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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dick zu sein. Er hatte volles, glattes schwarzes Haar sowie ein jungenhaftes Gesicht mit einer breiten Nase und einem dicklippigen Mund, der ebenso Erstaunen wie auch Freude ausdrückte.
    »Da muss eine Verwechslung vorliegen«, sagte Niklas Michel mit unüberhörbar deutschem, leicht näselndem A k zent. Er bückte sich nach seinem Koffer und wollte sich davonstehlen, aber eine kräftige Hand packte seinen Arm und hielt ihn fest.
    »Ich dachte, Nico dei Rossi wäre tot«, flüsterte Bruno Sacchi.
      
      
      
    3. KAPITEL
Der Flüchtling
     
    Außerhalb von Nettuno, 1932
     
    Der Regen hatte wieder eingesetzt. Schluchzend stolperte der Junge durch die Dunkelheit. Wo sollte er hin? Zur Pol i zei? Das war keine gute Idee. Obwohl man Manzini allerlei Schurkereien nachsagte, hatte er angeblich nie auch nur eine Nacht im Gefängnis zugebracht. Er konnte sich fast nach Belieben Polizisten und Richter kaufen. Nico wischte sich mit dem Ärmel Tränen und Rotz aus dem Gesicht. Nein, er durfte nicht länger in Nettuno bleiben. Es gab wohl nichts, das mörderischer war, als sich Don Massimiliano zum Feind zu machen.
    Längst hatte er Nettuno in Richtung Westen verlassen. Bis zum Ortsrand von Anzio waren es nur etwa drei Kil o meter. In der größeren Nachbarstadt würde er leichter eine Mitfahrgelegenheit finden. Irgendwie musste er es bis nach Rom schaffen, bis zu Meister Davide.
    Nicos Vater hatte bei Davide Ticiani die Goldschmied e kunst und das Handwerk der Uhrmacherei gelernt. Die be i den waren mehr als Lehrherr und Geselle gewesen; eine enge Freundschaft hatte sie verbunden, die zuletzt auch Davides Frau und Emanueles Sohn mit einschloss. Mehr als einmal war Nico bei den Ticianis zu Gast gewesen, hatte von Salomias challot gegessen – die geflochtenen, mit Mohn bestreuten, nach ihrem ganz speziellen Rezept geb a ckenen Schabbatbrote – oder dem Meister in seiner Wer k statt bei der Arbeit zugesehen. Bis dorthin musste er ko m men, ohne von Manzinis Leuten geschnappt zu werden, dann würde es wieder Hoffnung für ihn geben.
    Hinter dem Jungen flackerten Lichter auf. Erschrocken fuhr er zusammen. Don Massimiliano kommt mich holen! Der Gedanke drohte ihn erneut zu lähmen, wie es gerade eben geschehen war, als er tatenlos den Mord an seinem Vater mit angesehen hatte. Von Schuldgefühlen und Furcht geschüttelt, stolperte Nico von der Straße und suchte hinter einer Pinie Deckung. Im Schutz des Baumes spähte er zum Ortsausgang hinüber. Die zwei Scheinwerfer kamen ohne allzu große Eile näher. Er hörte ein Röhren, das wunderbar zu einem asthmatischen Drachen gepasst hätte. Es schwoll an, verlor sich abrupt in einem mechanischen Knacken und gewann erneut an Intensität. Bei jedem knirschenden Schaltvorgang lief Nico ein Schauer über den Rücken.
    »Ein Lastwagen!«, flüsterte er. Würde Don Massimiliano ihn mit einem lahmen Transporter verfolgen? Nico kniff die Augen zusammen und summte seine kleine Melodie. Die Beine hatte er überkreuzt, als müsse er den feuchten Fleck in seiner Hose verdecken, und er zitterte vor Angst am ga n zen Leib. Wenn Manzinis Schläger in dem Fahrzeug waren, würden sie ihn fangen und ihn umbringen wie seinen Vater. Aber falls jemand anderer am Steuer saß …? Zu Fuß kon n te er seinen Verfolgern nicht entkommen. Er musste etwas tun, und zwar sofort.
    Nico trat auf die Straße hinaus und riss die Arme hoch.
    Der schwere Wagen dröhnte immer näher heran. Es hörte sich an, als schöbe jemand eine Ladung Felsbrocken über die Allee.
    »Halt!«, schrie der Junge.
    Der Laster donnerte weiter.
    Nico kniff die Augen zu und summte seine Angst hinaus.
    Plötzlich knallte es.
    Ein metallisches Kreischen scholl durch die Nacht. Die Bremsen quietschten, als könnten sie das scheinbar Una b wendbare nicht ertragen. Das schwere Fahrzeug schlitterte auf dem regennassen Pflaster auf den Jungen zu.
    Und kam etwa einen halben Meter vor ihm zum Stehen.
    Die Tür wurde aufgerissen, und ein ebenso großer wie breiter Mann kullerte heraus und keuchte: »Ist alles in Or d nung, Junge?«
    Nico stand da wie in Gips gegossen. Augen und Mund waren weit aufgerissen.
    Der Fahrer eilte zu ihm und begann ihn zu schütteln. »Mutter Maria, der Arme hat einen Schock!«, murmelte er und schüttelte weiter.
    Vielleicht war es der Weinatem des unrasierten Mannes, der Nico ins Hier und Jetzt zurückversetzte. Zuerst blinzelte er, dann fragte er: »Darf ich mitfahren, Signore?«
    Der Stoppelbart ließ ihn los und

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