Der Grabritter (German Edition)
über den Berg ist, reicht, um Marquart lebenslänglich hinter Gittern zu bringen.« In Sams Augen trat ein Blitzen. »Ragusa sagten Sie. Da hat Europol auch noch etwas. Aber dazu kommen wir später.«
Mit einem befreiten Lachen lehnte Sam sich in seinem Sessel etwas nach vorne. »Sie glauben gar nicht, Kommissar Korte, wie froh ich bin, das zu hören. Ganz unter uns gesagt, wären Sie unter anderen Voraussetzungen hier aufgekreuzt, hätte ich für Sie keinen Finger krumm gemacht. Was soll ich also sagen? Ziel erreicht, Kommissar Korte. Sie haben Marcus Kerner gefunden. Sie und ich, wir werden uns in genau einer Stunde im Café Brüssel in der Innenstadt treffen. Ich denke, dass ich innerhalb dieser Zeit Kontakt zu Marcus aufnehmen kann. Anschließend können wir dann in Ruhe besprechen, wie es weitergeht.« Korte stand von seinem Stuhl auf und streckte Sam seine Hand entgegen. »Ich kann Ihnen versichern, Herr Rosenbaum, dass es im BKA auch viele gute Leute gibt. Kaum einer von denen hat geglaubt, dass an den Vorwürfen gegen Hauptkommissar Kerner etwas dran ist. Sie sind also ganz gewiss nicht der Einzige, der sich darüber freut, dass wir den wahren Verräter endlich entlarvt haben.« Sam stand auf und blickte in Kortes Gesicht. Ja, ganz sicher meinte dieser junge Kommissar auch das, was er sagte. Sam nahm Kortes Hand und drückte sie. »Also dann, Kommissar Korte, wir sehen uns in einer Stunde.« Als Korte das Büro verlassen hatte, stand Sam da und fasste sich nachdenklich an sein Kinn. Dann drehte er sich um und ging zum Telefon.
Fast zur selben Zeit, zu der Korte sich mit Sam in dessen Büro unterhalten hatte, telefonierte Graf von Löwenberg mit John Fiz Patric, dem Großmeister der Grabritter. Er berichtete ihm ausführlich über die Ereignisse auf dem Anwesen der Vigianis. Sir John dachte einen Augenblick lang nach. Er erkundigte sich, wie viele der Ritter sich um den See herum aufhielten. Es waren sechzehn. Mit Marcus Kerner zusammen sogar siebzehn Männer, die im Notfall bewaffnet eingreifen konnten. Der Großmeister gab dem Grafen die Anweisung, einen Plan auszuarbeiten, um auf das Anwesen des Conte vorzudringen. Zunächst aber sollten sie mit der Aktion noch warten. John Fiz Patric wollte vorher noch ein Letztes versuchen. Lord Peter Griffin hatte herausgefunden, dass Alfredo Ragusa, der Mann, der den Conte in seinem Hotel in Freiburg aufgesucht hatte, der Hauptbuchhalter der Vigianis war. Wenn dieser Alfredo Ragusa extra nach Freiburg reiste, um Ferruccio zu treffen, konnte das nur eines bedeuten: Es musste sich um Transaktionen handeln, die der Conte sonst niemandem anvertrauen wollte. Dieser Ragusa musste also über wichtige Informationen verfügen. Mit Sicherheit konnte er auch die Eintragungen aus den Unterlagen entschlüsseln, die Kerner aus dem Jagdhaus mitgebracht hatte. Nur, wie sollten sie so schnell dieses Mannes habhaft werden? Ragusa hatte eine große Rechtsanwaltskanzlei mitten in Rom, wo er sich auch die meiste Zeit aufhielt. Natürlich wurde er streng bewacht. Es würde schwer sein, ihn dort herauszuholen, aber es musste eine Möglichkeit geben.
Zusammen mit Graf Siegfried und fünf weiteren Grabrittern saß Kerner auf einem der Zimmer einer kleinen Pension in Bellagio. Sie hatten einen Krisenstab gebildet und sprachen nun alle Möglichkeiten für ein schnelles Eindringen auf dem Anwesen der Vigianis durch. Mitten in ihrer Besprechung klingelte das Handy von Graf Siegfried. Sam war am Apparat. Nachdem er dem Grabritter erklärt, hatte worum es ging, ließ er sich Kerner geben. Sam erzählte ihm vom Besuch Kommissar Kortes und dem, was sich in der Zwischenzeit im BKA ereignet hatte. Jeder im Raum konnte es fühlen. Kerner fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als er hörte, dass Herzog auf dem Weg der Besserung war, und er selbst endlich rehabilitiert war. Jetzt war die Sache klar. In Kerners Gedanken erschien das Gesicht Marquarts und in seinem Kopf dröhnte das höhnische Lachen, das der Kriminalrat am Morgen ausgestoßen hatte, als er plötzlich neben Ferruccio Vigiani stand. Er hatte also den Mord an Christa Berendt und ihrem Sohn befohlen und er war ebenso verantwortlich für den Anschlag auf Herzogs Leben.
Kerner fragte sich in diesem Moment, wer die schlimmere Bestie sei, Ferruccio Vigiani oder Marquart, sein skrupelloser Handlanger. Er wusste es nicht. Eines aber stand fest: Er würde diese Männer jagen. Wenn es sein musste, bis ans Ende dieser Welt. Kerner wurde
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