Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
mit dir«, sagte sie dann. Sie kam um den Schreibtisch herum und legte die Arme um Lyle.
Er drückte sie an sich, aber aus einem Grund, der ihm seltsam schien und den er noch nicht verstand, hatte er das Gefühl, dass er sie irgendwie aufhielt.
38
Luisa begleitete Maria und Dominic jeden Tag nach der Schule sowie jeden Sonntag zu ihrem Vater, doch Marcus weigerte sich stets mitzukommen. Anfangs dachte Luisa, es sei schwer für ihn, seinen Papà in einem derartigen Zustand zu sehen, aber allmählich wunderte sie sich doch.
Eines Tages nahm sie sich ein Herz und redete mit ihm. »Marcus, es ist so gar nicht deine Art, dich so stur zu verhalten. Warum willst du deinen Papà nicht besuchen?«
Marcus sah seine Großmutter an. Er bäumte sich innerlich auf, doch dann sackte er in sich zusammen. »Ich will ihn ja besuchen, Nonna«, erklärte er, »aber er will es nicht. Er hat gesagt, er will mich nie mehr wiedersehen … weil ich kein Corradeo bin … weil in meinen Adern nicht das Blut eines Farmers fließt.«
Luisa war außer sich vor Wut darüber, dass Aldo Marcus so hatte verletzen können. Sie lief gleich ins Krankenhaus, und es entspann sich ein erhitzter Wortwechsel zwischen Aldo und ihr.
»Was hast du dem Jungen gesagt, Aldo?«, schimpfte sie. »Bist du noch ganz bei Trost, ihn so zu kränken?«
»Elena ist schuld daran, dass unser Leben zerstört ist. Und das weißt du ganz genau«, wütete Aldo. »Sicher warst du eingeweiht. Ihr Frauen haltet doch immer zusammen. Aber das könnt ihr mit mir nicht machen. Niemand kann so etwas mit einem Corradeo machen!«
Luisa begleitete Maria und Dominic von dem Tag an zwar weiter ins Krankenhaus, sie selbst blieb aber draußen auf dem Korridor vor Aldos Zimmer stehen und wartete. Manchmal kam Elena mit, wenn die Jüngeren ihren Vater besuchten. Dann setzte sie sich zu ihrer Mutter auf den Korridor und ließ sich erzählen, wie es Marcus ging.
Luigi hatte Luisa nicht ausdrücklich verboten, Elena zu treffen, aber er ermutigte sie auch nicht dazu. Er machte keinen Hehl aus der Tatsache, dass er seine Tochter nicht sehen wollte, also ging Elena nur noch sehr selten zu ihren Eltern nach Hause. Und wenn sie es tat, dann nur, wenn sie sicher sein konnte, dass ihr Vater im Laden zu tun hatte.
Wie Aldo es gewünscht hatte, verkaufte Elena in der ersten Woche, in der er im Krankenhaus lag, nur einige wenige Rinder. Nach einigen Wochen wurde offensichtlich, dass die Arbeit auf der Farm zu viel für Billy-Ray war, auch wenn sein Neffe ihm half. Elena kam nicht mehr umhin, auch den Rest der Herde zu verkaufen. Aldo besuchte sie nur noch, wenn wichtige Entscheidungen die Farm betreffend anstanden. Jetzt war es mal wieder so weit.
»Wir haben kein Futter mehr fürs Vieh, Aldo«, erklärte Elena. »Das Geld aus dem Verkauf der Rinder ist schon aufgebraucht.«
»Sag Billy-Ray, er soll Futterpflanzen anbauen«, gab er zurück.
»Ich kann es mir nicht leisten, Saatgut zu kaufen«, konterte sie. »Und selbst wenn, was hätte das Vieh zu fressen, während wir darauf warten, die Futterpflanzen ernten zu können?« Aldo war unvernünftig aus lauter Sturheit, und das ärgerte sie.
»Deine Mutter versorgt doch wohl die Kinder mit Essen, oder?«, fauchte er. Scheinbar war er in dem Glauben, dass sie von ihrem Gehalt längst etwas gespart haben müsste.
»Wir haben eine Krankenhausrechnung zu bezahlen, Aldo. Hast du das schon vergessen?«
Aldo wurde nur noch wütender. »Ich sollte zu Hause sein, nicht im Krankenhaus«, sagte er frustriert.
»Und wie willst du auf der Farm zurechtkommen, wenn ich bei der Arbeit bin?«, fragte Elena.
»Ich brauche dich nicht«, antwortete er dickköpfig. »Ich werde schon lernen, allein zurechtzukommen.«
Seit Aldo im Krankenhaus lag, waren die Kinder nicht mehr zu Hause auf der Farm gewesen, aber Elena fuhr von Montag bis Donnerstag, den Tagen, an denen sie in der Stadt arbeitete, täglich hin, denn sie fand es nicht fair, Billy-Ray und seinen Neffen die ganze Arbeit machen zu lassen. Freitags, samstags und sonntags blieb sie auf der Farm, denn die Fahrten in die Stadt und zurück erschöpften sie. Dann vermisste sie die Kinder, vor allem Marcus. Er ging ihr weiter ganz aus dem Weg, und das war etwas, das sie kaum noch ertrug.
»Das Haus von den Castlemaines steht ab nächster Woche leer«, erzählte Ken eines Tages bei der Arbeit, als Elena wieder einmal ihm gegenüber erwähnte, wie gern sie in die Stadt ziehen würde. »Es ist nicht gerade
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