Der hellste Stern am Himmel
klar. Wir sehen uns am Flughafen.« Salvatore war hörbar begeistert. Der Beginn eines neuen Abenteuers, alles sehr aufregend.
»Bestens«, sagte Matt munter. »Bis Montag am Flughafen.«
Weiß Maeve davon?
EIN TAG …
»Wie geht es Ihnen, Maeve?«, fragte Dr. Shrigley.
»Ganz gut.«
Aber in Gedanken war sie weit weg. Sie wurde das
Bild von sich selbst, wie sie in die Luft geworfen wurde, leicht und biegsam wie eine Stoffpuppe, nicht los. Das Bild wurde immer präziser. Sie sah es, sah den Moment des Aufpralls, als ein Auto ihr Fahrrad erfasste und sie durch die Luft schleuderte, das Blut spritzte aus ihrem Mund, und ihr Schädel zerbarst, als ihr Körper auf der Straße aufschlug und das Licht in ihren Augen plötzlich erlosch. Der Gedanke an Schmerz kümmerte sie nicht, sie war so gefühllos, dass sie sich keine Schmerzen vorstellen konnte.
In den letzten Wochen hatte sie vier Panikattacken gehabt, und bei jeder hatte sie den nahen Tod deutlich gespürt. Da, in dem Moment, war die Angst mächtig gewesen, aber jetzt empfand sie keine Angst mehr.
Sie sehnte sich nach dem Ende von allem.
Dies war ihr letzter Besuch bei Dr. Shrigley. Sie wusste nicht, wie sie das ihrer Therapeutin sagen sollte, also würde sie nichts sagen. Dr. Shrigley würde es schon merken, wenn Maeve nicht mehr zu ihr kam. Es war nicht von Bedeutung. Nichts war von Bedeutung.
Sie radelte nach Hause, schnell und achtlos. Als sie in der Star Street ankam, sprang sie vom Fahrrad und schob es die letzten Meter zur Haustür. Sie fand es verwunderlich, dass sie immer noch am Leben war. Was musste geschehen, damit man hier zu Tode kam?
Ausnahmsweise war sie froh, dass Matt erst in ein paar Stunden nach Hause kam. Dann würde er nicht merken, dass sie nicht zu der Verabschiedung im Büro gegangen war. Obwohl er eigentlich nicht geglaubt haben konnte, dass sie wirklich gehen würde. Der arme Matt. Er
wollte eindeutige Zeichen, dass bei ihr Besserung eintrat, wo doch alles darauf hindeutete, dass es ihr schlechter ging.
Sie blickte rasch über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass niemand hinter ihr lauerte, um sie ins Haus und dann in die leere Wohnung zu drängen, dann griff sie in ihre Umhängetasche und suchte nach den Schlüsseln. Sie konnte sie nicht finden. Ihre Hand tastete das Innere ab, wühlte hier und dort, fand aber nichts. Sie setzte sich mit dem Rücken zur Tür, damit sie alle Vorübergehenden im Auge behalten konnte, und leerte den Inhalt der Tasche vor sich aus. Keine Schlüssel. Eindeutig keine Schlüssel. Ihre Brieftasche war da. Warum sollte jemand ihre Schlüssel klauen, aber nicht ihre Brieftasche? Gespenstisch. Oder vielleicht waren die Schlüssel gar nicht gestohlen, sondern aus der Tasche gefallen? Aber hätte sie dann das Klimpern nicht gehört?
Dass es gerade heute passieren musste. Sie schickte Matt eine kurze SMS. Er sollte seinen Schlüssel mit einem Taxi herschicken. Doch der Gedanke, dass ein großer, kräftiger Taxifahrer Zugang zu ihrer Wohnung hatte … Schnell schickte sie eine zweite SMS.
»Komm nach Hause.«
Die Nachbarn zu holen, hatte keinen Sinn. Keiner von ihnen hatte einen Schlüssel zu ihrer Wohnung. Sie traute niemandem.
Ein paar Männer gingen vorbei und starrten sie an, wie sie mit angezogenen Knien auf der Stufe saß. Sie konnte nicht hier sitzen bleiben und ihre Verletzlichkeit zur Schau stellen. Wenigstens sollte sie versuchen, in den Hausflur zu gelangen.
Sie wollte nicht bei der alten Frau klingeln, weil der gierige Fionn da wohnte. Wenn er nun an die Gegensprechanlage kam? Bei Katie von ganz oben konnte sie auch nicht klingeln, weil sie und Fionn ein Paar waren. Also blieb ihr nur die Wohnung im zweiten Stock. Zwar war sie etwas nervös wegen der Polen, die da wohnten, aber ihr fiel ein, dass die beiden gerade den Möbelwagen beladen hatten, als sie am Morgen zur Arbeit gefahren war.
Sie klingelte, und jemand, wahrscheinlich das ungeduldige Taxifahrermädchen, sagte: »Hathaway?«
»Ich bin’s, Maeve aus –«
Die Tür wurde geöffnet. »Danke«, sagte Maeve ins Nichts, schob ihr Fahrrad in den Hausflur und lehnte es an ihre Wohnungstür.
Sie setzte sich auf die unterste Stufe und starrte auf ihr Handy. Warum hatte Matt nicht geantwortet? Was hielt ihn davon ab? Nach einer Weile wählte sie seine Nummer und wurde sofort mit dem Anrufbeantworter verbunden. Dabei stellte er sein Telefon nie ab. Warum gerade heute? Eine Verschwörung gegen sie.
Sie hörte das Klirren von
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