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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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große Frau mit der Kraft eines Mannes blickte nachdenklich in die Ferne. »Ich meine«, sagte sie bedächtig, »du mußt mit Cleve schlafen, sobald er aus York zurück ist.«
    Die Frauen standen noch lange auf der Mole zusammen und diskutierten lautstark und heftig. Keiner war nach Scherzen zumute.
    »Hört mir alle zu«, sagte Laren schließlich. »Ich habe Chessa von Sarla erzählt, aber nicht alle Einzelheiten. Wenn sie und ihr die ganze Geschichte kennt, wißt ihr, warum Cleve vor ihr davonläuft.«
    »Sarla versuchte ihn zu töten«, krächzte die alte Alna und spuckte über die Mole. Als Ältester stand ihr das Recht zu, das Wort an sich zu reißen. Laren nickte ihr zu, fortzufahren. »Soviel weißt du, Chessa. Du weißt aber nicht, daß sie ihn mit Schmeicheleien auf den Rabengipfel lockte und ihn dort verführte. Und als er erschöpft vom Liebesakt dalag, schlug sie ihm einen Felsbrocken über den Schädel und warf ihn in den Abgrund. Die Götter retteten ihn, denn er landete auf einem Felsvorsprung. Larens kleiner Bruder Taby war Zeuge dieses Verbrechens. Sarla drohte ihm, Laren und Merrik zu töten, wenn er einer Menschenseele erzählte, was er gesehen hatte. Taby überwand seine Angst und gestand Merrik, was er gesehen hatte, und Cleve konnte in letzter Sekunde gerettet werden. Das reicht, um einem Mann bei dem Gedanken an eine Frau die Eingeweide zu einem Knoten zu verschnüren. Ich habe mir sagen lassen, neben seinem Lager brennt immer eine Öllampe, wenn er eine Frau beschläft. Wenn er sich erleichtert hat, schickt er sie weg und schläft allein. Er traut keiner Frau mehr über den Weg.«
    »Woher weißt du das alles, Alna?« fragte Laren. »Du warst auf der Habichtsinsel, als es passierte, weit weg von Norwegen.«
    »Ich gab deinem Gemahl ein Tränklein, das ihm die Zunge löste. Er erzählte mir alles und lächelte die ganze Zeit dabei. Er sagte mir sogar, wie schön ich aussehe.«
    »Ich glaube ihr«, sagte Laren zu Mirana. »Bis auf den letzten Satz.«
    »Das wußte ich alles, nur die Einzelheiten nicht, wie Alna sagte«, meinte Chessa ungeduldig. »Sarla war doch nur eine einzelne Frau. Cleve ist ein kluger Mann; er würde nicht alle Frauen über einen Kamm scheren.«
    »Ja, das stimmt«, nickte Laren. »Aber du mußt verstehen, Chessa. Sie war die erste Frau, die Cleve als freier Mann kannte. Er vertraute ihr. Er liebte sie. Und sie versuchte, ihn zu töten.«
    »Aber Chessa ist anders«, warf Mirana ein. »Ich kann nicht glauben, daß Cleve so blind ist, um das nicht zu erkennen.«
    »Männer«, stieß Amma verächtlich hervor. »Sogar mein wunderbarer Sculla verliert manchmal den Verstand. Genauso ergeht es Cleve. Er denkt, alle Frauen seien wie Sarla. Und außerdem hat er sich eingeredet, er sei häßlich, seine Narbe entstelle ihn vollkommen. Es wird schwer sein, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Außerdem glaubt er, er müsse Chessa an Herzog Rollo ausliefern, um sein heiliges Ehrenwort zu halten.«
    »Männer und ihr heiliges Ehrenwort«, sagte Mirana verächtlich. »Wieviele grausame Kriege wurden wegen eines Ehrenwortes geführt.«
    Chessa sagte nachdenklich: »Meinem Vater liegt mein Glück mehr am Herzen. Er wünscht auch das Bündnis mit der Normandie, daran gibt es keinen Zweifel. Aber er könnte doch einen von mir unabhängigen Vertrag mit Herzog Rollo schließen. Wie kann ich Cleve beibringen, daß mein Vater ihn nicht verflucht, wenn er mich zur Frau nimmt? Sein Vater ist schließlich der Herr von Kinloch.«
    Gegen Ende der Woche wurden die Frauen unruhig. Die Männer redeten mit aufreizender Zuversicht vom Wetter. Ein Sturm sei schuld an der Verspätung und habe das Boot vermutlich vom Kurs abgebracht. Warum aber hatte der
    Sturm die Insel nicht erreicht? Wieder verging ein Tag. Nach einer köstlichen Abendmahlzeit aus gebratenem Bärenfleisch mit Wacholderbeeren gewürzt, sagte Mirana: »Da stimmt etwas nicht. Ich spüre es.«
    Rorik nahm ihr die kleine Aglita ab: »Wir geben ihnen noch zwei Tage. Wenn sie dann nicht zurück sind, werden wir nach York fahren und herausfinden, was passiert ist.«
    Alle waren dankbar für diese Entscheidung, noch zumal Kiri an diesem Morgen aufgehört hatte zu essen und nicht mehr mit den anderen Kindern spielte. Sie war nur noch ein Häufchen Elend. Chessa war sehr besorgt.
    »So reagiert sie immer, wenn ihr Vater Malverne verläßt«, erklärte Laren. »Er kann eine Woche zur Jagd oder auf Handelsfahrt fortbleiben, aber nicht länger. Seit er

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