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Der hellste Stern am Himmel

Der hellste Stern am Himmel

Titel: Der hellste Stern am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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zwei Lungenzüge an einem Zigarillo, das Giles von einem Klienten geschenkt bekommen hatte, und auf Fionns Drängen hatte sie in einem reizenden Geschäft mit dem Namen TGI Friday einen Bissen Konfekt probiert, das Death by Chocolate hieß; außerdem hatte sie natürlich mit ihrem Mann Giles eine sexuelle Beziehung gehabt. Doch nichts interessierte sie so sehr wie Spekulationen über anderer Menschen Leben. Zu gern hätte sie hin und wieder getratscht. Gelegentlich ein Geheimnis zu erfahren, verschaffte ihr solche Lustgefühle, dass es fast beängstigend war, so aufregend waren sie, und ein Geheimnis weiterzuerzählen, war fast noch genussvoller. Aber sie durfte diesem Wunsch nicht nachgeben. Menschen, die Gutes taten, versagten
sich den Klatsch. Dennoch gab es Zeiten, dachte sie sehnsüchtig, da wünschte sie sich, sie wäre nicht so streng erzogen worden und verhielte sich nicht immer so mustergültig.

    Matt sah hinter dem Auto her, in dem Fionn wegfuhr. Fast zitterte er vor Wut. »Für wen hält sich dieser Mistbock eigentlich?«
    Maeve sah ihn besorgt an. »Ich muss los.«
    »Hast du das gesehen?«, fragte er mit schriller Stimme. »Hast du gesehen, wie schamlos er –« Er unterbrach sich. Natürlich hatte sie ihn gesehen.
    »Ich komme heute Abend wie immer«, sagte sie.
    »Ist gut.« Er gab ihr einen Kuss, aber er war so wütend, dass er sie kaum berühren konnte.
    Er sah ihr nach, dann setzte er sich in sein Auto und fuhr an einer Bushaltestelle vorbei, an all den wartenden Menschen, die er hätte mitnehmen können. Aber warum sollte er? Sie würden ihn sowieso nur beschuldigen, ein Axtmörder zu sein.
    Im Eingangsbereich von Edios traf er auf Niamh, eine der intelligentesten Mitarbeiterinnen in seinem Team. Sie sah unglücklich aus. Und anders als sonst, nicht so gut.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Sieht man das nicht? Meine Haare. Ich war gestern nach der Arbeit beim Friseur. Es ist grauenvoll.«
    Das war also das, was anders aussah.
    »Ich schau aus wie eine Transsexuelle«, sagte sie.
    Das traf es genau, dachte Matt. Der etwas krasse Kurzhaarschnitt verlieh ihr ein männliches Äußeres, so dass sie aussah wie jemand, der Hormonbehandlung und chirurgische
Eingriffe zum Teil schon hinter sich hatte. Jetzt bot sich Matt die Gelegenheit, seine gute Tat vor neun Uhr morgens zu absolvieren, was ihn von den Pendlern, die er an der Bushaltestellte stehen gelassen hatte, erlösen würde.
    »Es ist genau so, wie du sagst, Niamh.« Sie hatte die Fähigkeit, ohne Umschweife zum Kern eines Problems vorzudringen. »Geh wieder hin zu dem Friseur und sag ihm, er muss was machen. Was, weiß ich nicht, mit Haaren kenne ich mich nicht so aus, aber so kannst du nicht rumlaufen –«
    … Wie sie ihn ansah. Wie ein Hündchen, das einen Tritt abbekommen hatte. Sie war zutiefst bestürzt. Ich dachte, du bist ein netter Typ , stand in ihren Augen zu lesen, die ihn verwirrt und verletzt ansahen. Ich dachte, du bist einer der nettesten Menschen, die ich kenne. Wie kannst du so grausam sein?
    Er nickte knapp und ging eilends davon. Irgendwie war das furchtbar falsch gelaufen.
    Nach wenigen Schritten erkannte er, was es war. Seine gute Tat hätte darin bestanden zu lügen, nicht die Wahrheit zu sagen. Sie wollte doch getröstet werden.
    »Niamh«, rief er.
    Sie sah sich um.
    »Niamh, es tut mir leid«, sagte er zerknirscht. »Ich habe es eben erst gemerkt. Dein neuer Haarschnitt. Er ist doch gut. Man muss sich nur erst dran gewöhnen.«
    Sie nickte, ihr Kinn bebte. »Danke.« Ihre Lippen zitterten.
    »Es tut mir aufrichtig leid, dass ich dich unglücklich gemacht habe.«

    »Ist schon gut.«
    Aber es war nicht gut. Sie hatte ihr Vertrauen in ihn verloren. Sie würde ihm nie wieder vertrauen.
    Zutiefst deprimiert ging er in sein Büro. Bescheuerte gute Taten und dreifacher Segen und die ganze Chose. Nichts funktionierte. Nichts half.

    Vielleicht war dies der Tag, an dem es mit der Bank of British Columbia zu einem Abschluss kam. Sie hatten um einen weiteren Termin gebeten, dabei gab es nichts mehr zu besprechen. Rein gar nichts! Nicht einmal Eintrittskarten für Wimbledon. Sie würden keine bekommen, weil er nicht noch mehr Geld für sie verschleudern konnte, ohne ein Ergebnis vorzuweisen. Einmal, es war schon eine Weile her – aber nur das eine Mal –, war er mit Verhandlungen bis zu diesem Punkt gekommen, und dann war der Kunde abgesprungen. Der Schlag hätte ihn beinahe seiner Manneskraft beraubt. Er hatte den Kunden mit

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