Der Greif
zurückkommen,
irgendwelche Güter mit sich, die sie im Tausch gegen all das wertvolle Salz erhalten haben?«
»Eheu, Saio Thorn!« rief er heiter. »Ihr versucht, mir eine Falle zu stellen; ich soll zugeben, daß ich geschlafen habe!«
Immer noch heiter, nahm er einen großen Schluck aus
seinem Weinschlauch. »Nein, nein. Jedes Maultier kam
unbeladen hierher zurück. Was die Treiber für ihr Salz bekommen, weiß ich nicht - vielleicht einen Wechsel gegen spätere Bezahlung. Jedenfalls keine anderen Güter. Wie könnten sie? Wenn sie beladen aus Ariminum zurückkämen, würde der befehlshabende Zenturio am südlichen Endpunkt der Belagerungslinie sie anhalten und ihnen alles
abnehmen. Er würde sie nicht nach Ravenna hineinlassen, weil sie sonst ihre Güter nicht an Odoaker und seine
Verbündeten weitergeben könnten. Dem Feind Proviant
zuzuführen, würde die Belagerung brechen. Da jeder Zug unbeladen hier ankommt, gehe ich davon aus, daß unser
Befehlshaber am anderen Ende seine Arbeit tut. Es läuft alles ganz nach Befehl des Generals Herduich.«
Lentinus und ich tauschten verzweifelte Blicke und starrten dann entgeistert diesen naiven Stümper an, der in seiner Einfalt alle unsere Bemühungen und Pläne zunichte
gemacht hatte.
»Eines noch«, sagte ich, und seine Antwort war mir fast gleichgültig, »kam es Euch je in den Sinn, Zenturio, die Satteltaschen der Maultiere zu untersuchen, bevor Ihr sie durchgelassen habt?«
Gudahals spreizte die Finger und lächelte. »Nur den
ersten Zug, Marschall, die ersten zwei, drei Ballen... nun, Salz ist Salz. Und schwer ist das Zeug, sage ich Euch. Man hat direkt Mitleid mit den armen Maultieren, die solche Lasten so weit tragen müssen. Nach den ersten paar Tieren sieht man gnädig davon ab, sie abzuladen, die Satteltaschen zu inspizieren und dann wieder aufzuladen. Das quält die armen Tiere mehr als...«
»Benigne, Zenturio. Thags izvis, Gudahals, für Wein, Käse und die lehrreichen Geschichten über den Salzhandel.« Ich stand auf und ergriff das Abzeichen seines Ranges, sein Schwert, das am Gürtel über einem Zeltpfosten hing. »Ihr seid Eures Kommandos enthoben und unter Arrest.«
Gudahals, der gerade dabei war, noch einen Schluck aus seinem Weinschlauch zu nehmen, verschluckte sich, und
der Wein troff ihm von den Lippen. Ich ging zur Zelttür und rief nach dem stellvertretenden Kommandeur. Optio Landerit bewegte sich gewandt, als ich ihm befahl, Gudahals in
Gewahrsam zu nehmen und genügend bewaffnete Soldaten
antreten zu lassen, auf daß jeglicher Maultierzug, der aus jeglicher Richtung an der Via Popilia entlangkam, bei Tag oder bei Nacht angehalten und inspiziert werde.
»Auch mich sollte man absetzen und einsperren«, knurrte Lentinus, über sich selbst wütend.
»Dann hätte auch ich es verdient«, entgegnete ich. »Aber wie hätten wir denn wissen können, daß es ein schwaches Glied in der Kette gibt?« Und mit einem Anflug von
Galgenhumor fügte ich hinzu: »Außerdem seid Ihr doch ein neutraler Beobachter, nicht wahr? Ihr und ich - wir haben keine Befugnis, uns gegenseitig zu verhaften.«
»Soll sich dann jeder von uns in sein Schwert stürzen?«
entfuhr es ihm.
»Wir wollen unserem Schicksal die beste Seite
abgewinnen. Ich schlage folgendes vor...«
»Wer schickt das?« fragte ich schon zwei Tage später den Anführer eines Maultierzuges, indem ich mit dem Fuß an den Stapel von Waren stieß - hauptsächlich Pökelfleisch und Ölschläuche -, den Optio Landerit und seine Wachen in den Salzballen versteckt gefunden hatten.
Der Treiber war blaß und zitterte, aber er antwortete
beherzt: »Der Vorsteher der Salzwerke in Hanstaths.« Soviel hatte ich schon fast erraten, doch ich hätte den Mann, der vor mir stand, nicht erkannt, hätte er nicht mit einem Anflug von Stolz hinzugefügt: »Mein Vater.«
»Mir deucht, daß Georgius Honoratus mittlerweile zu alt für solch gefährliche Spiele sein dürfte«, sagte ich.
Mein Gegenüber sah mich verblüfft an, als ich den Namen nannte, doch er murmelte: »Er ist immer noch ein treuer Römer und nicht zu alt, unserem Vaterland mutig zu
dienen.«
Mir kam eine Bemerkung meines Mitmarschalls Soas in
den Sinn, daß gewisse Auswanderer sich aus sicherer
Entfernung in die Angelegenheiten ihres Vaterlandes
einmischen. Aber ich machte mir nicht die Mühe
herauszufinden, welche Gründe der alte Georgius XIII. oder XIV. gehabt haben mag, dem abgesetzten Odoaker dienen
zu wollen. Ich sagte
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