Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
soll daran erstaunlich sein?«, sagte Bonaparte. »Ich weiß es, denn auch ich habe mich über das Tun des Herzogs informiert.«
»Und was tut er zu diesen Zeiten?«, fragte Fouché.
»Er besucht seine Geliebte, die Fürstin Charlotte de Rohan.«
»Jetzt müssten wir nur noch in Erfahrung bringen«, sagte Fouché, »ob die Anwesenheit Madame Charlotte de Rohans in Straßburg, die im Übrigen nicht die Geliebte, sondern die heimlich angetraute Ehefrau des Herzogs von Enghien ist, die ohne Weiteres mit ihm in Ettenheim residieren könnte, ob also ihre Anwesenheit in Straßburg nicht ein Vorwand ist, damit der Fürst, der seine Frau besuchen kommt, bei diesem Anlass auch seine Komplizen sprechen kann, ganz zu schweigen davon, dass er von Straßburg aus innerhalb von zwanzig Stunden in Paris wäre.«
Bonaparte runzelte die Stirn. »Dann wäre wahr«, sagte er, »was behauptet wurde, als man mir erzählte, man habe ihn im Theater gesehen! Ich habe die Schultern gezuckt und es als Hirngespinst abgetan.«
»Ob er im Theater war oder nicht«, sagte Fouché, »ich würde dem Ersten Konsul raten, den Herzog von Enghien nicht aus den Augen zu verlieren.«
»Ich werde mehr tun als nur das«, sagte Bonaparte, »ich werde morgen noch einen Mann meines Vertrauens auf die andere Rheinseite schicken; er wird mir sofort berichten, und unmittelbar nach seiner Rückkehr werden wir über die Angelegenheit beraten.«
Indem er Fouché den Rücken zuwendete, gab er ihm zu verstehen, dass er allein sein wollte.
Fouché ging.
Eine Stunde später ließ der Erste Konsul den Gendarmerieinspektor kommen und fragte ihn, ob er in seinen Rängen einen intelligenten Mitarbeiter habe, den man in geheimer und höchst vertraulicher Mission nach Deutschland schicken und der außerdem die Auskünfte überprüfen könne, die Fouchés Spitzel schickte.
Der Inspektor erwiderte, er habe einen Mann zur Hand, der genau das sei, was der Erste Konsul suche, und fragte, ob der Erste Konsul den Mann persönlich instruieren wolle oder ob es ihm genüge, seine Anweisungen über ihn, den Inspektor, weiterzugeben.
Bonaparte antwortete, in einer so ernsthaften Angelegenheit könnten die Instruktionen gar nicht zu klar sein. Er werde sie deshalb noch am selben Abend aufsetzen und dem Inspektor übergeben lassen, damit dieser sie an den Beamten weitergeben könne, der abreisen solle, sobald er seine Instruktionen erhalten hätte.
Die Instruktionen lauteten: »Sich darüber informieren, ob der Herzog von Enghien tatsächlich regelmäßig auf geheimnisvolle Weise aus Ettenheim verschwindet; sich darüber informieren, mit welchen Personen aus dem Kreis der Emigranten er sich mit Vorliebe umgibt oder wen er häufiger als andere empfängt; sich schließlich darüber informieren, ob er politische Beziehungen zu den englischen Spitzeln an den kleinen deutschen Fürstenhöfen unterhält.«
Um acht Uhr morgens reiste der Gendarmeriebeamte nach Straßburg ab.
34
Die Enthüllungen eines Gehenkten
Während der Erste Konsul die Instruktionen verfasste, die der Gendarmeriebeamte mitnehmen sollte, spielte sich im Temple-Gefängnis eine tragische Szene ab.
Im Temple befanden sich die wenigen Gefangenen, die man in dieser Verschwörungssache bisher gemacht hatte, darunter Georges’ Diener, ein
gewisser Picot, und zwei weitere Verschwörer, die mit ihm zusammen im Haus eines Weinhändlers in der Rue du Bac verhaftet worden waren, am nämlichen Tag, an dem der Limousiner Georges besagtes Haus hatte verlassen sehen. Eine Karte, die man in Picots Zimmer fand, war mit einer Adresse in der Rue Saintonge beschriftet; unter dieser Adresse fand die Polizei unfehlbar Roger und Damonville und verfehlte Coster Saint-Victor nur um wenige Augenblicke.
Noch am Abend seiner Einlieferung in das Temple-Gefängnis erhängte sich Damonville. Deshalb wurde angeordnet, dass die Wärter zweimal nachts in den Zellen der Gefangenen nach dem Rechten sahen, was sonst nicht üblich war.
Ein weiterer Gefangener, Bouvet de Lozier, war am 12. Februar bei einer gewissen Dame namens Saint-Léger in der Rue Saint-Sauveur verhaftet worden. Im Temple-Gefängnis wurde er aus dem Loch für Krethi und Plethi, wo es ihm übel ergangen war, in Einzelhaft versetzt und streng verhört.
Er war Mitte dreißig, royalistischer Offizier, Adjutant Cadoudals, einer seiner engsten Vertrauten, und hatte unter falschem Namen alles vorbereiten lassen, was Savary in seinem Bericht aufgeführt hatte.
Er war einer der
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