mich zu sein. Ich wollte Arzt bleiben, aber in einer Arztpraxis mochte ich nicht länger eingesperrt sein. Ich wollte weg aus Dumfries und von den ganzen schmerzlichen Erinnerungen, die mich quälten. Um meiner eigenen seelischen Gesundheit willen musste ich flüchten. Ich schrieb dem Reverend und verbrachte die nächste Zeit damit, meiner Mutter zu helfen, ihr Haus zu verkaufen und ihre Sachen für einen Umzug nach Edinburgh zusammenzupacken, wo sie bei meiner Schwester leben wollte. Dann bekam ich Antwort vom Reverend. Ich dachte, ich hätte alle meine Spuren verwischt, aber ich schätze, Millie hat den Brief des Reverends an mich gefunden, und so wusste sie also, dass ich hier unten bin.«
    »Das stimmt, Lyle«, sagte Alison. »Sie hat mir erzählt, dass es genauso gewesen ist. Tut mir leid, dass ich voreilige Schlussfolgerungen gezogen habe, aber Millie hat mir nur einen Teil der Geschichte erzählt.«
    »Das habe ich mir schon gedacht, Alison, es gibt jedoch immer zwei Seiten. Ich bin sicher, auch für Millie war das alles sehr traurig. Ich bin mir durchaus bewusst, wie sehr sie Jamie geliebt hat. Und weil er ihr einziges Kind bleiben sollte, ist ihr Kummer ganz bestimmt umso größer. Die Spur der Verwüstung, die sie hinterlassen hat, kann ich trotzdem nicht außer Acht lassen. Aldo Corradeo wird den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen.«
    »Es ist eine Tragödie, dass er stürzte und sich diese Wirbelsäulenverletzung zuzog. Vielleicht trägt ja Millie einen Teil der Verantwortung, aber auch er ist nicht ganz von Verantwortung freizusprechen.«
    »Ich weiß, du hast Recht, Alison, und Elena wird den Preis dafür zahlen müssen. Das ist die eigentliche Tragödie. Meine Affäre mit ihr damals im Jahr 1918 hat ihr Leben ruiniert.«
    Es klopfte an der Tür, und Reverend Flynn steckte den Kopf herein. »Sie haben einen Besucher, Alison«, sagte er.
    Mit verständnislosem Blick schaute Alison erst zum Reverend, dann zu Lyle. Wollte Millie noch einmal mit ihr sprechen? Dann trat jedoch ein Mann durch die Tür, und der Mund blieb Alison offen stehen. Er war hochgewachsen, hatte helles Haar, eine athletische Figur, und er war genauso attraktiv, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    »Hallo, Liebes«, sagte er voller Überschwang. Ein blendend weißes Lächeln erstrahlte auf seinem Gesicht.
    »Bob! Was machst du denn hier?«
    »Ich bin auf der Suche nach dir«, sagte er, ging um ihren Schreibtisch herum, umarmte sie herzlich und küsste sie auf die Wange. »Du siehst wundervoll aus. Einfach wundervoll! Ich könnte schwören, du bist noch hübscher als bei unserer letzten Begegnung.«
    Lyle entging nicht, dass Alison strahlte. Bob schaute ihn an. Er nahm wohl wahr, dass er den Wortwechsel verblüfft beobachtet hatte, und

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