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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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solltest dein Mädchen schleunigst da rausholen.«
    »Genau das habe ich vor. Und zwar sofort.«
    Nico begab sich, von Signora Tortoras Dunstglocke ei n gehüllt, zur unterirdischen Geheimtür von Manzinis Palast. Dort machte er eine schreckliche Entdeckung. Die Tür war verrammelt. Obwohl er das Schloss problemlos hatte öffnen können, ließ sie sich keinen Fingerbreit bewegen. Verzwe i felt drehte sich Nico zur Tortora um, die mit einer Kerze hinter ihm stand.
    »Sie haben den ganzen Keller verbarrikadiert.«
    Ihre ohnehin schon runzelige Stirn furchte sich noch mehr. »Woher weißt du das?«
    »Das Schloss hat’s mir verraten.«
    »Ach so. Ist es zufällig mit Doktor Montis Radio ve r wandt oder verschwägert?«
    »Mir ist nicht zum Scherzen zumute, alte Frau.«
    »Wie hast du mich genannt?«
    »Entschuldigung. Ist mir so rausgerutscht. Was mache ich denn jetzt? An den Posten oben komme ich nicht vorbei. Aber ich muss Laura da irgendwie herausbekommen und in Sicherheit bringen.«
    »Hast du dir schon überlegt, wie ihr aus der Stadt en t kommen wollt? Ich meine, wenn du dein Mädchen nicht gerade still und heimlich entführst, dann wird die ganze Wehrmacht hinter dir her sein.«
    »Sie haben Recht. Ich brauche ein Transportmittel.«
    »Wie geht es deinem Schimmel?«
    »Wem?«
    »Na dem weißen Motorrad. Wie nanntest du es doch gleich …?«
    »Albino. Hab es im Wald beim Torre versteckt.«
    »Wenn du stramm marschierst, dann kannst du in einer Stunde, höchstens anderthalb dort sein. Hol’s dir. Roll es im Dunkeln in die Stadt zurück. Den Motor musst du au s lassen, damit dich niemand hört. Versteck es in irgende i nem verlassenen Haus.«
    Die Zuversicht, mit der die Tortora sprach, flößte Nico neue Hoffnung ein. Er konnte sogar ein kleines Lächeln aus sich herauspressen. »Sie hätten Hauptmann werden sollen, anstatt …«
    »Eine schlampige alte Vettel?«
    »Das haben Sie gesagt.«
    »Ist schon in Ordnung. Ich pflege meinen Ruf, so gut ich kann.« Wieder kicherte sie. »Vorschlag: Lass uns zunächst zum Lauschposten gehen, und du kitzelst für mich die Plaudertasche. Ich grase ein wenig den Äther ab, bis du mit dem Motorrad zurück bist. Vielleicht schnappt das Mikr o fon ja etwas Nützliches auf, das uns weiterhilft.«
    Nico überlegte nicht lang. »Gute Idee. So machen wir ‘s.«
    Die Sonne hatte sich bereits ins Tyrrhenische Meer g e senkt, als Nico nach Nettuno zurückkehrte. Es war nicht ganz ungefährlich gewesen, Albino aus dem Hain beim Torre Astura zu bergen, denn Kaltenreutter oder Hurz oder wer auch immer hatte dort mehrere Scharfschützen ve r steckt. Nico hatte lange regungslos am Waldrand liegen müssen, bis sich die getarnten Soldaten durch winzige B e wegungen verraten hatten. In einem weiten Bogen hatte er Albino am Lenkrad aus der Gefahrenzone geführt. Als er die Stadt erreichte, war es stockdunkel.
    Er versteckte das Motorrad bei Margerita Riccis Bäckerei, die immer noch arbeitete, weil die deutsche Kampfmoral von der regelmäßigen Versorgung mit frischem, möglichst dunklem Brot abhängig war. Hier arbeitete Orlando, ein Bruder von Dante Castaldi, der Nico seinerzeit von der E r schießung des armen Jungen mit den zwei Kneifzangen erzählt hatte. Der gesamte Castaldi-Clan gehörte zu den glühenden Bewunderern des Walzenbändigers. Teils über-, teils unterirdisch bahnte sich Nico seinen Weg zum Horc h posten.
    »Irgendwelche Neuigkeiten?«
    Signora Tortora, deren Ohr am Radiolautsprecher klebte, schreckte hoch. »Jungchen, du kannst doch eine schwerh ö rige Vettel nicht so erschrecken!«
    »Kommt überhaupt noch etwas aus der Kiste raus? Ich bin doch schon seit Stunden weg.«
    »Und ob, mein Lieber. Scheinst deine Gabe in letzter Zeit gut gepflegt zu haben, Jungchen. Allerdings murmelt die Plaudertasche nur noch ganz leise. Mit meiner Vermutung habe ich übrigens richtig gelegen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Die hecken irgendetwas gegen Manzini aus. Möglic h weise schon morgen früh.«
    »Was hast du gehört?«
    »Du weißt ja, die Mitteilungen sind alle verschlüsselt. Aber irgend so ein Obermacker ist in die Funkbude g e schneit, hat dem Mann am Mikrofon einen Zettel in die Hand gedrückt und sagte: ›Hau raus det Zeuch. Morjen früh heizen wa dem Juvanör ein, und danach jib’s ‘n Viehtrieb erster Klasse.‹«
    »O nein! Selbst wenn dieses ›Einheizen‹ nicht wortwör t lich gemeint ist …« Sein Hals schnürte ihm die Worte ab.
    »Werden sie Don Massimiliano und

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