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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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gehst du auf die andere Straßenseite, wenn du Vaughn Parry siehst. Du lässt ihn nicht in dein Haus, hast überhaupt keinen Umgang mit ihm. Er trägt das Schreien in sich, und das wird er bald schon zeigen.‹«
    Billy Friend drückt seine Zigarette an seiner Schuhsohle aus. Sie ist aus Leder, dreckig und voller Wasserflecken, und der Ballen ist dünn und schwarz von alten Verbrennungen. Er wirft die Kippe aus dem Fenster.
    »Tja, er hat’s gezeigt, nicht wahr?«
    Das Bahnhofsgebäude von Whistithiel ist ein Monstrum aus grauem Gestein und altem schwarzen Eisen. Billy Friend fragt sich laut, ob Whistithiel wohl rund um ein Gefängnis entstanden ist, so wie Städte aus der Industrie entsprießen, die in der Nähe angesiedelt ist. »Oder rund um ein Irrenhaus, Joseph, das würde auch gut passen. Überall Freunde von Bruder Vaughn. Neffen und Tanten, mit roten Zähnen und langen Nägeln, die in hundert Schaukelstühlen sitzen und aus Haaren Pullover stricken!«
    In Wirklichkeit stammt die Familie Parry aus einer Stadt, die meilenweit entfernt an der Küste liegt, auf der anderen Seite der Grafschaftsgrenze zu Devon, aber wenn er nervös ist, lässt Billy gern seiner Fantasie freien Lauf.
    Auf einer alten Holzbank, von der leprös die grüne Farbe abblättert, hustet ein missmutiger, bierseliger Mann kehlige Laute. Es könnten Worte sein. Oder einfach Schleim. Billy zuckt zurück.
    »Alles Quatsch, sag ich, verdammt«, stößt der Trinker aus. »Früher ging’s hier um Körbe und um Fische, und jetzt gibt’s keinen verdammten Fisch mehr, wegen den verschissenen Spaniern und den Russen und ihren verdammten riesigen Fabrikschiffen, und wer will schon verschissene Strohkörbe, wenn man sie aus Nylon oder Polyester oder diesem Müll kriegen kann? Häh? Also gibt’s bloß noch Tourismus, und auf alles andere wird geschissen, und es kommen Ärsche aus London wie ihr, kaufen alles auf und können dann mit dem Nebel nichts anfangen und tauchen nur für zwei Wochen im Jahr auf. Und wer kann’s ihnen verübeln? Also lacht verdammt noch mal, so viel ihr wollt.«
    »Guten Abend«, sagt Joe freundlich.
    »Gut? Wo?«
    »Hier, hoffe ich.«
    »Na, da hoffste aber vergeblich, oder? Wie wir alle, scheiße noch mal.«
    »Wir hatten gehofft, Sie könnten uns sagen, wo wir hier einen Mietwagen bekommen können.«
    Der Mann nickt einmal in Richtung Parkplatz, und als Joe ihm dankt, erwacht er schulterzuckend zu neuem Leben.
    »Ich begleite euch. Ihr seid in Ordnung.« Er nickt Richtung Billy. »Dein Kumpel hat ’ne große Klappe.«
    »Ja, hat er.«
    »Ich mag das bei einem hübschen Mädchen.« Joe weiß nicht so recht, wie er darauf reagieren soll. Hinter ihm verdreht Billy Friend die Augen. »Ihr wollt noch weiter, oder?«
    »Hinde’s Reach House. Aber wir übernachten im Gryffin.«
    »Da ist es ganz anständig. Das Haus … na ja, da würde ich nicht raufgehen.«
    »Warum nicht?«
    »Verdammt langer Weg.«
    »Oh.«
    »Und die Leute waren in der Gegend immer komisch. Verwachsene Füße und so weiter.«
    »Verwachsene Füße?«
    »Jawoll. Was die Bauern immer von denen an der Küste sagen, und was die Leute aus der Stadt über die vom Land sagen. Da fressen sie noch Missionare.« In den Augen des Mannes funkelt ein Lachen auf. »Aber das Gryffin ist in Ordnung. Und die Barmädchen haben diese knallengen T-Shirts an.«
    Billy Friend lebt auf, und gemeinsam treten sie in den kühlen grauen Tag hinaus.
    »Wenn ich die alte Kuh in die Finger kriege, die mir diesen Job verschafft hat«, murmelt Billy Friend in der Gaststube des Gryffin, »werde ich ihr ein paar harsche Worte in ihr frommes kleines Ohr flüstern. Lady, werde ich sagen, Sie muten einem ganz schön was zu, Sie alte Schachtel, und Sie schulden mir einen Erschwernisaufschlag. Woraufhin sie, als korrekte alte Eule mit schwachen Nerven, die Summe aufstocken und mich als zusätzliche Entschädigung ihrer ranken jungen Enkelin vorstellen wird. Gottverdammte Scheiße.«
    »Du hast doch gesagt, ich könnte mal ein Abenteuer gebrauchen«, erinnert ihn Joe.
    »Ja, du . Du musst dich lockermachen und du selbst sein, und nicht der, der du in deinem verrückten kleinen Schädel zu sein versuchst. Aber ich doch nicht, verdammt. Ich bin ich selbst, und darin bin ich gut, und ich hasse es auf dem Land. Hier ist alles voller Hinterwäldler und Pasteten und verschissen warmem Bier.« Tess, das Barmädchen, schnauft verächtlich, und Billy reißt sich zusammen. »Doch es hat auch seine guten

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