Der Herzberuehrer
gegeben...«
»Hattest du denn Schmerzen? ...Hast du dich... gespürt...?«
»Oh jaaa...«
Nun konnte ich an seinem leicht verhangenen Blick erkennen, wie sehr sie ihn sediert hatten. Dafür sprach auch seine gute Laune. Irgendwie schwebte er dank Pharmazie gerade irgendwo auf Wolke sieben.
»Es tat... sehr weh...« Ein Grinsen...
Aus einem Impuls heraus wollte ich ihm über seine Stirn streichen, ihm zeigen, dass er nicht alleine war, doch ich konnte es nicht. Etwas sperrte sich in mir.
»Weißt du, wer dir das angetan hat?«, fragte ich stattdessen.
»Das hat mich die Polizei auch schon gefragt...«
»Und?«
»Ich habe ihnen... nichts verraten...« Er lächelte wieder schlafwandlerisch, während er mich dabei ansah, als entdecke er völlig neue Details in meinem Gesicht.
»Aber du weißt, wer es getan hat...?« Im Grunde kannte ich die Antwort, und es folgte, wie ich erwartet hatte ein langgedehntes Nicken.
»Aber... gesagt... hab ich nichts...«
»Ja, aber... Himmel... warum nicht?«
Nun folgte ein völlig erstaunter Gesichtsausdruck, voller Fragen und Wirrnis, so, als wäre meine Äußerung die mit Abstand absurdeste, die man nur von sich geben konnte, in einer solchen Situation.
»Weil sie Ärger bekommen würden, darum... Und weil ich Ärger bekommen würde, darum... darum...«
»Sie haben dir gedroht?«, stellte ich mehr fest, als das ich es fragte, und es folgte wieder das Nicken.
»Wer waren sie?«
Kopfschütteln.
»Weißt du denn, warum sie das getan haben?«
Wieder Kopfschütteln, doch plötzlich blinkte in seinem rechten Auge so etwas wie eine Erkenntnis auf. »Weil sie mich nicht mögen?« Ein erstaunter Blick in meine Richtung.
»Sie mögen dich also nicht, aha!« Damit waren wir schon mal einen Schritt weiter. »Weißt du denn, warum sie dich nicht mögen.«
Träges Kopfschütteln. »Sie haben das L'amo verlassen...« Nun klang er traurig.
»Das L‚Amo verlassen... Waren sie Gäste?«
»Wiesooo, nein... keine Gäste...« Er lachte still in sich hinein, fand die Vorstellung wohl irrsinnig komisch.
Ich wusste nun was ich wissen wollte, hatte zumindest so eine Ahnung, und mir war klar, dass ich hier auch nicht mehr ausrichten konnte.
Daniele brauchte jetzt vermutlich vor allem Ruhe. Ich zeigte ihm die Sachen, die ich mitgebracht hatte, legte die Kleidung in seinen Spind, organisierte auf der Station eine Schale für das Obst und verabschiedete mich von ihm mit einem zarten Kuss zwischen Verband und geklammerter Stirn. Aber da war er schon eingeschlafen.
·
Die Gini Cargo Ltd. befand sich gut eine halbe Stunde hinter Genova, Richtung Savona.
Laut Navigationssystem bog ich nach rund zwanzig Kilometern rechts ab und landete nach kurzem in einem völlig heruntergekommenen Gewerbegebiet.
Ich lenkte meinen Spider an leerstehenden Lagerhäusern, rostigen Containern, ausgedienten Schotterwegen und abgefahrenen Teerstücken vorbei, die einst als Zufahrtsstraßen zu den einzelnen Firmen gedient haben mussten. Unkraut hatte sich hier breit gemacht. Unkraut, Schlaglöcher und Müll.
Die Gini Cargo Ltd. war ein langgestreckter, ehemals weißer Blechbau, vor dem drei MAN-Trucks mit dem leuchtend blauen Schriftzug des Unternehmens parkten. Nicht die neuesten Modelle, aber optisch topp, immerhin. Ich parkte meinen Wagen links neben dem Gebäude unter einem grau gefleckten Wellblechdach und stieg aus. Weit und breit schien Gini Cargo das einzige Unternehmen zu sein, in dem es noch was zu tun gab. Langsam ging ich die fünf Stufen einer verzinkten Stahltreppe hinauf, die seitlich des Gebäudes auf eine betonierte Rampe führte. Eine Fahne mit dem Firmenlogo wehte schlapp im Wind und warf unruhige Schatten auf eine offen stehende Alu-Glastüre, durch die man augenscheinlich in die Geschäftsräume von Gini Cargo gelangte.
Ein Blick durch den Türrahmen zeigte einen kahlköpfigen Enddreissiger von kräftiger Statur, der an einem lindgrünen Resopalschreibtisch über einem Stapel Papiere brütete. Sein Gesicht wurde von einem Monitor beschienen, der rechts neben ihm stand.
Das musste Lucio sein, von dem Pius mir vorgeschwärmt hatte. Lucio aus Turin. Ich erinnerte mich schlagartig daran, dass dieser Typ voll und ganz seinem früheren Beuteschema entsprach.
Ich klopfte gegen die Blechwand und sah in ein verblüfftes Augenpaar, dass mich überrascht musterte.
»...Ja? Und...?«
»Die hier hat mir Pius gegeben...« Ich wedelte mit der Visitenkarte von Gini Cargo. »...Ich hätte ihn gerne
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