Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
gewollt, damit wir immer von ihnen begleitet seien. Ich habe zwei Freunde, die mich so immer begleiten; der eine ist der, welcher mir das Leben gegeben hat, der andere, der meinen Verstand geweckt hat; beider Geist lebt in mir. Ich frage sie um Rat, wenn ich im Zweifel bin, und habe ich etwas Gutes getan, verdanke ich es ihrem Rat. Fragen Sie die Stimme Ihres Herzens, Morrel, ob Sie fortfahren dürfen, mir dieses böse Gesicht zu machen.«
    »Mein Freund«, antwortete Maximilian, »die Stimme meines Herzens ist sehr traurig und verspricht mir nur Unglück.«
    »Ein bedrücktes Gemüt pfl egt alles schwarz zu sehen; die Seele schaff t sich selbst ihren Horizont; Ihre Seele ist düster und macht Ihnen einen gewitterschwangeren Himmel.«
    »Das ist vielleicht wahr«, sagte Maximilian; dann versank er wieder in sein Brüten.
    Die Reise wurde mit jener Geschwindigkeit zurückgelegt, die zu den Eigentümlichkeiten im Leben des Grafen gehörte. Am folgenden Morgen erreichten sie Châlons, wo das Dampfschiff des Grafen sie erwartete. Ohne einen Augenblick Zeit zu verlieren, wurde der Wagen an Bord geschaff t. Die beiden Reisenden waren schon eingeschiff t.
    Das Dampfschiff fuhr wie ein Vogel dahin; selbst Morrel empfand den merkwürdigen Rausch der Schnelligkeit, und manchmal schien es, als ob der Wind, der sein Haar fl attern machte, auf einen Augenblick auch die Wolken von seiner Stirn jagte.
    Der Graf schien in dem Maße, wie er sich von Paris entfernte, von einer fast übermenschlichen Heiterkeit umstrahlt. Man hätte ihn für einen Verbannten halten können, der in sein Vaterland zu-rückkehrt.
    Bald erschien Marseille in der Ferne und weckte in beiden eine Fülle von Erinnerungen.
    Der Graf und Morrel stiegen im Hafen an Land. Ein Schiff ging nach Algier ab; die Gepäckstücke, die auf der Brücke sich drängenden Passagiere, die Menge der Verwandten und Freunde, die Lebewohl sagten, schrien und weinten – dieses Schauspiel, das selbst die immer wieder bewegt, die es alle Tage sehen, konnte Maximilian nicht von einem Gedanken ablenken, der ihn in dem Augenblick ergriff en hatte, da er den Fuß auf die großen Platten des Kais gesetzt hatte.
    »Sehen Sie«, sagte er, indem er den Grafen am Arm faßte, »hier ist die Stelle, wo mein Vater stehenblieb, als der ›Pharao‹ in den Hafen einlief; hier warf sich der edle Mann, den Sie vor Tod und Entehrung retteten, in meine Arme; ich fühle noch seine Tränen auf meinem Gesicht, und er weinte nicht allein, viele Leute weinten gleichfalls, als sie uns sahen.«
    Monte Christo lächelte.
    »Ich befand mich dort«, sagte er, indem er zu einer Straßenecke zeigte.
    Wie er dies sagte, hörte man aus der Richtung, die er angedeutet hatte, ein schmerzliches Stöhnen und sah eine Frau, die einem Passagier des abfahrenden Schiff es zuwinkte. Diese Frau war verschleiert; Monte Christo betrachtete sie mit einer Bewegung, die Morrel leicht bemerkt hätte, wenn dessen Augen nicht nach dem Schiff gerichtet gewesen wären.
    »Mein Gott«, rief Morrel, »ich täusche mich nicht! Dieser junge Mann, der mit seinem Hut grüßt, der junge Mann in Uniform, das ist Albert von Morcerf!«
    »Ja«, sagte Monte Christo, »ich habe ihn erkannt.«
    »Wieso? Sie haben ja nach der entgegengesetzten Seite geblickt.«
    Der Graf lächelte, wie er zu tun pfl egte, wenn er nicht antworten wollte. Und seine Augen folgten der Frau, die an der Straßenecke verschwand. Dann wandte er sich um.
    »Lieber Freund«, sagte er zu Maximilian, »haben Sie hier nicht etwas zu tun?«
    »Ich habe am Grab meines Vaters zu weinen«, antwortete Morrel dumpf.
    »Gut, gehen Sie und erwarten Sie mich dort; ich werde Sie dort wiedertreff en.«
    »Sie verlassen mich?«
    »Ja … auch ich habe einen frommen Besuch zu machen.«
    Morrel ergriff die Hand des Grafen, verließ ihn dann mit einer Kopfbewegung voller Traurigkeit und wandte sich zum östlichen Teil der Stadt.
    Monte Christo blieb auf derselben Stelle, bis Maximilian verschwunden war, dann schlug er den Weg zu den Allées de Meilhan ein, um das Haus zu besuchen, das dem Leser vom Anfang dieser Geschichte bekannt ist.
    Dieses Haus stand noch immer im Schatten der großen Lindenallee, die den Marseiller Müßiggängern als Promenade dient. Wein-ranken zogen sich an den von der Sonne des Südens gelbgebrann-ten Steinen hinauf. Zwei ausgetretene Steinstufen führten zur Ein-gangstür, die aus drei Bohlen bestand, welche, obwohl sie ständig mehr zerfi elen, nie Kitt oder Farbe

Weitere Kostenlose Bücher