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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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doch irgendwie wirkte unser Schweigen diesmal intensiver als sonst.

25
    Ich setzte den Jungen an der Kneipe ab und machte mich zu Yancey auf. Je mehr ich über das gestrige Gespräch mit Beaconfield nachgrübelte, desto weniger gefiel es mir. Er wusste, wo ich wohnte – dagegen konnte ich nichts machen. Doch wenn der Herzog beschloss, etwas gegen mich zu unternehmen, würde er sich zuerst an den Reimer halten, und das konnte ich möglicherweise verhindern.
    Sachte klopfte ich gegen die Tür, die sich gleich darauf öffnete. Vor mir stand Yanceys Mutter, eine Eiländerin Mitte fünfzig, aber immer noch sehr hübsch und mit freundlichen braunen Augen, die große Vitalität ausstrahlten. »Guten Morgen, Mrs.   Dukes. Es ist mir eine Freude, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen.« Ma Dukes hatte etwas, das den Höfling in mir hervorkitzelte.
    Sie tat mein Kompliment mit einer Handbewegung ab und umarmte mich. Dann schob sie mich von sich und hielt mich mit ihren langfingrigen Händen bei den Handgelenken fest.
    »Warum haben Sie sich in der letzten Zeit nicht mehr bei mir blicken lassen? Haben Sie sich eine Freundin angelacht?«
    »Hatte viel zu tun. Sie wissen ja, wie das ist.«
    »Ich weiß vor allem, was Sie treiben. Und warum sind Sie auf einmal so förmlich?«
    »Das ist nur Ehrerbietigkeit, wie sie einer verehrten Matriarchin gebührt.«
    Sie lachte und führte mich ins Haus.
    Ganz unabhängig von der Jahreszeit war es bei Yancey zu Hause immer warm und hell. Die Eiländer standen in dem Ruf, die größten Seefahrer der Dreizehn Lande zu sein, und viele von ihnen dienten bei der Königlichen Marine. Das traf auch auf ihren ältesten Sohn zu, der neun Monate des Jahres auf See war. Doch auch mit einem Bewohner weniger wirkte das Haus noch überfüllt, war es doch mit Kuriositäten vollgestopft, die ihr Ältester in fremden Häfen erworben hatte, sowie mit Yanceys Sammlung von Trommeln und seltsamen, handgeschnitzten Instrumenten. Ma Dukes brachte mich in die Küche und wies auf einen Hocker, der am Tisch stand.
    »Haben Sie schon gegessen?«, fragte sie, während sie mir aus den Töpfen und Pfannen, die auf dem Herd vor sich hin dampften, etwas auf einen Teller tat.
    Das hatte ich noch nicht. Deshalb machte ich mich mit großem Appetit über den Lunch her, der aus Bratfisch und Gemüse bestand.
    Nachdem sie ihre Pflicht als Gastgeberin erfüllt hatte, nahm Ma Dukes mir gegenüber Platz. »Gut, was?«
    Den Mund voller Zwiebeln und Paprikaschoten, nuschelte ich etwas Zustimmendes.
    »Ein neues Rezept. Hab ich von einer Freundin. Esti Ibrahim.«
    Ich stopfte mir ein weiteres Stück Kabeljau in den Mund. Wir waren also wieder beim Thema – irgendwann war Ma Dukes nämlich zu der Überzeugung gekommen, dass all meine Probleme daher rührten, dass es in meinem Leben keine Eiländerin gab, die das Bett mit mir teilte und Mahlzeiten für mich zubereitete. Diesem Mangel wollte sie unbedingt abhelfen. Das machte meine Besuche bei ihr ein wenig strapaziös.
    »Eine Witwe. Wunderschönes Haar. Jemand Besseren könnten Sie kaum finden.«
    »Ich glaube nicht, dass ich zurzeit ein geeigneter Kandidat für so was bin. Aber erinnern Sie mich daran, wenn wir uns das nächste Mal sehen.«
    Leicht enttäuscht schüttelte sie den Kopf. »Stecken Sie wieder mal in Schwierigkeiten? Man darf nichts anbrennen lassen, beim Erstgeborenen. Und so jung sind Sie ja auch nicht mehr. Eher in meinem Alter als in dem Yanceys, oder?«
    Das war nun doch ziemlich übertrieben.
    »Er ist auf dem Dach.« Sie klatschte mir mit einem feuchten Geschirrtuch auf den Arm. »Sagen Sie ihm, wenn er will, kann er zum Essen kommen.« Ihre Augen nahmen einen stahlharten Ausdruck an. »Halten Sie ihn aus allem raus, in das Sie sich verstrickt haben – vergessen Sie nicht, dass Sie bei mir zu Gast sind.«
    Ich hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und ging nach oben.
    Yanceys Haus grenzt an die Beggar’s Ramparts, eine tiefe Schlucht, die als Grenzlinie zwischen den Eiländern und den weißen Bewohnern der Docks dient. Der Boden der Schlucht war voller Müll, dessen Anblick den Gedanken, diese Vertiefung sei eine Bereicherung der Landschaft, Lügen strafte – doch von oben hatte die Lücke im Stadtbild durchaus ihren Reiz. Als ich aufs Dach kam, zündete sich der Reimer gerade ein zusammengerolltes, mit Traumranke gestopftes Bananenblatt an. Schweigend genossen wir eine Weile sowohl den Joint als auch den Ausblick.
    »Ich muss dich um zwei Gefallen bitten«,

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