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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Weile lag ich einfach nur still da und lauschte ihm. Ich atmete tief ein, um die Aura seiner Worte in meinem Inneren aufzunehmen. Dann setzte ich mich auf und versuchte räuspernd, wieder Herr über meine Stimme zu werden.
    »Wenn ich an dich glaube«, fragte ich mit verquollenen Augen und sah ihm geradeaus ins Gesicht. »Kannst du mir dann helfen?«

»Hier ist sie. Meine Kleine.«
    Wie unglaublich kindisch von mir, eifersüchtig zu sein! Aber ich war es. Als Mikael mit seiner Hand über die Ruderpinne aus Mahagoni fuhr, hätte er genauso gut über den Busen einer fremden Frau streicheln können. Warum empfand ich nicht das Gegenteil, dass es eine Ehre war, dass er sie mir vorführte? Dass Mikael bereit war, mir seinen großen Traum zu zeigen, hätte mich ebenso gut mit Stolz erfüllen können. Aber in dem Moment war es anders, mir fehlte die Sicherheit.
    »Wie lange hast du dafür gebraucht?« Ich gab mir Mühe, interessiert zu wirken.
    »Für sie? Knapp drei Jahre. Wir wollen sie im nächsten Sommer fertigstellen, na, mal sehen.«
    »Das klingt nach sehr viel Geduld.«
    »Das kannst du laut sagen. Alles geht langsamer voran, als man es sich vorgestellt hat, aber der Kopf will davon nichts wissen. Ich bin immer wieder aufs Neue überrascht – und ärgere mich –, wenn Rutgerssons aus Göteborg den versprochenen Liefertermin einer Extraanfertigung nicht einhält oder sie mir den falschen Härter für den Kunststoffüberzug liefern und wir deshalb alles noch einmal machen müssen.«
    »Und das macht Spaß?« Ich sah hinunter auf meine Jeans und wischte ein bisschen Staub vom Stoff, denn wir befanden uns im noch unfertigen Cockpit.
    »Das ist mein Leben. Das ist der Grund, warum ich meine Tage damit verbringe, mit Kunden über den Austausch von Rohrleitungen, die Höhe von Kautionen und die Vorteile austauschbarer Linoleumböden zu reden. Es wäre schön, wenn ich mehr Zeit hierfür hätte. Also für mein Boot, meine ich, nicht für die Böden.« Er lachte auf.
    »Und was machst du, wenn es fertig ist?«
    »Dann habe ich hoffentlich genug gespart, um den Job hinzuwerfen. Dann gehen Stellan und ich auf Weltreise. Wir wollen drei Jahre unterwegs sein. Natürlich werden wir an manchen Orten länger haltmachen, kleinere Reparaturen fallen unterwegs immer an, und wenn uns das Geld ausgeht, dann müssen wir eben jobben. Das lässt sich regeln.«
    Die Begeisterung, mit der er sprach, war nicht zu überhören. Wenn ich nur daran denke, fühlt es sich an wie eine Ladung kaltes Blei in die Brust. Wir waren noch gar nicht so lange zusammen, aber für mich stand bereits fest, dass Mikael der Mann meines Lebens war. Bis dass der Tod euch scheidet. Es würde kein anderer mehr kommen, er war der, auf den ich gewartet hatte. Und er muss dasselbe gefühlt haben. Doch wie konnte er dann einfach dastehen und freudestrahlend erzählen, dass er hier alles stehen- und liegenlassen würde? Schließlich ging es nicht um einige Wochen oder Monate, es ging um Jahre. Ich stand auf und folgte ihm, als er den Rundgang fortsetzte.
    »Wie groß ist das Boot?« Einen Augenblick schwankte ich auf dem unebenen Boden. Ich hatte die Schuhe ausgezogen, um auf dem Baugerüst besser klettern zu können.
    » 37  Fuß, eine Hallberg-Rassy-Kopie. Vier Kojenplätze.«
    »Aha.« Eine verzweifelte Hoffnung kam in mir auf. Ich mochte weder Wasser noch Boote, aber vielleicht konnte ich mich ja daran gewöhnen. Dann könnten wir zusammen segeln. Mikael und ich. Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, da fuhr Mikael auch schon fort und erledigte meinen kleinen Hoffnungsschimmer mit einem Satz.
    »Stellan und ich träumen schon von dieser Reise, seit wir zusammen im Segelcamp waren, da waren wir kaum älter als zwölf. Ein richtiger Jungentraum!«
    »Und wohin wollt ihr reisen?« Eigentlich interessierte es mich gar nicht, doch irgendwie gelang es mir, diese Frage vernünftig und ganz normal zu formulieren.
    »Wir werden im Herbst starten und als Erstes rüber nach Göteborg segeln, über den Götakanal. Nichts gegen die Ostsee, aber diesen Tümpel kenne ich in- und auswendig.« Er grinste breit. »Wir fahren durch den Ärmelkanal und dann runter über die Biscaya bis nach Teneriffa, vielleicht noch über die Azoren. Die Kanaren verlassen wir im November. Dann haben wir den Wind im Rücken, bis wir in der Karibik sind …« Er hielt einen Moment inne und beugte den Kopf, um unter einem Balken hindurchzugehen. Die Besichtigung ging weiter. Ich gab mir

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