Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
gerade mit der vorbereiteten Rede beginnen, aber Millie unterbrach ihn.
»Ich weiß, die Truppen kommen nach Hause, und man wird dich im Krankenhaus noch eine Weile brauchen, aber hoffentlich nicht mehr lang, Lyle, denn …«, Millies blaue Augen funkelten voller Vorfreude, »… wir bekommen ein Baby«, platzte es aus ihr heraus. »Wir werden Eltern!«
Lyle klappte der Unterkiefer herunter, und ihm wurde auf einmal ganz schwindlig. Ungläubig starrte er Millie an. Er hoffte, er hätte sie missverstanden oder sich wenigstens verhört. Schließlich kam ihm ein einziges Wort über die Lippen. »Was?«
Millies Lächeln verblasste. »Wir werden ein Baby bekommen. Vor ein paar Tagen habe ich es erfahren. Seit Wochen ging es mir schon nicht so gut, aber ich hätte nie gedacht, dass ich schwanger bin, denn ich hatte eine schwere Erkältung, und mein Monatszyklus war nicht so regelmäßig. Bei einem meiner Besuche bei Dad im Krankenhaus suchte ich einen der Ärzte auf. Es war so qualvoll für mich, meine Neuigkeiten nicht mit dir teilen zu können, aber per Brief oder Telegramm wollte ich sie dir nicht mitteilen. Ich wollte dir ins Gesicht dabei sehen.« Sie musste sich eingestehen, dass Lyle alles andere als erfreut wirkte, aber sie war sicher, das würde sich ändern, sobald er die gute Nachricht verinnerlicht hätte. »Freust du dich auch so wie ich? Ich weiß ja, wir sind noch nicht verheiratet, aber Mom plant unsere Hochzeit schon. Anfangs war sie ein bisschen verärgert – du in Blackpool, ich hier, und wir beide noch nicht verheiratet, aber den Schock hat sie überwunden, und sie ist ganz außer sich vor Freude darüber, Großmutter zu werden. Dad werden wir es erst sagen, wenn er zu Hause ist, sich ein bisschen beruhigt hat und wir ein Datum für die Hochzeit festgesetzt haben.« Ausdruckslos starrte Lyle Millie an. Sein Verstand fasste einfach nicht, was sie ihm da sagte. Er konnte an nichts anderes denken, als daran, dass Elena in Blackpool auf ihn wartete. Wie aus weiter Ferne vernahm er Millies Stimme. »Gestern habe ich deine Mutter auf der High Street getroffen. Ich hätte es ihr so gern erzählt, aber ich dachte, du solltest es vor deiner Familie erfahren.« Millie schwieg, als ihr bewusst wurde, dass Lyle noch gar nichts gesagt hatte. Sie wusste, woran er dachte, und es brach ihr das Herz, aber sie durfte ihn nicht verlieren. Er brauchte Zeit, um nachzudenken, um zu erkennen, was wirklich wichtig war. Dann ergäbe sich alles andere von allein. »Du hast ja noch gar nichts gesagt, Lyle«, meinte Millie jetzt und musterte ihn gründlich.
Lyle stand auf, und seine Beine zitterten, als er zum Kamin ging, wo er die glühenden Holzscheite anstarrte. Alles, was er vor seinem inneren Auge sah, war Elenas bildschönes Gesicht, ihr Lächeln, ihre dunklen Augen. Es dauerte eine Weile, ehe er merkte, dass Millie ihn erwartungsvoll anschaute. Er konnte sie nicht ansehen, aber er wusste, sie erwartete eine Antwort.
»Ich weiß nicht genau, was ich dazu sagen soll, Millie. Die Neuigkeit kommt so … unerwartet.« Er spürte ein Kribbeln in den Händen und auf dem Gesicht – eine Folge des Schocks.
Millie stand auf und ging zu ihm, und sie umklammerte eine seiner kalten Hände. Sie sah, dass die Farbe aus seinem Gesicht gewichen war. »Na ja, so unerwartet nun auch nicht, wenn du mal darüber nachdenkst«, sagte sie. Sie wollte ihn daran erinnern, wie schön es gewesen war, als sie sich geliebt hatten.
Lyle zwang sich, ihr in ihre blauen Augen zu schauen. Er verstand, was sie meinte. »Das stimmt«, sagte er, und es zerriss ihn innerlich. Er war am Boden zerstört. Er ging wieder zum Sofa und ließ sich darauffallen. »Ein Baby«, flüsterte er und konnte es immer noch nicht glauben.
»Genau«, sagte Millie und setzte sich neben ihn. »Du wirst Vater, Lyle, und du wirst der denkbar beste Vater von allen. Ich sehe dich schon mit deinem kleinen Jungen oder deinem kleinen Mädchen.« Sie hoffte, dass auch er das schon sah.
Millie sah, dass Lyle ihre Worte wahrnahm, er schien aber nicht zu verstehen, was sie sagte. Er brachte kein Wort heraus. Sie hatte sich so auf diesen Moment gefreut, doch der erwies sich nun als große Enttäuschung. Millie war fest davon überzeugt gewesen, dass sich Lyle genauso freuen würde wie sie.
Plötzlich verspürte Lyle den verzweifelten Drang, wegzulaufen. Abrupt stand er auf und ging auf die Haustür zu. Er blieb nicht einmal stehen, um seinen Mantel von der Garderobe zu
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