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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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als ein geordneter Rückzug. In losen Gruppen rannten die Partisanen in verschiedene Richtungen davon. Bruno hielt direkt auf die Grotte di Nerone zu.
    »Was hast du vor?«, keuchte Nico.
    »Wir fliehen in die Höhlen?«
    »Bist du verrückt? Da stecken wir doch in der Falle.«
    »Ja, das sollen sie glauben. Vertrau mir.«
    »Ich? Dir vertrauen?«
    »Nur noch dieses eine Mal, Nico.«
    »Vergiss es. Laura und ich werden in die Stadt fliehen.«
    »Da finden sie euch.«
    »Wir werden sehen. Viel Glück, partigiano. Komm, La u ra!«
    Nico rannte, ohne weiter auf Brunos Fluchen zu achten, mit ihr um die Ruinen herum, auf die Häuser zu. Inzw i schen hatte das Kampfflugzeug eine Schleife gezogen und perforierte den Strand mit einer zweiten Doppellinie.
    Das Paar rannte durch die leeren Straßen von Anzio. Auch hier hatten die Bombardements der letzten Wochen ihre Spuren hinterlassen.
    »Sollten wir uns nicht verstecken?«, fragte Laura atemlos.
    Nico spürte die Erschöpfung seines immer noch g e schwächten Körpers. Auch er war aus der Puste, als er keuchte: »Zu dicht am Strand … Sie werden uns suchen … Alles durchkämmen … Komm! Weiter!« Er zog an Lauras Hand, aber sie hielt ihn zurück.
    »Warte mal! Hörst du das?«
    Er lauschte. »Motorengeräusche. Könnte Verstärkung sein, die zum Strand ausrückt.«
    »Oder sie suchen uns schon. Wir müssen ihnen auswe i chen.«
    »Da lang!«, stieß Nico hervor und deutete auf eine N e benstraße.
    Wieder liefen sie durch die ausgestorbene Stadt, bis ihnen kaum noch Kraft zum Stehen blieb.
    »Ich hab Seitenstiche«, jammerte Laura.
    Nico deutete auf ein prachtvolles Jugendstilgebäude mit zwei Kuppeltürmen und einem großen, von Säulen getrag e nen Balkon über der Eingangstreppe. »Lass uns in das Haus da gehen und uns etwas ausruhen.«
    Das Schloss am Portal war jung und flexibel, es öffnete den beiden Flüchtigen geradezu überschwänglich die Pfo r ten. Kurz darauf saßen Nico und Laura aneinander gelehnt auf dem Boden eines großen Saals im ersten Stock. Durch das Sprossenfenster über ihnen konnte man die nähere U m gebung im Auge behalten.
    »Hast du überhaupt eine Ahnung, in was für einem Sü n dentempel wir uns hier gerade ausruhen?«, fragte Laura. Ihr Rücken lehnte an Nicos Brust.
    Er legte seine Wange auf ihr Haar. Wollte Laura die schrecklichen Bilder der vergangenen Minuten aus ihrem Kopf verbannen, dass sie ihn danach fragte? »Keine A h nung«, antwortete er sanft. »Es wird doch kein Bordell g e wesen sein?«
    Ihr Kopf rollte ein paar Mal hin und her. »Viel schli m mer! Für die heilige Mutter Kirche jedenfalls. Das Haus wurde von einem Signor Polli gebaut. Er wollte darin einen Kasinobetrieb aufmachen. Aber die katholische Kirche le g te Einspruch ein – du weißt, wie mächtig sie in Nettunia ist.«
    »Wohl nicht allein hier. Und was ist passiert?«
    »Obwohl dieses Gebäude bereits fix und fertig war, wu r de Signor Polli nie die Glücksspielzulassung erteilt. Es heißt, er habe kurz danach Selbstmord begangen.«
    »Das ist eine traurige Geschichte.«
    »Eine lustigere ist mir leider nicht eingefallen.«
    Er küsste ihren Scheitel. Selbst nach der unbequemen Nacht duftete ihr Haar für ihn wie frisch gepflückter Ja s min. »Du wirst auch wieder glücklichere Zeiten erleben, mein Täubchen.«
    Sie hob den Kopf und versuchte zu ihm hochzuschielen. »Wie nennst du mich?«
    »Oh, ist mir wohl so rausgerutscht. Das hat der Meister meines Vaters immer zu seiner Frau gesagt.«
    »Ich mag es, wenn du mich so nennst. Was ist aus den beiden geworden?«
    »Davide hält sich versteckt, und Salomia wurde von den Deutschen mit vielen anderen Juden eingefangen, in einen Eisenbahnwaggon gepfercht und in ein Lager westlich von Krakau deportiert.«
    »In Polen? Das ist ja schrecklich! Was tun die Deutschen mit diesen armen Menschen?«
    Nico schluckte. »Wer noch bei Kräften ist, muss Sklave n arbeit verrichten. Die Übrigen kommen in Gaskammern, wo sie einen qualvollen Tod sterben.«
    Laura schlug die Hände vor das Gesicht. »Beim Allmäc h tigen! Das habe ich nicht gewusst.«
    »Na ja, selbst den Deutschen muss wohl einleuchten, dass sie mit ihren Tötungsfabriken bei ihren Mitmenschen wenig Sympathien ernten können.«
    »In was für einer Welt leben wir nur, Nico?«
    »Es gibt dunkle Zeiten, in denen das einzige Licht die Hoffnung ist, die in uns glimmt. Du darfst nicht zulassen, dass sie erlischt.«
    »Sprich nicht immer von mir, als würde es dich

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