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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorbei.
    Noch einmal versuchte er es. Und wieder hoffnungslos …
    Paul Legrand fühlte die Schwäche in sich aufsteigen. Und mit der Schwäche etwas anderes: Zorn und Scham – und Ekel. Ekel über sich selbst.
    Aber er wollte nicht aufgeben. Noch nicht. Er sah die Kleine an und nickte in Richtung Bett.
    Die Italienerin begriff. Vier, fünf Schritte, graziös, kokett, das ja, und schon warf sie sich auf ihre Freundin, schon spielten sie, keuchten, stöhnten ihm etwas vor. Legrand betätigte den Lichtregler und wußte: Nichts als Komödie. Er kannte die Weiber doch, kannte ihre Haut, wußte, wie es aussah, wenn sie scharf wurden, kannte die verräterische, sanfte Rotfärbung an Nacken und Hals.
    Doch nichts, kein Hauch davon. Billiges Schmierentheater für sein gutes Geld …
    Lucette blinzelte ins Licht. »Was soll denn das? Drehst du 'nen Film?«
    »Ich?« schrie Legrand nun völlig außer sich. »Den Film dreht ihr doch!«
    Er schnellte aus seinem Sessel hoch, blickte auf sie herab, blickte auf ineinander verschlungene Körper, auf Schultern, Brüste, Schenkel und fühlte, wie sich ihm der Magen zusammenzog. Sein Kopf schmerzte. Aus der Übelkeit wurde Wut. Eine Wut, die ihm die Kiefer zusammenpreßte.
    Paul Legrand rannte ins Bad, schlug die Tür hinter sich zu und zog sich hastig an.
    Remo war an der Bar und polierte Gläser. »Monsieur? Was ist?«
    Glotzt und weiß natürlich alles. Weiß alles schon lange. Quatscht mit den Weibern, grinst, lacht – und kassiert. Feuern werde ich ihn, feuern!
    »Sie gehen noch aus? Und die Mädchen?«
    »Schaff mir den Schrott von Bord. Und zwar schnell. Und noch was, Remo: Richte mir eine Gästekabine her … In mein Bett steige ich nicht mehr, bis die ganze Bude desinfiziert ist.«
    Remo nickte gemessen.
    Er sah Legrand nach, wie er von Bord stürmte und in dem nächtlichen Gewühl am Kai verschwand.
    Verrückt wie tausend Mann … Aber das ist nicht alles, dachte Remo. Irgendwie ist er wirklich krank im Hirn …
    »Chivas«, sagte Legrand. »Einen großen.«
    Er hatte seinen Stammplatz im L'Escale, und er liebte ihn. Nirgends ließ sich so gut beobachten, wie sich die Menschheit auf das reduzierte, was sie war: Idiotische Rollenspieler, alle, ohne Ausnahme … Und die Schlimmsten blieben die alten Saftsäcke mit ihren jungen frisch eingekleideten Geliebten, ekelerregende Trottel wie du …
    Wenn bloß die Kopfschmerzen, diese Stiche nicht wären …
    Legrand kippte den zweiten Whisky und sah sich um: feuchte, geschminkte Lippen, glitzernde Drogenaugen, Sekretärinnen, die Filmsternchen spielten, Hausfrauen mit Schmachtblicken und all die Böcke dazu, deren Hirn nur einen Gedanken produzierte: Ficken, ficken … Nutten, Unzucht, Schmutz und Schweine …
    Die Stimme wehte heran wie so oft in solchen Situationen, kam aus der Nacht, drängte sich in ihn, übertönte das Hämmern in Legrands Schädel: »Du weißt, daß das Sünde ist … Und du hast es trotzdem getan. Du brichst mir das Herz …« Die Stimme seiner Mutter …
    Er schloß die Augen und sah ihr bleiches, von Kummer zerfurchtes Gesicht, spürte, wie sie das Leintuch zurückschlug, spürte ihre Hände, die seinen Bauch untersuchten, feststellen wollten, ob ›es passiert sei‹, hörte ihr Schluchzen, weil es so war.
    Dann, beim dritten Whisky, kam der Gedanke und schnitt wie ein Beilhieb durch sein Bewußtsein.
    Nicht geduscht!
    Du warst mit der Blonden zusammen und hast dich nicht geduscht!
    Legrand warf ein Franc-Bündel auf den Tisch, hastete zur ›Repos‹ zurück. Remos Ganoven-Visage blieb unsichtbar, Gott sei Dank. Legrand rannte in eines der Gästebäder, riß sich die Kleider vom Leib. Er ließ die Dusche laufen.
    »Eines Tages ist es soweit. Du wirst schon sehen, du häßlicher Junge. Du wirst es erleben. Mama hat recht. Eines Tages wirst du am lebendigen Leib verfaulen …« Er schrubbte, bürstete, bis er krebsrot wurde. Dann betastete er sich. Das tat er immer, und diesmal tat er's gründlich. Er schob die Hoden beiseite, ließ die Fingerkuppen ins Fleisch sinken – und erstarrte.
    Da – was ist das? Wie ein Kirschkern, nein größer, viel größer … Etwas, das nicht zu dir gehört, das … das …
    O Gott!
    Die Panik ließ ihn in die Knie sinken. Er zitterte. Er hockte lange unter dem heißen Peitschen des Wassers und versuchte, sich gegen das schreckliche Wort zu wehren. Schließlich schleppte er sich in die Kabine. Es war zwei Uhr dreißig morgens …
    Meunier, dachte er, Meunier kriegst du um

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