Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
solange ich noch nicht alles getan habe, was möglich ist, um einen Erfolg sicherzustellen. Halte dir jedoch dieses Bild vor Augen ...« Er deutete mit dem Kopf zur Wüste, die schön und entsetzlich und dem Land der Menschen völlig fremd war. »Und wenn endlich der Tag und die Stunde gekommen sind, hoffe ich, dass du diese Frage erneut stellst.«
Der Ritt zurück zum Haus Aben Annachudrans verlief sehr still und dauerte für Gerents Geschmack nicht annähernd lange genug, denn er hätte gern viel mehr Zeit gehabt, um über alles nachzudenken, was ihm Beguchren erzählt hatte. Für Gerents Empfinden waren sie lange geblieben, um die Wüste zu betrachten, und hatten lange auf den grauen Steinen gesessen. Die Sonne stand jedoch nach wie vor hoch über dem westlichen Horizont, als sie wieder durch den Obstgarten und auf den Vorhof ritten. Hier im Land der Menschen wirkte die Sonne nur noch ein klein wenig zu groß und zu grimmig, während sie langsam zum westlichen Horizont hinabsank. Karmesinrote Wolkenbänder zogen sich über einen tiefblauen Himmel; die gelbbraunen Hügel breiteten sich darunter aus, überragt von den fernen Bergen als einer rötlich goldenen Linie. Es war schön. Sowohl Gebirgsausläufer als auch Hochgebirge hätten jedoch im Grün des Spätsommers liegen sollen, nicht in den gelbbraunen und goldenen Farben des Herbstes.
Stallknechte tauchten auf und übernahmen die Pferde, warfen dabei besorgte Blicke auf Beguchren und nur etwas weniger besorgte Blicke auf Gerent. Er glaubte, einen der Männer wiederzuerkennen. Der Knecht verriet jedoch mit nichts, dass auch er sich Gerents erinnert hätte. Er zeigte nur ein respektvolles kleines Nicken und führte wortlos den braunen Wallach zu den Stallungen.
Sie trafen Aben Annachudran in dem Zimmer an, das ihm als Büro und seiner Frau als Musikzimmer diente. Genauer gesagt, Beguchren fand ihn dort, dem Gerent schweigsam und zurückhaltend folgte.
Das Spinett war dasselbe geblieben, ebenso die Standharfe und die Regale mit den Schriftrollen. Die Bücher waren jedoch alle ordentlich in die Regale geräumt. Gerent erkannte darunter einige der Werke, die Annachudran aus dem Haus seines Freundes geholt hatte und die jetzt ihre Plätze in den Regalen gefunden hatten: goldene Lettern, eingeprägt in satten braunen Stoff, oder Silber auf roter Seide oder Opalstaub auf schwarzem Leder – Maskeiriens Eklogen, Deigantichs Gleichnis vom weißen Adler und schwarzen Wolf, die vier großen Epen Hrelerns, Fenescheirens Lehrsätze ... Sie erinnerten Gerent an die ruhige Zeit, die er damit zugebracht hatte, im Stadthaus in Breidechboda für Tehre die Theorien der Philosophen über Materialien zu katalogisieren. Es war wie eine Erinnerung an etwas, das lange zurücklag und jetzt für immer unerreichbar war; und er wünschte sich, er könnte diese Arbeit eines Tages zu Ende bringen und sehen, welche Verwendung Tehre dafür womöglich fand.
»Eine schöne Bibliothek«, sagte Beguchren zu Aben Annachudran, und mit ein wenig Erschrecken hörte Gerent eine leichte Sehnsucht in diesen Worten mitschwingen. Der Magier ging zu den Regalen und fasste an den einen oder anderen geprägten Lederband. Er drehte sich erneut zu Annachudran um und nickte ihm mit einer Miene ironischen Selbsttadels zu. »Man rechnet gar nicht damit, eine Sammlung dieser Qualität außerhalb der Hauptstadt zu finden – ich jedenfalls habe es nicht. Das ist für mich eine Lektion. Du musst große Mühen auf dich genommen haben, um diese Sammlung aufzubauen.«
»Einige der kostbarsten Bände habe ich nach dem Verlust von Melentser geerbt«, erwiderte Annachudran. »Unglücklicherweise ...« Er war respektvoll aufgestanden, um den Magier zu begrüßen, und er stockte jetzt. Dann fuhr er mit einem kurzen Blick durch das ganze Zimmer fort: »Vielleicht sollte ich das alles lieber nach Süden schicken, damit es nicht irgendein Gelehrter früher von mir erbt, als ich erwarten würde.« Sein Blick wurde schärfer, und er wandte sich Beguchren zu. »Vielleicht kannst du mir in dieser Hinsicht einen Rat geben, hoher Herr.«
»Eine solche Vorkehrung kann nicht schaden«, meinte Beguchren leise. Er deutete auf eine Sitzgruppe in der Nähe des Schreibtischs. »Du hast einen oder zwei Tage Zeit dafür, wenn du möchtest. Setzen wir uns und diskutieren, was wir tun sollen.«
»Hast du Anweisungen für mich?« Annachudran ging zur Sitzgruppe hinüber, wartete dort aber zunächst, bis sich der Magier zuerst gesetzt
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