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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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es gab immer weniger Screen. Er hatte es versteckt, glaube ich. Wir haben es noch nicht gefunden. Wir sind immer noch auf der Vierteldosis.«
    Carpenter versuchte sich vorzustellen, wie das sein müsste, ohne Körperschutzmantel unter dem erbarmungslosen Himmel dieser tropischen Breiten zu fahren. Die tägliche Injektion wurde ihnen versagt, und die ungeschützte Haut dieser Menschen war der ganzen wütenden Wucht des Treibhausklimas ausgesetzt – der peitschenden Sonnenstrahlung angesichts der beschädigten Ozonschicht. Konnte dieser Kohlberg tatsächlich so verblödet gewesen sein, oder dermaßen verrückt? Aber die offenen Verbrennungsflecken auf Kovalciks Haut waren nicht zu leugnen.
    »Ihr möchtet also, dass wir euch eine bestimmte Menge Screen abgeben?«, fragte er besorgt.
    »Nein. Das würden wir von euch nicht erwarten. Wir werden irgendwann bald das Versteck finden, wo Kohlberg es hingetan hat.«
    »Aber was wollt ihr dann von uns?«
    »Kommt mit«, sagte Kovalcik. »Jetzt ich zeige euch die Offiziere.«
     
    Die Meuterer hatten ihre Gefangenen in der Sanitätsstation verstaut, einem dumpfigen feuchten Raum tief unter Deck mit drei Zweierreihen von Kojen an der Wand und dazwischen einige nichtarbeitende medizinische Geräte. Außer einer Koje lag auf jeder ein schweißglänzender Mann mit einem Wochenbart. Sie waren bei Bewusstsein, aber nicht übermäßig. Sie waren an den Handgelenken gefesselt.
    »Es ist uns sehr unangenehm, dass wir sie so festhalten müssen«, sagte Kovalcik. »Aber was sollen wir sonst machen? Dies ist Captain Kohlberg.« Der Kapitän war ein untersetzter teutonisch wirkender Mann mit glasigem Blick. »Er ist jetzt ruhig. Aber nur, weil wir ihn unter Sedation halten«, erklärte Kovalcik. »Wir halten sie alle ruhig, fünfzig Kubik Omnipax pro Tag. Aber die ständige Betäubung könnte eine Gefahr für ihre Gesundheit werden. Und außerdem, die Droge, sie ist bald zu Ende. In ein paar Tagen haben wir keine mehr übrig, und es wird schwieriger sein, sie in Schach zu halten, und wenn sie ausbrechen, gibt es wieder einen Kampf auf diesem Schiff.«
    »Ich bin nicht sicher, ob wir überhaupt Omnipax bei uns an Bord haben«, sagte Carpenter. »Ganz bestimmt nicht so viel, dass es euch viel weiterhelfen könnte.«
    »Auch darum bitten wir dich nicht«, sagte Kovalcik.
    »Ja also, was wollt ihr denn dann?«
    »Diese fünf Männer da, sie gefährden die Sicherheit aller. Sie haben den Anspruch auf Befehlsgewalt verloren. Das könnte ich dir mit Aufzeichnungen aus der Zeit der Kämpfe auf dem Schiff beweisen. Nimm sie mit!«
    »Was?«
    Kovalcik blickte ihn plötzlich seltsam intensiv an, wild, bedrohlich, beunruhigend.
    »Nimm sie mit auf dein Schiff. Sie dürfen nicht hier bleiben. Das sind verrückte Männer. Wir müssen uns von ihnen befreien. Damit wir das Schiff in Ruhe reparieren und die Arbeit tun können, für die wir bezahlt werden. Es ist ein Akt der Menschlichkeit, sie uns abzunehmen. Ihr fahrt mit dem Eisberg nach San Francisco zurück. Nimm sie mit, die Störenfriede. Für euch sind sie keine Gefahr. Sie werden dankbar sein für ihre Rettung. Aber hier sind sie wie Bomben, die früher oder später hochgehen müssen.«
    Carpenter sah sie an, als wäre sie eine Bombe, die bereits explodiert war. Rennett hatte sich einfach zur Seite gewandt und überspielte mit einem heftigen Husten einen hysterischen Lachanfall.
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass er sich bei der Geschichte zum Komplizen machte, bereitwillig einen Haufen Offiziere bei sich an Bord aufnahm, die von Meuterern vertrieben worden waren. Noch dazu Leute von Kyocera-Merck. Dem Hauptkonkurrenten Hilfe und Unterstützung leisten? Der Chefagent von Samurai in Frisco würde bestimmt hellauf begeistert sein, wenn er mit fünf Mann von K-M an Bord in den Hafen getuckert kam. Und besonders gerührt würde er sein, wenn er erfuhr, dass Carpenter aus Gründen der Humanität so gehandelt hatte.
    Aber davon abgesehen, er hatte an Bord keinen Platz für diese Männer. Wo, verdammt, sollten die schlafen? An Deck, zwischen den Zapfhahnen? Oder sollte er für sie auf dem Eisberg ein Zelt aufschlagen lassen? Und wie sollte das mit ihrer Verproviantierung klappen, um Himmels willen? Und mit dem Screen? An Bord war doch alles bis zum letzten Molekül genau berechnet.
    »Ich glaube, du verstehst unsere Situation nicht«, sagte er vorsichtig. »Von der legalen Seite der Sache mal ganz abgesehen, wir haben keinen Platz für zusätzliche

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