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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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können.
    Valentine war ein großes, schlankes Mädchen von neunzehn Jahren, mit hellbraunem Haar und dunkelblauen Augen; sie bewegte sich mit vornehmer Lässigkeit.
    Als sie eintrat und bei ihrer Mutter den Fremden sah, von dem sie schon so viel hatte sprechen hören, grüßte sie ohne mädchenhafte Ziererei und, ohne die Augen niederzuschlagen, mit einer Anmut, die die Aufmerksamkeit des Grafen noch erhöhte. Er erhob sich.
    »Fräulein von Villefort, meine Stieftochter«, sagte Frau von Villefort, auf Valentine deutend.
    »Und der Herr Graf von Monte Christo, König von China, Kaiser von Cochinchina«, fi el das Söhnchen ein.
    Diesmal erblaßte Frau von Villefort und wäre beinahe gegen diese Hausplage, die mit dem Namen Eduard gerufen wurde, in Harnisch geraten; der Graf aber lächelte und schien den Jungen mit Wohlgefallen zu betrachten, worüber die Mutter entzückt war.
    »Aber, gnädige Frau«, nahm der Graf die Unterhaltung wieder auf, indem er Frau von Villefort und Valentine abwechselnd ansah, »habe ich nicht schon die Ehre gehabt, Sie und das gnädige Fräulein irgendwo zu sehen? Ich dachte schon vorher daran, und das Erscheinen des gnädigen Fräuleins hat eine Erinnerung, die ganz unbestimmt war, verzeihen Sie mir das Wort, noch deutlicher gemacht.«
    »Es ist nicht wahrscheinlich, Herr Graf; Fräulein von Villefort liebt die Gesellschaft wenig, und wir gehen selten aus«, sagte die junge Frau.
    »Ich habe das gnädige Fräulein, Sie, gnädige Frau, und diesen reizenden Schelm auch nicht in der Gesellschaft gesehen. Die Pariser Gesellschaft ist mir zudem vollständig unbekannt, denn, wie ich Ihnen bereits sagte, bin ich erst einige Tage hier. Nein, wenn Sie erlauben, daß ich mich besinne … warten Sie …«
    Der Graf legte die Hand an die Stirn.
    »Nein, es war im Freien … ich weiß nicht … aber die Erinnerung verbindet sich mit einem schönen sonnigen Tag und einer Art reli-giöser Festlichkeit … Das Fräulein hielt Blumen in der Hand; der Kleine lief hinter einem schönen Pfau in einem Garten her, und Sie, gnädige Frau, saßen unter einer Weinlaube … Helfen Sie mir doch, gnädige Frau, besinnen Sie sich auf diese Dinge nicht?«
    »Nein, wirklich nicht«, antwortete Frau von Villefort; »und doch, dächte ich, ich würde mich erinnern, wenn ich Sie schon irgendwo getroff en hätte.«
    »Der Herr Graf hat uns vielleicht in Italien gesehen«, warf Valentine schüchtern ein.
    »In der Tat, in Italien … das ist möglich«, sagte Monte Christo.
    »Sie sind in Italien gereist, gnädiges Fräulein?«
    »Frau von Villefort und ich waren vor zwei Jahren dort. Die Ärzte fürchteten für meine Lunge und hatten mir die Luft Neapels empfohlen. Wir kamen über Bologna, Perusa und Rom.«
    »Ah, richtig«, rief Monte Christo; »es war in Perusa am Fron-leichnamsfest im Garten des Gasthofs zur Post, dort habe ich Sie gesehen.«
    »Ich erinnere mich durchaus Perusas, des Gasthofs zur Post und des Festes, von dem Sie sprechen«, sagte Frau von Villefort; »aber ich schäme mich meines Gedächtnisses, denn ich besinne mich vergeblich darauf, Sie gesehen zu haben.«
    »Sonderbar, ich erinnere mich auch nicht«, bemerkte Valentine, indem sie ihre schönen Augen auf Monte Christo richtete.
    »Oh, ich erinnere mich«, warf Eduard ein.
    »Ich will Ihnen helfen, gnädige Frau«, fuhr der Graf fort. »Es war ein heißer Tag; Sie warteten auf Pferde, die wegen der Feierlichkeit nicht kamen. Das gnädige Fräulein ging in den Garten, und Ihr Sohn verschwand, indem er hinter dem Pfau herlief.«
    »Ich habe ihn gefaßt, Mama; du weißt«, rief Eduard, »ich habe ihm drei Federn aus dem Schwanz gerissen.«
    »Sie, gnädige Frau, blieben in der Weinlaube; erinnern Sie sich nicht mehr, daß Sie auf einer Steinbank saßen und ziemlich lange mit jemand gesprochen haben?«
    »Ja, wirklich«, sagte die junge Frau errötend, »ich erinnere mich, es war ein Mann in einem langen wollenen Mantel … ein Arzt, glaube ich.«
    »Ganz recht, gnädige Frau; dieser Mann war ich; ich wohnte seit vierzehn Tagen in dem Gasthof, hatte meinen Kammerdiener vom Fieber geheilt und meinen Wirt von der Gelbsucht, so daß man mich für einen großen Doktor hielt. Wir sprachen lange, gnädi-ge Frau, von verschiedenen Dingen, von Raff ael, von Sitten und Trachten, von der berühmten Aqua Toff ana, deren Geheimnis, wie man Ihnen, glaube ich, gesagt hatte, noch einige Leute in Perusa besitzen sollten.«
    »Ah, richtig«, antwortete Frau von

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