Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
wurde, und Marcus hat sich sehr darauf gefreut«, erklärte Elena. »Er ist Mannschaftskapitän und erster Schläger«, fügte sie stolz hinzu. »Ach, Aldo, wieso fahren wir nicht morgen in die Stadt und sehen uns das Spiel an?« Sie wusste, das wäre eine wunderbare Überraschung für Marcus, auch andere Familien würden kommen.
»Arbeit hat Vorrang vor Sport und Spiel. Die Farm ist das Wichtige, nicht die Schule und ganz bestimmt nicht der Sport«, schimpfte Aldo.
Elena kämpfte damit, ihre aufkommende Wut angesichts der Haltung ihres Mannes im Zaum zu halten. »Die Mannschaft von Hughenden kommt über hundertdreißig Meilen angefahren, um gegen unsere Jungs zu spielen.«
»Ich weiß, wie weit Hughenden weg ist, Elena«, grummelte Aldo. »Erdkundeunterricht musst du mir nicht geben. Ich bin nicht nur ein unwissender Bauer.«
Elena zuckte zusammen, denn schon viele Male hatte sie die Anspielung auf ihre vermeintliche Meinung über Aldo gehört. Oft unterstellte er ihr, sie hielte sich für etwas Besseres, weil sie besser Englisch sprach und in einer Arztpraxis arbeitete. Es wurde immer dann schlimmer, wenn es auf der Farm nicht gut lief.
»Dann sollest du mir zustimmen, dass Marcus gut daran tut, wenn er die Mühe respektiert, die die anderen sich machen. Und ganz bestimmt sollte er seine eigene Mannschaft nicht im Stich lassen«, gab sie zurück.
»Ein Junge, der wirklich Respekt hat, würde seinen Vater nicht im Stich lassen.« Aldo schlug auf den Tisch, um so seine Missbilligung zu zeigen.
»Maria ist elf, und Dominic ist neun Jahre alt. Sie sind in einem Alter, in dem sie einmal die Pflichten ihres Bruder übernehmen könnten.«
Normalerweise fütterte Maria die Hühner, und Dominic sammelte die Eier ein. Abwechselnd reinigten sie die Wassertröge der Hühner, aber sonst taten sie kaum etwas, weshalb sie auch ständig Streiche im Sinn hatten. Als die beiden hörten, was ihre Mutter gesagt hatte, rissen sie die Augen weit auf. Der Gedanke an Extraarbeit gefiel ihnen gar nicht.
»Wieso sollten sie die Arbeit von ihrem Bruder erledigen, nur weil er alberne Ballspiele machen will?«, brüllte Aldo. »Marcus muss endlich lernen, was wirklich wichtig ist.«
»Vielleicht weiß er ja, was wirklich wichtig ist, nur du weißt das nicht«, erklärte Elena trotzig.
Kaum war sie mit diesen Worten herausgeplatzt, sah Elena, wie ihr Mann den Mund verzog und die Augen zusammenkniff, und sie bereute es schon, ihre Meinung gesagt zu haben.
»Und was soll das bitteschön heißen?«, fragte Aldo und funkelte sie wütend an.
Elena wollte sich nicht streiten, vor allem nicht, wenn ihre Tochter und ihr jüngster Sohn im Haus waren, aber sie hatte diese Diskussion begonnen, also konnte sie jetzt nicht wieder zurück. »Ist es dir je in den Sinn gekommen, dass Marcus gar nicht Farmer werden möchte?«, fragte sie leise.
»Natürlich will er Farmer werden«, sagte Aldo überheblich. »Eines Tages wird die Farm ihm gehören. Deshalb arbeite ich ja schließlich so hart.«
»Das Wichtigste für dich sollte sein, dafür zu sorgen, dass Marcus mit seinem Leben macht, was er will, nicht, was du willst«, sagte Elena, sanfter jetzt. Sie hoffte, Aldo würde zur Einsicht kommen, und zwar ohne erhitzte Debatte.
»Was redest du da für einen Blödsinn, Weib?«, rief Aldo verächtlich. Diese Haltung erweckte in Elena immer den Eindruck, dass ihre Ansichten nichts wert waren. »Es ist meine Aufgabe, meinen Sohn zu führen, und genau das werde ich jetzt tun. Es wird in Zukunft keine Kricketspiele mehr geben! Und auch keine Einmischung von dir!« Mit hochrotem Kopf verließ Aldo das Haus.
Elena sah der sich entfernenden Gestalt hinterher. »Das denkst aber auch nur du!«, zischte sie erbittert und versuchte, ihre aufkeimenden Hassgefühle herunterzuschlucken.
Sie war nie in Aldo verliebt gewesen, aber anfangs hatte sie eine gewisse Zuneigung für ihn empfunden, wenn er freundlich oder rücksichtsvoll war. Wann jedoch war er das letzte Mal ihr gegenüber freundlich oder rücksichtsvoll gewesen? Sie erinnerte sich nicht daran. Inzwischen gab es immer häufiger Momente, in denen sie Aldo verachtete. Elena wusste, das war nicht recht, und sie verabscheute sich selbst, dass sie solche Gefühle hegte. Sie sagte sich wieder und wieder, dass ihr Leben irgendwann bestimmt besser werden würde. Aber sie war sich nicht mehr sicher, ob sie das wirklich glauben konnte.
Am nächsten Morgen stand Elena um halb fünf auf. Statt ihre Hausarbeit zu
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