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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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wie an seine Frau... Sie haben sich doch mit Signora Sabricci in Verbindung gesetzt?«
    »Ja, allerdings. Das stimmt!«
    »Und? Konnte Sie Ihnen weiterhelfen?«
    »Ich denke mal eher, dass ich ihr weitergeholfen habe...«, erwiderte ich selbstbewusst.
    Der Alte hatte mir gegenüber wieder Platz genommen und betrachtete mich skeptisch über seine Halbrundbrille hinweg, die Hände dabei gefaltet, auf der Tischplatte ruhend, ganz der Kirchenmann, der er war.
    »Die Ehe der beiden ist nun zerstört!«, stellte er vorwurfsvoll fest.
    »Das war sie in dem Moment, als Signore Sabricci damit begonnen hat, seine Frau zu belügen. Fragen Sie sie...«
    »Ach ja, die Sache...«
    »Genau! Da war doch was?« Mir ging dieses Verdrehen der Tatsachen gründlich gegen den Strich.
    »Nun gut. Dennoch denke ich, dass Sie einer fixen Idee erlegen sind, indem Sie dem verwirrten Geist dieses armen Jungen hinterherjagen. Und ich befürchte, damit richten Sie erheblich mehr Schaden an, als Sie es erahnen. An der Sache ist nichts dran, kleiner Koch...«
    Ich überhörte die letzte Bemerkung, schlug den Aktendeckel auf und wusste im selben Moment, dass er damit unrecht hatte.
    Die Akte zu Adriano Chipillo existierte so nicht mehr.
    Ein Haufen leerer Blätter - sonst nichts. Ich verzichtete auf einen Kommentar, als ich sie Padre Almetti über den Tisch reichte und beobachtete fasziniert, wie der Hochmut des alten Mannes urplötzlich in sich zusammenbrach, wie ein Kartenhaus.
    »Ich... kann mir das nicht... erklären...«, stammelte er fassungslos, während er die leeren Seiten immer wieder durch seine beringten Finger wandern ließ.
    »Es ist nicht so kompliziert...«, erwiderte ich ruhig. »Adriano Chipillo will nicht gefunden werden. So einfach ist das...«
    »Ja, aber, um Gottes Willen, warum?«
    »Tja, warum?« Ich hatte meinen Blick auf Danieles Aufzeichnungen gerichtet, die anklagend in ihrem Umschlag neben dem leeren Aktendeckel auf dem Schreibtisch lagen. »Was meinen sie wohl, warum?«
    ·
    Als ich ins Hotel zurückkehrte lag Shiro auf dem Bett und schlief tief und fest. Ich wusste, dass ich ihn nicht wecken würde, denn das Dröhnen des hoteleigenen Fernseher schwallte mir nach dem Öffnen der Tür wie eine gewaltige Bugwelle entgegen: MTV Clipcharts, so was in der Art.
    Also regelte ich den Lärmpegel etwas nach unten, zog mich aus und ging erst einmal unter die Dusche.
    Wir waren am Ende der Reise angelangt. Da war ich mir ziemlich sicher. Wir hatten herausgefunden, wer Daniele und auch Shiro all das angetan hatte. Wir wussten nun, wer er war.
    Nur warum er das getan hatte, das wussten wir nicht.
    Ein heißer Strahl Wasser lief über meinen Rücken, gerade so, dass ich die Temperatur noch ertragen konnte. Ich liebte das. Schon immer. Da war ich der Einzige in der Familie, dem das so ging. Und da musste ich plötzlich an Daniele denken. Daniele mit seinem 'Limit-Kick'. Der hätte jetzt noch heißer gedreht, war ich mir sicher, viel heißer! Die Erinnerung versetzte mir einen fiesen Stich, tat weh...
    Daniele fehlte mir. Nicht im konkreten Sinne. Es war eher so, dass ich immer dann, wenn ich gar nicht damit rechnete, an ihn denken musste, so wie in diesem Moment, unter der Dusche.
    Und ich träumte viel von ihm. Gedanken lassen sich ja noch beiseite schieben, in eine Richtung lenken, auf jeden Fall kann man sie irgendwie steuern, doch Träume?
    Zu dem Wasser, das meinen Körper hinabrann, hatten sich ein paar Tränen gesellt. Wenige, stille Erinnerungstränen. Etwas Liebe, etwas Schmerz - solche eben.
    Es war an der Zeit, das mit 'Ele abzuschließen.
    Weiter würde ich nicht kommen, damit musste ich mich abfinden.
    Ich stellte das Wasser ab, tastete mit geschlossenem Auge nach meinem Handtuch, stieg aus der Dusche und begann mir die Haare zu trocknen.
    Jetzt hieß es, nach vorne zu blicken und das alte Leben wieder aufzunehmen.
    Erst nach einer ganzen Weile registrierte ich den Vibrationsalarm meines Handys, das ich auf den Waschtisch gelegt hatte. Dieses Geräusch war so fremd für mich in Catanzaro, dass ich es einfach überhört hatte...
    ·
    »Ich hab die Bilder, die du wolltest...«
    Es war Pius, und er klang aufgeregt.
    Im ersten Moment verstand ich überhaupt nicht, wovon er sprach, war noch viel zu sehr in meinen eigenen Kosmos vertieft, doch plötzlich begriff ich! Mein Gott, die Fotos! Ja, klar doch! Darum hatte ich ihn ja gebeten; Fotos von Adriano . Nicht zu fassen, dass er tatsächlich daran gedacht hatte.

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