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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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werden — heisst es richtig;
    nicht aber: hoffentlich wird er glücklich.
    Und nochmals der Konjunktiv. Es heisst nicht:
    Wenn er kommen würde, würde ich mich freuen, sondern vielmehr:
    Wenn er käme, würde ich mich freuen.«
    Auch die indirekte Rede in der Vergangenheit ist recht gefährdet. Es
    ist nicht richtig, wenn man sagt: »Er behauptete, er wäre krank«, es
    muss heissen: »Er behauptete, er sei krank«.
    Oft sprechen wir einen Satz gedankenlos aus und ahnen nicht, dass
    unser Gesprächspartner lachen dürfte: z. B.:
    »Der Tisch wurde in die Werkstatt gebracht, um
    die Platte abzuhobeln«.
    Indes steht der Tisch da und kann sich nicht rühren. Muss nicht der
    Tischler hobeln? Darum:
    »würde der Tisch in die Werkstatt gebracht, weil die Platte abgehobelt
    werden sollte.«
    III.
    DIE ELEGANZ UNSERER HALTUNG
    Wir sind nicht allein Herr unserer Haltung und unserer Bewegungen.
    Aeussere Umstände sind hier leider mitbestimmend. Ein Mann, der
    nur 1 m 50 gross ist, kann nicht die gleichen Bewegungen haben, wie
    ein »Junge«, der zwei Meter überschritten hat. Letzterer wird bestrebt
    sein, nicht aufzufallen, und sich möglichst klein zu machen, indes sich
    der erste im Gegenteil bemüht, nicht einen Millimeter von seiner
    Grösse zu verlieren. Er wird unbequem sitzen, falls es notwendig ist,
    damit seine Füsse nur ja den Fussboden berühren. Ein Grundsatz ist
    aber für alle gültig: Versuchen wir nicht aufzufallen, wenn wir kein
    Star sind. Und selbst ein Star muss nur auf der Bühne auffallen.
    DER GANG.
    Was gibt es unklugeres als diese Mutter, die ihrem Kind auf der
    Strasse unaufhörlich zuruft: »Halte dich gerade«. Ihr Ratschlag ist gut,
    aber es ist nicht der richtige Augenblick, um ihn zu erteilen. Vielleicht
    genügt er auch nicht. Vielleicht
    müsste das Kind zu einem Arzt oder einem Gymnastiklehrer geführt
    werden, der den Grund für seine erschöpfte oder schlechte Haltung
    feststellt.
    Der gute Ton und die Hygiene sind sich darin einig, dass wir uns
    gerade halten sollen, ohne natürlich steif wie ein Stock zu stehen oder
    zu sitzen. Ein junges Mädchen sollte keinen zu männlichen Gang
    annehmen, sie soll nicht marschieren, auch wenn sie überzeugt ist, dass
    es für ihre Lungen gut ist; sie soll aber auch nicht versuchen zu
    schweben. Gehen ist nicht Tanzen! Auch die Arme sollten nicht hin
    und herpendeln! Es scheint, dass zu ausgiebig betriebener Sport einen
    ungünstigen Einfluss auf die Anmut der Bewegungen der jungen
    Generation ausübt. Es ist nicht angebracht, auf der Strasse die gleichen
    Bewegungen wie beim Diskuswerfen zu machen, und wenn man in der
    Freizeit reitet, braucht man nicht breitbeinig einherzugehen, wenn man
    wieder auf Erden wandelt. Man wird uns vielleicht vorwerfen, dass
    wir altmodisch sind, aber es steht fest, dass die Walzertänzer von 1900
    einen schöneren, anmutigeren Gang hatten, als die Boogie-Woogie-
    Tänzer von 1950.
    DIE BEWEGUNGEN.
    Es gibt Menschen, die mit den Händen reden. Man muss immer
    fürchten, dass sie uns an der Gurgel fassen, wenn sie eine Würgeszene
    schildern. Das ist eine gewöhnliche und beinahe gefährliche
    Angewohnheit. Bewahren wir unser kaltes Blut und seien wir nicht zu
    überschwenglich.
    DIE KUNST RICHTIG ZU SITZEN.
    Es gab einmal eine Zeit, in der es als unanständig galt, besonders für
    Damen, die Beine beim Sitzen übereinander zu schlagen. Heutzutage
    ist es noch nicht erlaubt, die Füsse auf den Tisch zu legen (was
    ungefähr ebenso gesund wie unpassend wäre), aber man darf bei jeder
    Gelegenheit die Beine kreuzen. Damen sollten allerdings nicht
    versuchen Marlene Dietrich im »Blauen Engel« zu kopieren, und die
    Herren sollten vermeiden, dass man ihre Haare an den Waden bei
    dieser Gelegenheit bewundern kann. Man soll auch nicht drei- oder
    viermal aufstehen oder hin- und herrutschen, bis man schliesslich die
    richtige Sitzlage gefunden hat. Man kann seine Kleidung schonend
    behandeln, ohne den Rock hinaufzuziehen, bevor man sich setzt. Das
    ist eine unschöne Angewohnheit. Ein Mann zieht unauffällig seine
    Hose an den Knien etwas in die Höhe, um die Bügelfalte beim Sitzen
    nicht zu verderben. Er sollte aber nicht geziert wie ein Mannequin
    dasitzen, damit ihm jeder ansieht, dass er am liebsten die Falten gleich
    aufbügele.
    DAS MIENENSPIEL.
    Es gibt Menschen, die ihre Rede mit übersteigerter und rasch
    wechselnder Mimik begleiten. Alles ist ihnen Anlass, um eine gezierte
    Haltung, eine Pose einzunehmen. Sie

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