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Der grosse Horizont

Der grosse Horizont

Titel: Der grosse Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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lief aus einem Mundwinkel über Wange und Hals in den offenen Hemdkragen. Haid half ihm, vom Boden aufzustehen. O’Maley klammerte sich an Haids Oberarm. Er schüttelte den Kopf und drehte die Wasserleitung mit kaltem Wasser auf. Vorsichtig wusch er sein Gesicht, den Hals, machte das Haar naß und spuckte blutigen Speichel in das Waschbecken. Er blickte Haid nicht ins Gesicht und fragte nichts.
    Haid überlegte sich, ob er O’Maley den Revolver zurückgeben sollte. Er hatte ihn nicht entladen, weil er keine Erfahrung mit Waffen hatte. Wahrscheinlich war es das beste, wenn er die Waffe nicht erwähnte. Wie aber sollte er begründen, weshalb er den Elektrokocher nach O’Maley geworfen hatte. Er konnte nötigenfalls behaupten, O’Maley nicht erkannt und vermeint zu haben, ein Einbrecher stünde vor ihm. Andererseits mußte ihm O’Maley erklären, weshalb er in das Zimmer eingedrungen war.
    »Ich wollte Sie überraschen«, sagte O’Maley plötzlich, als habe er Haids Gedanken erraten. Er suchte nach einem Papiertaschentuch und trocknete sich die Hände ab. »Ich sagte dem Zimmermädchen, ich sei ein Verwandter von Ihnen, und bat sie, mir das Zimmer aufzusperren. Natürlich glaubte sie mir zuerst nicht, aber ich gab ihr fünf Dollar und ließ sie das Geld sehen, das ich in Las Vegas gewonnen hatte.«
    »Wie haben Sie mich gefunden?« fragte Haid. O’Maley setzte sich auf das Bett und preßte das Taschentuch gegen die Lippen. »Ich hatte in Las Vegas gewonnen und wollte Ihnen das Geld zurückgeben. Ich hatte nicht die Absicht, Sie um Ihr Geld zu erleichtern. Ich rief Kapra an und erzählte ihm, daß Sie überstürzt abgereist seien. Kapra hatte keine Ahnung, wo Sie steckten, aber er wußte eine Adresse, und zwar die von Mrs. Jakubowski. Ich versuchte Sie vor zwei Tagen über Mrs. Jakubowski zu erreichen, aber Mrs. Jakubowski sagte mir, Sie schliefen noch. Ich sagte ihr, daß ich morgen in New York sein würde, und hängte auf. Ich hatte Geld gewonnen und war verrückt danach, es auszugeben. Als erstes dachte ich daran, Ihnen das Geld zurückzugeben. Hat Ihnen Mrs. Jakubowski nicht von meinem Anruf erzählt?« Was O’Maley gesagt hatte, konnte wahr sein, aber warum hatte Christine ihm nichts von O’Maleys Anruf erzählt? Und seltsamerweise war sie am selben Vormittag in der Bleeckerstreet verschwunden. Und am selben Abend hatte sie sich von ihm getrennt. »Nein, sie hat mir nichts gesagt«, antwortete Haid. O’Maley konnte sich die Geschichte auch nur zurechtgelegt und den Auftrag haben, ihn zu überwachen. Der springende Punkt war, warum Christine ihm nicht mitgeteilt hatte, daß O’Maley angerufen hatte. Und die Einladung für den Abend? Vielleicht hatte Christine ihn im Auftrag O’Maleys angerufen, um ihn aus dem Zimmer zu locken. Vielleicht war es ihr sehr gelegen gekommen, daß sie ihn wegen seiner Halsschmerzen zum Arzt schicken konnte. »Woher wußten Sie, daß ich hier abgestiegen bin«, fragte Haid. »Mrs. Jakubowski wußte es. Ich rief sie gestern abend vom Flugplatz an, und sie gab mir Ihre Adresse. Den Rest habe ich Ihnen erzählt. Ich suchte im Eisschrank nach einer Flasche Bier, als Sie die Tür öffneten. Übrigens, hier haben Sie Ihre fünfhundert Dollar.« Ergriff in die Jackentasche und zählte ein Bündel Dollarscheine auf das Bett. Dann steckte er das übrige Geld wieder ein und sagte kühl: »Ich darf Sie um meinen Revolver bitten.«
    Haid gab ihn schweigend zurück, und O’Maley verstaute ihn, ohne ihn weiter anzusehen, in seiner Jacke. Haid war sich jetzt sicher, daß O’Maley und Christine ein abgekartetes Spiel trieben. Christine war vermutlich froh gewesen, ihn loszuwerden, als ihr O’Maley erzählt hatte, weshalb er ihn suchte. Sie hatte es mit der Angst zu tun bekommen und die Nerven verloren. Deswegen hatte sie ihn in der Bleeckerstreet verlassen. O’Maley stand auf, öffnete die Badezimmertür, knipste das Licht an und besah sich im Spiegel. Er trat nahe an den Spiegel heran, um seinen Mund und die Zähne zu betrachten.
    »Sie haben mir einen Zahn ausgeschlagen«, sagte er.
    »Es tut mir leid.«
    »Erst als ich dem Stuhl ausgewichen war und den Revolver gezogen hatte, wußte ich, wen ich vor mir hatte. Deswegen verlor ich auch das Bewußtsein, ohne zu schießen. Wenn ich Sie nicht erkannt hätte, hätte ich abgedrückt.« Haid schwieg.
    O’Maley zerknüllte ein Papiertaschentuch und steckte es in den Mund. Er zog es blutig heraus und warf es in den Abfallkorb. Einige Sekunden

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