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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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oft eingeladen ist, Blu-
    men zu bringen. Das ist keine Kontoabrechnung sondern eine zarte
    Aufmerksamkeit. Er hat ganz einfach in einem Blumengeschäft Blumen
    gesehen, die ihm gefallen haben und glaubte, dass sie vielleicht auch
    seiner Gastgeberin gefallen würden. Er bringt sie als Beweis mit, dass
    er an sie gedacht hat. Es darf natürlich nur ein bescheidener Strauss
    sein. Er mag vielleicht ein Vermögen gekostet haben, wenn er aus für
    die Jahreszeit seltenen Blumen besteht, aber er darf keinesfalls nur mit
    Mühe durch die Haustür gehen.
    Schliesslich sind die Gäste auch nicht mehr verpflichtet, am Tag vor
    der Einladung eine geknickte Besuchskarte abzugeben oder
    einzuwerfen, durch die man früher bestätigte, dass man die Einladung
    nicht vergessen hatte. Die Gäste müssen nur, wir möchten es noch
    einmal erwähnen, die Einladung sobald wie möglich beantworten und
    zwar in der gleichen Art, wie sie erfolgte, das heisst, wenn die
    Einladung schriftlich gemacht wurde, müssen die Eingeladenen in
    einem Brief antworten, und nicht durch einen telephonischen Anruf.
    Sie erscheinen pünktlich, mit leeren Händen, wenn es sich nicht
    zufällig um einen Geburtstag oder ein anderes Fest handelt, bei dem
    sie ein Geschenk mitbringen.
    DIE KLEIDUNG.
    Sie sind der Gelegenheit entsprechend gekleidet. Wenn man sie
    unterrichtet hat, dass es sich um eine festliche Gesellschaft handelt,
    werden die Damen in langem Kleid erscheinen — falls bis zu jenem
    Tag die Mode aus Paris und Wien noch nicht bestimmt hat, kurze
    Röcke am Abend zu tragen. Bei einem Abendessen werden die Damen
    die Reize ihres Rückens nicht enthüllen, wohl aber wenn ein Ball
    vorgesehen ist. Für ein junges Mädchen besteht kein Unterschied
    zwischen einem Ballkleid oder einem Festkleid, da sie der
    verheirateten Frau das Vorrecht einräumt, den freien Rücken zu
    zeigen.
    Juwelen fragt man um so reichlicher, je später das Fest beginnt.
    Wenn der Empfang sich ausdehnt, ist dies kein Grund, einen
    Juwelenkoffer mitzubringen, sich jede Stunde zurückzuziehen, um
    seine Waffensammlung zu vervollständigen. Sie kennen vielleicht die
    Geschichte jener beiden amerikanischen Schönheiten, die gewettet
    hatten, wer von ihnen juwelenbeladener im Theater erscheinen würde.
    Bei der ersten glaubte man, dass sich nicht das Schaufenster eines
    Juweliers, sondern die Auslage eines Trödlerladens vorwärtsbewege,
    denn das Schaufenster eines Juweliers ist im Vergleich zu dem, was
    diese Dame trug, leer. Schon feierte sie im stillen ihre Triumphe über
    die Rivalin. Als diese jedoch ihre Loge betrat, trug sie keine Juwelen.
    Man glaubte, sie habe den Kampf aufgegeben, da sah man neben ihr
    ihre Kammerzofe, die eine bis an den Rand mit Schmuck gefüllte
    Kassette trug. Natürlich hat die Dame ohne Juwelen mit Witz diese
    geschmacklose Wette gewonnen — sie hat ihrer Rivalin zudem eine
    Lektion über wirkliche Eleganz erteilt.
    Es ist immer ein Fehler, zu viel Schmuck zu tragen. Vormittags legt
    eine Dame nie Juwelen an, den Ehering natürlich ausgenommen, der ja
    kein Schmuck ist. Die Mode des Phantasie-Schmucks ist endgültig
    vorbei. Eine elegante Frau soll nicht durch zu viel Metall an
    Negerinnen mit dem Ring durch die Nase erinnern. Man trage lieber
    keinen Schmuck als minderwertigen. Manche Frauen meinen das
    Pulver erfunden zu haben, wenn sie ihre echten Juwelen auf der Bank
    in einem Safe sicherstellen und Imitationen tragen. Es ist ein
    lächerliches Beginnen, denn warum sollen wir echten Schmuck
    besitzen, wenn eine Nachahmung die gleiche Wirkung erzielt? Wenn
    man den Schmuck nur als Geldanlage betrachtet, ist es sinnlos die
    Imitationen zu zeigen, man könnte ebenso gut einen Kontoauszug oder
    eine Steuererklärung als Halsband tragen.
    Damen sollten auch nicht eine zu komplizierte Frisur wählen, die der
    erste Luftzug zerstört, oder die eine Stunde Pflege verlangt, nachdem
    man den Hut abgenommen hat. Bei der Kleidung des Mannes soll jede
    Uebertreibung noch mehr vermieden werden, als bei der Garderobe
    der Frau. Wenn kein Gesellschaftsanzug vorgeschrieben ist, ist dies
    noch kein Grund, eine jener Krawatten zu tragen, die mit Vögeln,
    Regenbogen oder nackten Frauen geschmückt ist.
    Zu einem Mittagessen trägt man einen einfarbigen Anzug (kein
    kariertes und kein Grätenmuster), ein weisses Hemd und eine
    einfarbige Krawatte in einer diskreten Farbe. Man wählt dazu
    schwarze Schuhe, aber nicht aus Lackleder, und einen schwarzen Hut.
    Zu

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