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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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Gesundheitszustand die Zauber, die er gewirkt hatte, um uns zu schützen? Nach einigem Nachdenken tat ich diese Fragen jedoch als unerheblich ab. Selbst wenn es sich so verhielt – wie wahrscheinlich war es denn, dass sich nur das tote Kind infiziert hatte? Ich hatte nichts davon gehört, dass sonst noch jemand erkrankt war. Und das wäre mir mit Sicherheit zu Ohren gekommen, da die ganze Unterstadt in ständiger Angst vor dem Roten Fieber lebte. Die Seuche breitete sich aus wie, nun ja, wie es so eine Scheißseuche eben tut. Wenn sie wieder ausgebrochen wäre, dann wäre die gesamte Stadt in Aufruhr gewesen. Nein, ich glaubte nicht, dass das Fieber wieder grassierte, ebenso wenig wie ich glaubte, dass Caristionas Tod nichts mit ihrer Infektion zu tun hatte. Das war kein Zufall, obwohl ich beim besten Willen nicht erkennen konnte, was für eine Verbindung es da gab.
    Ich signalisierte Adolphus, mir noch ein Glas Ale einzuschenken, und spielte mit dem Gedanken, nach oben zu gehen und rasch ein Schläfchen zu machen. Doch Zeisig würde bald zurückkommen, und kurz danach musste ich aufbrechen. Nachdem mir Adolphus nachgeschenkt hatte, süffelte ich vor mich hin und lutschte und kaute an jedem Fitzelchen Information herum wie ein Kind an einem Bonbon.
    Nachdem einige Minuten vergangen waren, bemerkte ich, dass Zeisig wieder da war und neben mir stand. Beim Schwurhalter, der Junge konnte sich wirklich gut anschleichen. Entweder das, oder in meinem Kopf herrschte größere Wirrnis, als ich gedacht hatte. Ich beschloss, Ersteres anzunehmen. »Beim Schwurhalter, du kannst dich wirklich gut anschleichen.«
    Er grinste, sagte aber nichts.
    »Nun, was hast du zu berichten?«
    »Der Butler sagt, Lord Beaconfield sei unpässlich, aber du sollst trotzdem gegen zehn kommen. Er will mit dir sprechen.«
    »Er hat gesagt, er wolle persönlich mit mir sprechen?«
    Zeisig nickte.
    Ich hatte in der Tat auf ein Gespräch mit der Lächelnden Klinge gehofft, um vielleicht das eine oder andere herauszufinden, hatte aber angenommen, dass ich mich zunächst mit seinem Diener würde auseinandersetzen müssen. Warum wollte Beaconfield mit mir reden? Steckte da reine Neugier dahinter? Das morbide Interesse der Wohlgenährten an denjenigen von uns, die in den schäbigen Niederungen der Stadt ums Überleben kämpften? Irgendwie zweifelte ich daran, dass ich der erste Drogendealer war, den diese wandelnde Lasterhöhle kennengelernt hatte.
    Ich griff hinter die Theke, schnappte mir einen Federhalter und ein Stück Pergament und kritzelnde folgende kurze Mitteilung:
     
    Halt dich vorerst von der Lächelnden Klinge und seinen Leuten fern. Meide jeden, den er nach dir schickt. Komme morgen Mittag vorbei.
     
    Ich faltete das Pergament der Länge nach zusammen, drehte es um und faltete es nochmals der Länge nach. »Bring das zu Yanceys Haus und übergib es seiner Mutter«, befahl ich Zeisig. »Wahrscheinlich ist er nicht da, aber sag ihr, sie soll es ihm unbedingt geben, sobald er auftaucht. Danach hast du für heute Feierabend. Benimm dich und tu, was dir Adolphus sagt.«
    Zeisig flitzte davon.
    »Und untersteh dich, den Brief zu lesen!«, schrie ich ihm noch hinterher, vermutlich unnötigerweise.
    »Was ist los?«, fragte Adolphus mit leiser Stimme.
    »Eine Menge!« Ich schnappte mir meinen Mantel. »Wenn ich im Laufe des Abends nicht zurückkomme, dann richte Crispin aus, er soll sich Lord Beaconfield genauer ansehen, vor allem alle Ex-Militärs, die in seinen Diensten stehen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte ich mich um und trat, die lärmende Menge hinter mir lassend, in die Stille des Abends hinaus.

23
    Als ich mich dem Hintereingang von Beaconfields Anwesen näherte und sah, wie mir Dunkan freudestrahlend zuwinkte, wurde ich zumindest äußerlich etwas lockerer. »Ich dachte schon, ich würd dich verpassen. Meine Schicht ist nämlich bald zu Ende, und dein Junge wusste nicht genau, wann du kommst.«
    »Hallo, Dunkan«, sagte ich und schüttelte ihm mit breitem Grinsen die Hand, die er mir entgegenstreckte. »Hoffe, du frierst dir hier nicht den Arsch ab.«
    Er lachte fröhlich, obwohl sein Gesicht fast so rot wie sein Haar war. »Der ist kälter als die Nippel einer alten Vettel, wie mein Vater immer sagte! Aber unter uns gesagt, habe ich mich mit einer Geheimwaffe gewappnet, um dem Ansturm des Winters zu trotzen.« Er zog eine Flasche ohne Etikett aus der Jacke und schwenkte sie einladend hin und her. »Wie wär’s mit einem

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