Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
doch.
»Deiner Mamma geht es gut. Es ist Marcus, Elena. Er ist …«
Ehe Luigi weitersprechen konnte, unterbrach Elena ihn. »Hat er sich beim Kricket verletzt?« Er ist von einem Kricketball getroffen worden oder bei einem seiner Läufe gestürzt, dachte sie. O mein Gott.
»Nein, Elena …« Das Funkgerät knisterte, und die Verbindung war für einen Moment gestört.
»Hallo«, rief Elena aufgeregt. »Hallo, Papà! Bist du noch da?«
»Ja, ja. Marcus … ist vom Kricket nach Hause gekommen … deine Mamma sagt, er hat nicht gut ausgesehen. Du darfst jetzt nicht in Panik geraten, Elena, aber er hatte eine Art …« Wieder knisterte es. Elena hörte nicht, was Luigi noch sagte. »… ich glaube, so hat der Arzt das genannt.«
»Ich habe dich nicht verstanden, Papà. Was hast du sagt? Was hatte er?«
»Marcus hatte einen Krampfanfall«, sagte Luigi.
Er war immer noch ganz erschüttert vom Anblick seines Enkels, wie er dalag und zuckte, während Schaum aus seinem Mund trat, doch er gab sich ganz bewusst Mühe, ruhig zu bleiben. Seine Tochter musste einen klaren Kopf bewahren.
»Einen Krampfanfall!«, rief Elena ungläubig. Ihr Verstand erfasste das irgendwie nicht. »Geht es ihm … Wie geht es ihm jetzt? Wieder gut?«
» Sì, sì , Elena. Aber deine Mamma meint, du solltest in die Stadt kommen. Ich komme raus zu dir und hole dich ab.«
»Das geht doch nicht. Was wird dann mit dem Geschäft, Papà?«
»Das sperre ich zu«, sagte Luigi.
Diese wenigen Worte beunruhigten Elena mehr als alles sonst. Dass ihr Vater den Laden zusperrte, hatte sie noch nie erlebt. »Danke, Papà«, sagte sie. »Over und Ende.«
Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf, aber sie wusste, es hatte keinen Sinn, ihrem Vater zu viele Fragen zu stellen. Er würde sich nur aufregen, und er musste doch den ganzen Weg raus zur Farm und wieder zurück fahren.
Elena lief zu den Viehweiden, wo Aldo gerade Futter auslegte. Sie war immer noch wütend auf ihn, aber jetzt, da sie ihn so allein dort arbeiten sah, fand sie, dass er nur ein trauriger und einsamer Mann war. Das weckte gleich wieder Schuldgefühle in ihr.
»Aldo, mein Papà hat sich gerade über Funk gemeldet und gesagt, dass Marcus im Krankenhaus ist.« Sie musste laut rufen, um sich über die ganze Weidefläche verständlich zu machen. Vielleicht sagt er ja jetzt etwas Nettes, dachte sie. Sie brauchte es so sehr, dass er ihr versicherte, mit ihrem Sohn würde schon wieder alles gut werden, aber Aldo schaute nicht einmal auf, als sie ihn ansprach. »Hast du mich gehört, Aldo?«, rief Elena. Sie musste sich sehr anstrengen, ruhig zu bleiben. »Marcus ist im Krankenhaus.«
»Hat er sich bei diesem albernen Sport verletzt?«, fragte Aldo verärgert.
Elena holte tief Luft, um nicht die Geduld zu verlieren. »Nein, er hatte eine Art Krampfattacke, hat Papà gesagt.«
»Was ist das?«
»Ich glaube, so etwas wie ein Anfall.«
»Das weißt du nicht?«, fragte Aldo vorwurfsvoll.
Elena beschloss, seine Worte nicht zu beachten. »Die Ärzte untersuchen ihn gerade. Papà kommt mich abholen. Im Lieferwagen ist Platz für uns alle, wenn du mit in die Stadt willst.«
Aldo schien einen Augenblick zu überlegen, aber er sah Elena nicht an. Sie fragte sich, ob er wohl wollte, dass sie sich klein vorkam. Wenn das seine Absicht war, dann hatte er Erfolg damit.
»Einer sollte auf der Farm bleiben«, erklärte er kühl.
Aldo vermutete, dass Elena bei ihrem Sohn in der Stadt bleiben würde, aber das sagte er nicht. Er verteilte weiter das Futter, als ob gar nichts geschehen wäre.
Elena wollte ihren Mann anschreien, wollte ihm vorwerfen, dass er wohl mehr Einfühlungsvermögen zeigen würde, wenn eines seiner Tiere krank wäre. Aber sie behielt ihre Gefühle für sich. Es war traurig, doch im Verbergen von wahren Gefühlen war sie mittlerweile sehr gut.
»Wie du willst«, meinte sie deprimiert und ging zum Haus zurück.
Kurz dachte sie daran, Aldo ja per Funk über den Zustand des Jungen verständigen zu können, aber dann verwarf sie den Gedanken. Er hätte sie darum bitten können, aber es war ihm völlig gleichgültig.
Dr. Ted Rogers und Dr. Neil Thompson, zwei der Ärzte des Winton Hospitals, hatten etliche Bluttests und neurologische Untersuchungen bei Marcus gemacht, aber die Ursache für seine Krampfanfälle nicht gefunden. Luisa war an der Seite ihres Enkels, als die Ärzte erklärten, sie seien ratlos. Sie wusste, dass Elena sich mit dem Ergebnis nicht zufriedengeben
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