Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Stein; und die spärlichen Barthaare bestoppelten sein klumpiges Kinn wie trockenes Moos. Er war breit und stämmig, mit kurzen Beinen und dicken Armen, und als Kleidung trug er nur etwas Grasum die Hüften. Merry war, als habe er ihn schon einmal gesehen, und die Púkel-Menschen von Dunharg fielen ihm ein. Hier schien eines dieser alten Bilder wieder zum Leben erwacht zu sein; oder vielleicht war er ja ein echter Nachkomme der Kreaturen, die sich die alten Steinmetzen vor unzähligen Jahren zum Modell genommen hatten.
Als Merry näher herankroch, herrschte Schweigen, aber dann sprach der Wilde, anscheinend zur Antwort auf eine Frage. Seine Stimme war tief und kehlig, doch zu Merrys Überraschung sprach er die Gemeinsprache, wenn auch stockend und mit manchen unpassenden Wörtern.
»Nein, Vater der Pferdemenschen«, sagte er. »Nicht kämpfen wir. Jagen nur. Töten gorgûn im Wald, hassen Orkvolk. Du hasst gorgûn auch. Wir helfen, wie wir können. Waldmenschen haben lange Ohren und lange Augen, kennen alle Pfade. Waldmenschen hier schon vor Steinhäusern; vor Großen Menschen, die aus dem Wasser kommen.«
»Aber Hilfe brauchen wir im Krieg«, sagte Éomer. »Wie wollt ihr uns helfen, du und dein Volk?«
»Kundschaften«, sagte der Wilde. »Wir gucken vom Berg. Steigen auf großen Berg, gucken runter. Steinstadt ist zu. Draußen Feuer, jetzt drinnen auch Feuer. Du willst hin? Musst eilen. Aber gorgûn und Menschen von weit weg« – er zeigte mit seinem kurzen, knorrigen Arm nach Osten – »sitzen auf Pferdestraße. Viele viele, mehr als Pferdemenschen.«
»Wie willst du das wissen?«, sagte Éomer.
Das platte Gesicht des Alten und die dunklen Augen verrieten keine Regung, aber seine Stimme wurde brummig vor Ärger. »Waldmenschen sind wild, frei, keine Kinder!«, antwortete er. »Ich bin großer Häuptling Ghân-buri-Ghân. Ich zähle viele Dinge: Sterne am Himmel, Blätter an Bäumen, Männer im Dunkeln. Ihr seid ein Dutzend Doppelhände, mal zwei Hände, mal ein Fuß. Sie sind mehr. Große Schlacht, und wer siegt? Und viele, viele mehr um Mauern von Steinhäusern.«
»O weh, was er sagt, ist nur allzu wahr!«, sagte Théoden. »Und unsere Kundschafter sagen, sie haben die Straße mit Gräben und Pfahlreihen gesperrt. Wir können sie nicht mit einer schnellen Attacke wegfegen.«
»Und schnell muss es gehen!«, sagte Éomer. »Mundburg steht in Flammen.«
»Lasst Ghân-buri-Ghân ausreden!«, sagte der Wilde. »Mehr als eine Straße kennt er. Wird euch Straße führen, wo keine Gruben, keine gorgûn, nur Waldmenschen und Tiere. Viele Wege wurden gemacht, als Steinhausvolk stärker war. Haben Berge zerschnitten, wie Jäger Fleisch von Tieren schneiden. Waldmenschen glauben, sie konnten Steine essen. Fuhren mit großen Wagen durch den Drúadan nach Rimmon. Fahren nicht mehr. Straße vergessen, aber nicht von Waldmenschen. Überm Berg und hinterm Berg liegt sie noch unter Gras und Baum, von dort hinterm Rimmon und bis zum Dîn, da zuletzt wieder auf Pferdemenschenstraße. Waldmenschen zeigen euch diese Straße. Dann tötet ihr gorgûn und vertreibt böses Dunkel mit blankem Eisen, und Waldmenschen schlafen wieder ruhig im wilden Wald.«
Éomer und der König redeten miteinander in ihrer Landessprache. Dann wandte sich Théoden an den Wilden. »Wir nehmen dein Anerbieten an«, sagte er. »Zwar lassen wir dann ein feindliches Heer in unserm Rücken, aber was tut’s? Wenn die Steinstadt fällt, gibt es für uns keine Heimkehr. Wird sie gerettet, so ist das Orkheer seinerseits abgeschnitten. Wenn du dich als treu erweist, Ghân-buri-Ghân, wollen wir dich reich belohnen, und für immer sollst du als Freund der Mark gelten.«
»Tote sind nicht Freunde von Lebenden und geben ihnen keine Belohnungen«, sagte der Wilde. »Aber wenn du nach der Dämmerzeit noch lebst, dann lass Waldmenschen in ihren Wäldern in Ruhe und jag sie nicht länger wie Tiere! Ghân-buri-Ghân führt euch nicht in Fallen. Er geht selbst mit Pferdemenschen-Vater, und führt er dich falsch, du tötest ihn.«
»So sei es!«, sagte Théoden.
»Wie lange wird es dauern, bis wir die Feinde umgangen haben und wieder auf die Straße kommen?«, fragte Éomer. »Wir müssen im Schritt reiten, wenn du uns führst; und der Weg ist sicherlich schmal.«
»Waldmenschen sind schnell zu Fuß«, sagte Ghân. »Weg ist für vier Pferde breit drüben im Steinkarrental«, er deutete mit der Hand nach Süden, »aber schmal am Anfang und am Ende. Waldmenschen
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