Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
Spundloch oberhalb des Bodensatzes abgelassen. Bei Weinen, die über einen längeren Zeitraum hinweg in Fässern lagern, wird dann von Fass zu Fass umgefüllt, wenn sich nach Monaten ein neuer Bodensatz gebildet hat. Die traditionellsten Rioja-Güter stechen ihren Wein jahrelang immer wieder ab. Ist der Kellermeister der Meinung, dass der Wein mehr Sauerstoff braucht, leitet er ihn über ein offenes Becken – andernfalls geht das Abziehen direkt durch einen Schlauch von einem Fass in das andere.
Rotwein: biologischer Säureabbau
Winzern ist von jeher aufgefallen, dass sich im Frühling nach der Ernte in den Fässern mit neuem Wein abermals einiges tut.
Im Volksmund sprach man von einer »natürlichen Gleichgestimmtheit« zwischen dem Wein und den steigenden Säften in den Rebstöcken. Was da passierte, schien eine erneute Gärung zu sein, obwohl im Wein kein Zucker mehr vorhanden war, der gären konnte. Die Mikrobiologie fand die Erklärung:
Es handelt sich nicht um eine von Hefepilzen bewirkte Gärung, sondern um die Aktivität von Bakterien, die die Apfelsäure im Wein in Milchsäure umwandeln, wobei Kohlendioxid freigesetzt wird und im Wein Perlen bildet. Dieser Vorgang zeitigt mehrere Resultate: Die Menge und die Schärfe der Säure verringern sich (Milchsäure schmeckt milder als Apfelsäure), die Stabilität des Weins wird verbessert und sein Geschmack geschmeidiger und komplexer – höchst wünschenswerte Entwicklungen bei fast allen Roten. Meistens genügt es, die Kellertemperatur allmählich bis auf etwa 20 Grad Celsius anzuheben. Manchmal muss man auch die richtigen Bakterien künstlich einführen. Man kann sogar erreichen – und das gilt ebenfalls als willkommen –, dass die »Malo« gleichzeitig mit der alkoholischen Gärung stattfindet.
Verschneiden und verbessern
Champagner, roter und weißer Bordeaux, Rotweine von der südlichen Rhône, Chianti, Rioja und Portwein sind Beispiele für Weine, die aus verschiedenen Traubensorten bereitet werden. Burgunder, Barolo, Sherry, deutsche und Elsässer Weine bestehen fast immer aus einer einzigen Traubensorte. Die amerikanischen varietals verdanken ihr Aufkommen der eher vereinfachenden Vorstellung, dass »Sortenreinheit« am besten sei. Neuere Forschungen aber haben den Nachweis erbracht, dass ein Wein aus zwei Sorten oft besser ist als ein zu 100 Prozent aus der geringeren der beiden Sorten bereiteter und im Allgemeinen auch besser als der von der besseren Traubensorte – selbst bei Weinen bescheidenerer Qualität. Damit kann es als erwiesen gelten, dass Komplexität für sich allein schon eine wünschenswerte Qualität im Wein ist und dass eine Sorte eine andere »würzen« kann, so wie Butter und Salz ein Ei würzen.
Wo Weine im Stil des Bordeaux beliebt sind, etwa in Kalifornien und der Toskana, ist ein eindeutiger Trend zum Verschneiden von Merlot oder anderen Sorten mit Cabernet zu verzeichnen. Anderseits hat sich noch keine Traubensorte gefunden, die einen Pinot noir, Chardonnay oder Riesling verbessern könnte. Zusätzliche Komplexität erhält deren von sich aus schon köstlicher Geschmack nur durch Fassalterung beziehungsweise beim Riesling durch die Edelfäule oder durch jahrelanges Reifen in der Flasche.
Schönen
Die uralte Technik, geschlagenes Eiweiß, Gelatine, Hausenblase (Fischleim), Rinderblut oder ähnliche Mittel in den Wein zu geben, ist trotz aller modernen Filter und Zentrifugen noch immer weit verbreitet. Damit soll die Flüssigkeit von den feinsten Schwebeteilchen befreit werden, die zu leicht sind, um mittels Schwerkraft zu Boden zu sinken. Das Schönungsmittel schwebt dabei langsam wie ein ganz feines Filtertuch nach unten und nimmt alle Schwebstoffe mit sich. Bestimmte Schönungsmittel wie etwa Bentonit sind für spezielle unerwünschte Bestandteile einzusetzen. Mit Blauschönung (gelbes Blutlaugensalz oder auch Kaliumferrocyanid) beispielsweise wird dem Wein überschüssiges Eisen entzogen.
Filtrierung
Deutsche und italienische Firmen leisten Pionierarbeit in der Entwicklung immer feinerer Filter, mit denen man so gut wie alles aus dem Wein herausfiltern kann – sogar den Geschmack, wenn man nicht richtig damit umgeht. Diese Filter bestehen aus mehreren zwischen Platten eingeschlossenen Filterlagen, durch die der Wein hindurchgepresst wird. Der Grad der Filterung hängt von der Porengröße der Filterlagen ab. Bei 0,65Mikrometer werden die Hefen, bei 0,45Mikrometer auch Bakterien ausgeschieden. Um die Filter zu
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