Der Highlander und die Kriegerin
überhaupt sein. Selbst Hugh hatte früher, als er sie unterrichtet hatte, oftmals die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und war davongestapft, leise fluchend, wie unnütz es sei, einem Mädchen das Kämpfen zu lehren.
Aber Rionna hatte ihm gezeigt, dass sie durchaus das Zeug zum Kämpfen hatte - ebenso wie sie es den Kriegern ihres Vaters gezeigt hatte, die sich über ihre ersten Versuche lustig gemacht hatten. Und nun würde sie es ihrem Gemahl zeigen, der entschlossen schien herauszufinden, wie oft er sie auf den Hintern fallen lassen konnte.
Beinahe hätte sich die Spitze ihres Schwerts in den Boden gebohrt, aber Rionna riss die Waffe rechtzeitig hoch und trat Caelen erneut entgegen. Der hatte ihr nämlich eingebläut, dass man sein Schwert mit Sorgfalt zu behandeln habe.
„Herrgott, Ihr macht mich wahnsinnig“, knurrte Gannon. „Ein bisschen mehr Schwung dieses Mal. Ihr wiegt doch so gut wie nichts. Einer Frau von Eurer Gestalt sollte es leichtfallen, flinker zu sein als ein Mann von der Größe eines Laird. Nutzt dies zu Eurem Vorteil.“
Rionna zog Luft in ihre gequälte Lunge und umkreiste ihren Gemahl wachsam, wobei sie jede seiner Bewegungen im Auge behielt.
„Halt! Haltet kurz inne, Caelen.“
Seufzend ließ Caelen das Schwert sinken, während Gannon zu ihnen trat.
„Auf ein Wort, Mylady?“
Rionna hielt es durchaus für möglich, dass dies nur eine Finte war, von Caelen ersonnen, um sie abzulenken. Daher wich sie langsam zurück, das Schwert unentwegt auf Caelen gerichtet.
Der grinste. „Sie lernt, Gannon. Geh nicht zu hart mit ihr ins Gericht.“
„Ich möchte das hier hinter mich bringen, damit wir endlich essen können“, brummte Gannon.
Er nahm Rionna beiseite. „Ihr verlasst Euch zu sehr darauf, dass dies hier nichts als ein Übungskampf mit festen Regeln und Grenzen ist. Die aber gibt es in einer Schlacht nicht. Ihr umkreist Caelen nur und wartet darauf, dass er den Anfang macht. Ihr pariert lediglich. Dadurch seid Ihr ständig in Abwehrstellung, und das ist sein Vorteil. Dieses Mal übernehmt Ihr die Führung. Geht auf ihn los, macht Euch Eure Gewandtheit zunutze. Ihr besitzt nicht annähernd seine Stärke. Es wäre töricht, sich auf ein Kräftemessen mit jemandem einzulassen, der dreimal so groß ist wie man selbst. Sinnt auf Wege, Euren Mangel an Körperkraft wettzumachen, und beeilt Euch. Ich sterbe vor Hunger.“
Rionna lächelte breit. „Ich werde mein Bestes geben, um Euch nicht unnötig zu plagen, Gannon.“
„Der Laird wird die ganze Nacht hier stehen“, erwiderte Gannon. „Das garantiere ich Euch. Entweder er bekommt, was er will, oder aber er zermürbt Euch bis auf die Knochen - was auch immer als Erstes eintreffen wird. Daher rate ich Euch, ihm zu zeigen, was er sehen will, damit wir alle ins Warme gehen können.“
„Du verwandelst dich allmählich in ein altes Weib.“
„Betet, dass er mich nie gegen Euch antreten lässt. Altes Weib, von wegen! Ich würde Euch nicht so nachsichtig behandeln wie er.“ Sie zog eine Braue hoch. „Wer sagt, dass er nachsichtig ist? Mein Hinterteil jedenfalls behauptet das Gegenteil.“
„Ihr blutet nicht, also war er nachsichtig.“
Rionna zuckte die Achseln und wandte sich wieder Caelen zu, der wartend dastand und keinerlei Anzeichen von Erschöpfung oder Gereiztheit zeigte. Er wirkte so entspannt, als würde er einen zwanglosen Ausflug unternehmen. Nichts brachte ihn aus der Ruhe. Rionna fragte sich, ob ihn je irgendetwas im Leben aus der Bahn geworfen hatte.
Gannons Rat im Hinterkopf, umkreiste sie Caelen erneut, so wie all die Male zuvor. Gannon hatte recht. Der Umstand, dass sie stets gleich vorging und auf Caelens Vorstoß wartete, machte ihr Handeln vorhersehbar.
Sie kratzte den letzten Rest ihrer schwindenden Kräfte zusammen, hob das Schwert, stieß einen Schrei aus, der einem jeden Krieger Ehre gemacht hätte, und stürzte vor.
Caelen grinste und gab ebenfalls einen Schrei von sich, als ihre Schwerter sich trafen. Das Klirren war quer über den Hof zu hören. Energisch drängte Rionna sich vor, parierte und trieb Caelen zurück. Sie machte sich ihre Schnelligkeit sowie das geringe Gewicht ihrer Waffe zunutze und verhinderte, dass Caelen einen Gegenangriff startete.
Aye , nun war er derjenige, der sie abwehrte. Genau so wollte sie ihn - er sollte sich die Blöße geben.
Trotz der frostigen Luft rann ihr der Schweiß von der Stirn. Sie musste sich konzentrieren. Sie verengte die Augen zu schmalen
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