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Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Titel: Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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einem gewissen Punkt sogar verstehen, aber ich würde keinesfalls freiwillig darauf eingehen. Wer ließ sich schon gerne opfern?
    »Es wird Ihnen nicht das Geringste helfen, wenn Sie mich der Kreatur ausliefern«, unternahm ich einen letzten Versuch, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Noch einmal konzentrierte ich mich, um mir einzuprägen, wo seine Begleiter standen. Sie hatten uns eingekreist, und solange ich nicht mehr als schattenhafte Umrisse von ihnen sah, konnte ich nicht einmal herausfinden, an welcher Stelle wir den Kreis am ehesten sprengen konnten. Es blieb auch nicht genügend Zeit, um mich mit Jeff abzusprechen. »Diese Spinnenkreatur würde nur noch stärker werden und...«
    »Worte, nichts als Worte«, blaffte Carringham. »Aber Sie können uns nicht täuschen. Dieser Spuk wird erst ein Ende haben, wenn Sie tot sind!«
    Er brauchte nicht erst einen entsprechenden Befehl geben. Als wären seine Worte ein Kommando gewesen, rückten die Menschen auf uns zu. Ich hörte Jeffs hektischen Atem, und da ich immer noch meine Hand auf seiner Schulter liegen hatte, spürte ich, wie sein Körper sich spannte.
    Die Zeit des Redens war vorbei. Hände griffen nach mir, und ich vernahm Kampfgeräusche, als Jeff sich gegen die Angreifer zur Wehr setzte. Blindlings schlug ich mit dem Stock zu, vernahm einen Schmerzensschrei und stieß nach.
    Die Hände verschwanden, aber es kam sofort neue. Ein Schlag traf mich im Gesicht und ließ mich zurücktaumeln. Im offenen Kampf waren wir der Überzahl hoffnungslos unterlegen, und ich sah nur eine Möglichkeit, wie wir unseren Kopf aus der Schlinge ziehen konnten.
    Es war nicht das erste Mal, daß ich versuchte, einer größeren Menschenmenge meinen Willen aufzuzwingen, aber dazu hatte ich stets Blickkontakt zu den Menschen gebraucht. Diesmal mobilisierte ich die Macht, ohne sie zielgerichtet einsetzen zu können, und im gleichen Moment schwor ich mir, es niemals wieder zu tun.
    Es war grauenhaft.
    Einen entsetzlich langen Moment lang spürte ich, wie eine Flut brodelnder Schwärze aus mir hervorbrach, und ich spürte auch noch, wie sie auf die Menschen traf, dann verlor ich den Kontakt zu dem, was ich selbst hervorgebracht hatte.
    Es war, als stünde ich im windstillen Zentrum eines Orkans. Um mich herum tobte ein so unbeschreibliches Chaos, daß ich geradezu froh war, es nicht mitansehen zu müssen, sondern die Wirkung nur in abgeschwächter Form zu empfinden. Menschen wurden wie Puppen umhergeschleudert und verwandelten sich in wimmernde und schreiende Bündel. Der Wahnsinn griff nach ihnen, und ich konnte nicht einmal feststellen, ob die Menschen meinen Angriff überhaupt überlebten.
    Eine wattige Leere war in meinem Kopf, als schlagartig die unnatürliche Ruhe des Todes um mich herum einkehrte.
    Dann spürte ich Finger, die sich um meinen Arm krallten und so fest zudrückten, daß es schmerzte.
    »Bei Gott!« keuchte Jeff Conroy. »Was war das?«
    »Ich weiß es nicht«, log ich. »Komm, wir müssen weg hier. Es wird nicht lange dauern, bis sie wieder aufwachen.« Ich sprach die Worte laut aus, aber in Wirklichkeit dienten sie nur dazu, mich selbst zu trösten. Ich wußte nicht einmal, ob diese Menschen jemals wieder aufwachen würden, aber ich hoffte es mit aller Inbrunst.
    »Das... das waren Sie, Mr. Craven«, stieß Jeff anklagend hervor. »Sie haben sie umgebracht!«
    Ich hätte nicht gedacht, daß er sich dazu hinreißen lassen würde, aber er packte mich am Kragen und schüttelte mich mit einer Kraft, die ich seinem schmächtigen Körper nicht zugetraut hätte. »Sie haben sie umgebracht!« schrie er noch einmal. Es dauerte einen Augenblick, bis ich mich wieder gefaßt hatte, aber dann streifte ich seine Hände mühelos ab. Er wehrte sich nicht einmal.
    »Geh zu ihnen und sieh sie dir an«, befahl ich. Es kostete mich Mühe, die Worte auszusprechen. Was würde geschehen, wenn er herausfand, daß die Menschen wirklich tot waren? Ich hätte es nicht ertragen, zu einem Mörder geworden zu sein, und es änderte auch nichts, daß ich in Notwehr gehandelt hatte. Aber ich mußte Gewißheit haben.
    Jeff entfernte sich, und obwohl er bestimmt ein Dutzend Schritte gegangen war, konnte ich sein erleichtertes Aufatmen hören. Seit ich nicht mehr sehen konnte, hatte ich das Gefühl, als ob mein Gehör ständig an Schärfe gewinnen würde. Die unerträgliche Spannung wich von mir. Am liebsten hätte ich vor Erleichterung laut zu lachen begonnen.
    Jeff ging von einem zum anderen.

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