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Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Titel: Der Hexer - NR48 - Geistersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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lächelte ich ihm zu und sah, wie eine einzelne Träne der Rührung über seine faltige Wange lief. Es tat gut, so viele gute Freunde an diesem Freudentag um mich zu wissen, die mein Glück mit mir teilten.
    Kurz darauf entdeckte ich auch Roderick Andara, meinen Vater, der zusammen mit einer hübschen Frau ein Stück seitlich von mir saß. Ohne sie je gesehen zu haben, wußte ich, daß die Frau meine Mutter war.
    Mein Vater! Meine Mutter!
    Ich wollte auffahren, war aber wie gelähmt.
    Etwas stimmte nicht. Meine Eltern waren tot; vor vielen Jahren gestorben, ebenso wie zahlreiche andere Anwesende.
    Sie waren tot! Tot! TOT.
    Der Gedanke entglitt mir wieder, bevor ich ihn richtig fassen konnte. Ich nickte kurz in Andaras Richtung.
    Alles in Ordnung, Dad, du kannst stolz auf mich sein, und du auch, Mum. Ich bin froh, daß ihr gekommen seid. Nachher werden wir Gelegenheit haben, uns ausführlich über alles zu unterhalten.
    Erneut versuchte ich, mich auf die Worte des Priesters zu konzentrieren. Erst jetzt erkannte ich, daß es sich um Dagon handelte. Wo er stand, bildete sich langsam eine grünlich schimmernde Pfütze auf dem Stein. Abn el Gurk Ben Amar Chat Ibn Lot Fuddel der Dritte, mein gnomenhafter Freund aus der elften Dimension, der mich in düsteren Stunden schon oft mit seinen lustigen Späßchen aufgeheitert hatte, thronte auf seiner Schulter und grinste mich fröhlich an, während er seine Faxen schnitt. Niemand schien etwas Anstößiges daran zu finden, und auch ich amüsierte mich köstlich.
    Schließlich war es soweit, daß Pri und ich die Trauringe wechselten, und dann wurde sie von Dagon aufgefordert, den Schleier zu lüften, damit ich unsere Trauung mit einem Kuß besiegeln konnte.
    Mit einem Ruck schlug sie den Schleier zurück.
    Ich schrie gellend auf.
    Zwei schleimige, fast schwarze Blutfäden rannen aus den zerfransten Löchern, die einmal ihre Augen gewesen waren. Kleine, weiße Maden krochen über ihre Lippen. Ihre Haut war nicht glatt und zart, wie ich sie kannte, sondern faltig wie die einer uralten Frau; zudem mit Warzen und Runzeln übersät. Eine abgrundtief häßliche und ekelerregende Fratze grinste mich an, doch damit war das Grauen noch nicht beendet.
    Priscylla (Priscylla???) alterte noch weiter. Binnen weniger Sekunden verflossen für sie Jahre, binnen einer Minute Jahrzehnte. Ihr Gesicht trocknete aus und fiel ein; das Fleisch verdörrte, und schließlich spannte sich nur noch mumifizierte, an Pergament erinnernde Haut über ihren Knochen, bis auch diese zu Staub zerfiel und nur ein Totenschädel übrig blieb, in dessen leeren Augenhöhlen immer noch ein verzehrendes Feuer brannte, und auf dessen Zügen auch jetzt noch ein satanisches Grinsen lag. Ihre verfaulten Zahnstümpfe bewegten sich, als sie zu sprechen versuchte.
    »Nun sind wir für alle Zeit vereint, Robert«, sagte sie mit brüchiger Stimme. Es klang wie das Knistern jahrhundertealten Papiers.

    * * *

    Es war spät geworden.
    Die Untersuchungen waren schon seit fast einer Stunde abgeschlossen, und so lange saßen sie in dem Konferenzraum zusammen, ohne daß sie bisher eine Einigung hatten erzielen können. Träge schwebte eine übelriechende Wolke aus Zigarren- und Pfeifenrauch unter der Decke. Ein paarmal waren die Fenster schon geöffnet worden, ohne daß es viel half, denn bei der hereinfauchenden Februarkälte und dem Schneeregen konnten sie nicht lange geöffnet bleiben, ohne daß man die Wahl zwischen Ersticken oder Erfrieren hatte.
    Die Fronten lagen klar. Denham ließ seinen Blick über die Gesichter der anderen gleiten.
    Williams und Porter hatten sich aufgrund der Untersuchungen seiner Meinung angeschlossen, daß Priscylla kerngesund wäre und es keinen Grund gäbe, sie noch länger in der Klinik zu halten. Es gab viele Anmeldungen, und das Bett wurde dringend gebraucht.
    Brown, Parker und Jameson waren anderer Ansicht, was einen Stimmengleichstand bedeutete, während eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Entscheidung erforderlich wäre. Seit Jacksons Tod hatte sich ihr zahlenmäßiges Gleichgewicht ungünstig verschoben.
    »Sieht schlecht aus«, sagte Williams leise und beugte sich herüber. »Wenn wir nicht bald eine Einigung erzielen können, werde ich ebenfalls für eine weitere Beobachtung stimmen. Meine Frau erwartet mich, ich möchte endlich nach Hause.«
    Denham beachtete ihn nicht, aber seine Verbitterung wuchs. Er ließ seinen Blick zu Jameson weiterwandern. Das Wort des Chefarztes und Klinikleiters besaß

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