Der Herr der Unruhe
bitten. Früh am Morgen ließ er sich von Doktor Fiorentino an den SS-Posten vorbei zur gehe i men Pforte fahren, und kurze Zeit später berichtete er D a vide, Nico und führenden Vertretern der jüdischen G e meinde über den Besuch im Vatikan.
»Alles lief sehr konspirativ ab. Nicht einmal die Schwe i zergardisten waren informiert. Der Doktor sagte ihnen, ich sei ein Ingenieur, der einige Wände prüfen sollte, die ger a de im Vatikan hochgezogen werden. Ihr werdet es nicht glauben, aber ich musste mir tatsächlich Pläne ansehen und so tun, als verstünde ich sie. Zum Glück erschien bald Ka r dinal Maglione. Ich sagte ihm: ›Das Neue Testament darf das Alte nicht im Stich lassen. Bitte helfen Sie mir. Um den Betrag zurückzuzahlen, biete ich mich selbst als Garantie an, und weil ich arm bin, werden die Juden der ganzen Welt helfen, die Schuld zurückzuzahlen.‹ Seine Exzellenz war sichtlich berührt und ging sofort zu Pacelli, dem Papst. W e nig später kehrte er zurück und teilte mir mit, dass ich um ein Uhr mittags wiederkommen solle. ›Sie werden die B ü ros leer antreffen‹, meinte er, ›aber zwei oder drei Angeh ö rige meines Stabes werden Sie erwarten und Ihnen ein P a ket aushändigen. Es wird keine Probleme geben.‹«
Als Zolli am selben Tag zum zweiten Mal im Vatikanp a last vorstellig wurde, ließ ihm das Oberhaupt der kathol i schen Kirche Unglaubliches mitteilen.
»Wir haben uns ermutigt gefühlt von der tapferen Haltung vieler Italiener, die Ihren Glaubensbrüdern in diesen No t zeiten Beistand leisten, und ließen einen Rundruf an unsere Pfarreien ergehen. Mit überwältigendem Erfolg, darf ich wohl sagen. Das Alte Testament wird vom Neuen nicht im Stich gelassen, Professor Zolli. Sie können dem Polizeichef Kappler mitteilen, dass Sie ihre fünfzig Kilo Gold beisa m men haben.«
Nico überbrachte die gute Nachricht sofort Johan und Lea in der Via Dandolo.
»Der Papst glaubt wohl, mit fünfzehn Kilogramm Gold die Schuld begleichen zu können, die er mit seinem jah r langen Schweigen auf sich geladen hat«, grunzte Johan.
»Schmonzes!«, konterte Lea. »Anstatt froh zu sein, b e klagst du dich.«
»Aber warum hat er das Moos nicht aus seiner Privatsch a tulle vorgestreckt? Ich denke, er ist stinkreich. Er hätte uns verrecken lassen, wenn seine Schäfchen in den Pfarreien pleite gewesen wären?«
»Ich kehre jetzt nach Nettunia zurück«, warf Nico ein. Manchmal ging ihm das Gezeter seines in die Jahre g e kommenen Meisters gehörig auf die Nerven.
»Was? Sofort?«, wunderte sich Johan.
»Bleib wenigstens noch die nächsten drei Tage bei uns, Nico! Morgen beginnt doch Rosch Haschana«, erinnerte Lea ihn an das jüdische Neujahrsfest.
»Darum schert sich Manzini wenig. Ich muss so schnell wie möglich seine Pläne aufdecken. Möglicherweise finde ich etwas in seinem Tresor, das ihn sogar bei den Deu t schen in Ungnade fallen lässt.«
»Pah! Und ich dachte, du willst ihn vor ein ordentliches Gericht bringen. Glaubst du allen Ernstes, die Nationalsoz i alisten wissen überhaupt, wie man das Wort ›Recht‹ buch s tabiert?«
»Vorerst würde es mir genügen, wenn sie ihn einsperren. Außerdem kann ich den Gedanken nicht ertragen, dass er mit seinen blutbefleckten Wurstfingern immer noch die Uhr meines Vaters angrabscht. Er hat sie nie bezahlt, also gehört sie rechtmäßig mir.«
Johan schüttelte den Kopf. »Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich dir gar nichts beigebracht. Dann geh halt hin und räum seinen Panzerschrank aus.«
»Wenn das so einfach wäre! Deshalb bin ich eigentlich zu euch nach Rom gekommen. Ich wollte euch um Rat fragen. Manzinis Arbeitszimmer wird von einem schießwütigen Fiesling bewacht.«
»Du bist doch der Leblosen Liebling. Lass dir etwas ei n fallen, um diesen Burschen für eine Weile kaltzustellen.«
»Gerne, wenn du mir sagst wie. Dieser Guido Valletta gehört zur Banda Koch …«
»Eine paramilitärische Einheit aus ehemaligen Polypen und Spitzeln – ich habe davon gehört.«
»Na jedenfalls, wenn er sich mal aufs Ohr haut, dann springt ein anderer Kumpan für ihn ein. Ich glaube, in das Zimmer komme ich nur mit der Infanterie, und ihr wisst, dass mir so etwas nicht liegt.«
»Na, dann hat meine Erziehung wenigstens ein Gutes g e habt. Gewalt erzeugt immer Gegengewalt, mein Junge, das darfst du nie vergessen.«
Nico nickte betrübt. »Was soll ich jetzt tun? Durch Wä n de gehen kann ich nicht, aber ich muss noch einmal in Manzinis
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