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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Lichtung wieder zum Vorschein zu kommen, und im Schimmer der nächtlichen Sternbilder glich er einem Band aus Moiré und Lapislazuli, mit Diamantensplittern übersät und schräg mit schwarzen Bändern besetzt. Jenseits des Flusses ruhte das Mondlicht reglos über dem Gras einer weiten Prärie wie eine straff gespannte Leinwand. Vereinzelte Birken auf der Savanne verschmolzen mit dem Boden, wenn der Wind blasse Sandschleier um sie wob, oder hoben sich von dem kreidigen Hintergrund ab, indem sie sich in Dunkelheit hüllten wie Inseln schwebender Schatten in einem unbeweglichen Meer des Lichts. In der Nähe war nichts zu hören als das Fallen einzelner Blätter, ein plötzlicher Windstoß, der seltene und unregelmäßige Ruf des Waldkauzes; in der Ferne jedoch war von Zeit zu Zeit das dumpfe Rauschen des Niagarafalls zu vernehmen, das in der nächtlichen Stille von Einöde zu Einöde getragen wurde, bis es sich in den Weiten der Wälder verlor.
    Das Majestätische und melancholisch Erschütternde dieses Anblicks lässt sich in menschlichen Worten nicht fassen, und die schönsten Nächte in Europa geben keinen Begriff davon. Inmitten unserer bestellten Felder sucht die Phantasie sich vergebens zu weiten, denn überall stößt sie auf menschliche Behausungen; in jenen menschenleeren Gefilden hingegen verliert sich die Seele mit Genuss in einem Ozean ewiger Wälder; sie kennt nichts Schöneres, als im Sternenlicht am Ufer riesiger Seen zu wandeln, mit den Wellen zu steigen und zu fallen und sich dieser wilden und erhabenen Natur gleichsam anzuverwandeln und einzuverleiben.«
    Zuletzt erreichte der Reisende die Niagarafälle, deren Getöse jeden Morgen von den unzähligen Geräuschen der erwachenden Natur übertönt wird, die jedoch in der Stille der Nacht immer näher zu vernehmen waren, als wollten sie ihn leiten und zu sich führen. Dieser herrliche Wasserfall, den zu sehen Chateaubriand von so weit gekommen war,
hätte ihn zweimal hintereinander fast das Leben gekostet. Versuchen wir nicht, es nachzuerzählen, sondern überlassen wir Chateaubriand selbst das Wort:
    »Ich hatte den Zügel meines Pferdes um meinen Arm geschlungen, eine Klapperschlange raschelte in dem Gebüsch; das erschreckte Pferd bäumte sich auf und wich zurück, wobei es sich dem Wasserfall näherte. Ich konnte meinen Arm nicht aus den Zügeln befreien; das immer verängstigtere Pferd zog mich hinter sich her. Schon verloren seine Vorderhufe den festen Halt. Mit den Hinterbeinen am Rand des Abgrunds, hielt es sich dort nur noch mit der Kraft seiner Schenkel. Es war um mich geschehen, aber plötzlich schlug das ob der neuen Gefahr selbst erstaunte Tier mit einer Pirouette einen Bogen landeinwärts.«
    Damit nicht genug: Aus dieser Gefahr kaum gerettet, begab sich der Reisende sehenden Auges in die nächste gefährliche Situation, doch es scheint Menschen zu geben, die im Innersten spüren, dass sie Gott ungestraft auf die Probe stellen dürfen. Hören wir ihn: »Eine Lianenleiter diente den Wilden, um in das untere Bassin zu steigen; sie war zerrissen. Da ich den Wasserfall von unten sehen wollte, wagte ich mich, entgegen den Einwänden meines Führers, bis zu einem fast steil abfallenden Felsen vor. Trotz des tosenden Wassers, das unter mir brodelte, bewahrte ich meine Kaltblütigkeit und gelangte bis vierzig Fuß über den Abgrund. Dort bot mir der nackte, senkrecht abfallende Fels keinerlei Anhaltspunkte mehr: Mit einer Hand an die letzte Wurzel geklammert, fühlte ich, dass meine Finger unter dem Gewicht meines Körpers zu zittern begannen: Es gibt wohl wenige Menschen, die in ihrem Leben zwei solche Minuten, wie ich sie ertragen musste, durchgemacht haben. Meine ermüdete Hand lockerte sich, und ich fiel. Durch ein unerhörtes Glück fand ich mich auf dem Absatz eines Felsens wieder, wo ich mir tausendmal die Knochen hätte brechen müssen, aber ich schien keine ernste Verletzung davongetragen zu haben. Ich befand mich einen halben Fuß über dem Abgrund, doch ich war nicht hinabgestürzt; als indes die Kälte und die Feuchtigkeit mich langsam durchdrangen, bemerkte ich, dass ich nicht ganz so leichten Kaufes davonkommen sollte; ich hatte mir den linken Arm oberhalb des Ellbogens gebrochen. Mein Führer, der von oben herunterschaute und dem ich Zeichen gab, lief, um Wilde zu Hilfe zu holen. Sie zogen mich mit Stricken über einen Fischotternpfad hoch und brachten mich in ihr Dorf.«

    All das ereignete sich zur gleichen Zeit, zu der ein junger

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