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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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gewebten Tuchen und feinen Lederschuhen, Waffen und kunstvoll geschriebenen Büchern in den Gassen rings um den Dom. Der Ruf der Augsburger, besonders geschäftstüchtige Händler zu sein, war auch in seiner Heimat bekannt.
    Gwyn gefiel es hier vom ersten Moment an.
    Das Haus des Fabers Lambert schien gut bekannt zu sein, denn Gwyn fragte einen Knecht nach dem Weg, und der wies ihn, ohne lange nachzudenken, an, der Straße bis zum Ratsplatz zu folgen. Unweit des Domes würde er das Anwesen des Goldschmiedes gleich sehen.
    Gwyn fand rasch das große, aber nicht aufdringliche Fachwerkhaus. Das Zeichen der Zunft hing als geschmiedetes Symbol über der Türe. Er musterte den Eingang und trat dann ein.
    Sogleich stand er in einem großen, niedrigen Raum, der ganz mit Holz vertäfelt war. Hinter einem langen, kunstvoll geschnitzten Tisch stand ein junger Mann in seinem Alter, wohl ein Bediensteter oder sogar ein Geselle. Er zeigte einem Mann und dessen Begleitung, einer Frau, eine Auswahl besonders schöner Halsketten, die auf einem feinen Samttuch ausgebreitet auf dem Tisch lagen.
    Gwyn lehnte seinen Bogen an die Wand, legte das Reisebündel auf den Boden und wartete geduldig. Das Paar schien sich nicht entscheiden zu können. Der Mann hinter dem Tisch sah auf.
    »Ich begrüße Euch, mein Herr. Übt Euch noch ein wenig in Geduld. Ich will Euch gleich bedienen.«
    »Seid mir ebenfalls gegrüßt. Ich hab kein Anliegen in goldner oder silbner Sach. Den Meister Lambert such ich wohl.«
    »Oh, den Meister selbst. Geduld, ich will Euch gleich zu ihm führen.«
    Er nickte Gwyn noch einmal freundlich zu und widmete sich wieder seinen Kunden. Das Paar entschied sich nun für eine feine Goldkette. Der Mann schlang sie der Frau um den Hals, trat dann zurück und betrachtete sie. Gwyn sah, dass die Frau jung und recht hübsch war. Als sie lächelte, glaubte er für einen Moment, Agnes vor sich zu sehen …
    Der Begleiter der Frau zog seine Börse, um den Schmuck zu bezahlen. Jetzt musste der Faber staunen. Der Kunde, wohl der Ehemann der Frau, bezahlte 20 Reichstaler für die Kette. Nach englischem Geld hätte Gwyn wenigstens zwei prächtige Reitpferde für den Wert dieser Summe bekommen. Mit einem Gruß verließ das Paar den Laden, und der junge Mann hinter dem Tisch verschloss die Ladentüre mit einem Riegel. Dann bat er Gwyn, ihm zu folgen, und führte ihn in einen Nebenraum. Hier saß vor einem prächtigen Schrank ein kleiner, schon alter Mann. Er schrieb mit einer Feder in einem dicken Buch. Sein Gesicht war unter einem dichten, krausen Bart fast nicht zu erkennen. Aber zwei freundliche Augen musterten Gwyn sofort neugierig.
    Der Mann aus dem Laden trat nur einen einzigen Schritt vor, räusperte sich und sprach den Alten höflich an. »Verzeiht, Meister. Der junge Herr hier wünscht Euch zu sprechen.«
    »Ich danke dir, Jochen. Verbleib im Laden.«
    Jochen verbeugte sich und verschwand. Gwyn trat näher, verbeugte sich und grüßte, wie es Sitte und Brauch verlangten.
    »Ich grüße Euch, Meister Lambert, Goldschmiedemeister zu Augsburg, der Lechstadt. Ich bin ein Geselle auf der Wanderschaft.«
    Der Mann räusperte sich ein wenig.
    »Ihr sprecht die Worte wohl klar. Trotzdem, so scheint mir, seid Ihr aus anderen Landen. Aus England gar?«
    Gwyn lächelte. In seiner Eitelkeit hatte er geglaubt, seine deutsche Aussprache wäre schon makellos. Der alte Mann hatte noch ein sehr gutes Gehör.
    »Ihr habt recht gehört, Herr. Jawohl, ich bin aus Britannien. Das Handwerk lernte ich bei Master Fallen in London.«
    Bei der Nennung dieses Namens erhellte sich die noch immer neugierige Miene des Mannes sichtlich.
    »Peter! Welch ein Glück, ein Schüler gar aus seiner Obhut. Erzählt mir von ihm.«
    Lambert winkte Gwyn erfreut näher und bot ihm einen Stuhl zum Sitzen an. Gwyn erzählte mit raschen Worten von seiner Lehrzeit, dem tragischen Ende des alten Meisters und seiner Gesellenjahre in Bath. Er verschwieg, dass er durch Heirat selbst ein wohlhabender Goldschmiedemeister geworden war. Es wäre keine Lüge, eher eine Unterlassung, wenn er dieses Detail verschwieg. Solange ihn niemand danach fragte, würde er nicht darüber sprechen.
    Lambert hatte ihm aufmerksam zugehört. Nach einer Weile strich er sich über seinen Bart.
    »Peter Fallen war ein großer Geist. Er wußte mehr als alle Faber unsrer Zeit. Nie trug ein Mann solch eine Fülle an Wissen in sich wie er. Sein Tod ist ein Verlust für alle, die der Schönheit und Anmut, der

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