Der Himmel so fern
Wohnung, in die wir zogen, hatte alles, wovon ich geträumt hatte: viel Platz, hohe Decken, einen Balkon mit wunderbarer Aussicht und eine erstklassige Lage. Das, was standardmäßig nicht vorgesehen war, schafften wir an, und nach ein paar Monaten war alles komplett: die neue Küche, die Einbauschränke, das vollgeflieste Badezimmer mit Fußbodenheizung und die integrierte Beleuchtung im Eingangsbereich und den Fluren. Unser Zuhause füllte sich zunehmend mit allerlei kostbaren Gegenständen. Die gesamte Einrichtung konnte man als modern bezeichnen, doch verliehen die Antiquitäten, Kunst und echte Teppiche dem schlichten und klaren Ambiente eine persönliche Note. Das war mein Stil, ich wusste genau, was ich wollte, und Mikael ließ mich gewähren. Doch zwischen uns veränderte sich wieder etwas. Die Balance und die Harmonie, die sich für kurze Zeit in unserer Beziehung eingestellt hatten, verloren sich in den vielen weitläufigen und durchgestylten Zimmern. Manchmal stand Mikael an einer Türschwelle und murmelte vor sich hin, wir hätten niemals umziehen sollen. Ich tat so, als wüsste ich nicht, wovon er sprach, sagte, dass das Unsinn sei und er wie ein Kind reagiere, völlig irrational. Und dass es keinen Grund gäbe, beengter zu wohnen, wenn man sich doch eine so großzügige Wohnung leisten könne.
Im Büro hatte ich mich inzwischen etabliert, und auf meiner Liste standen angesehene und betuchte Kunden, was wiederum für einen Bonus sorgte. Mein Name wurde in der Branche hoch gehandelt, so dass ich bereits einigen Headhuntern einen Korb gegeben hatte. Meinem Chef war mein Marktwert sehr wohl bekannt, und er gab mir zu verstehen, dass ich gute Chancen hätte, in ein paar Jahren zum Juniorpartner aufzusteigen, wenn ich blieb.
Mikael hatte nun auch mehr Geld zur Verfügung, da die Kosten für das Boot nicht mehr anfielen und er nichts mehr für die große Reise zur Seite legte, doch auf mein Niveau kam er nie, obwohl er mehr als früher arbeitete. Es spielte keine Rolle – eigentlich. Auch unsere unterschiedlichen Gehälter markierten, wie so vieles andere, den Abstand zwischen uns. Einen Abstand, der ständig wuchs.
Ich habe nie verstanden, woher er diese Zuversicht nahm, doch obwohl sich die Dinge veränderten, hatte Mikael noch immer ein fast kindliches Vertrauen in unsere Beziehung. Nur manchmal überkam ihn die Verzweiflung, weil er die Distanz zwischen uns und die äußerliche Kälte spürte. Dann fragte er mich, was denn verkehrt sei, warum ich mich verschließen würde. Manchmal ging ich in diesen Situationen sogar auf ihn ein. Machte Feuer im Kamin und zog ihn an meine Seite. Doch ebenso geschah es – und dies immer öfter –, dass ich mich noch weiter von ihm entfernte. Das war ein Teil des Spiels. Er sollte ahnungslos bleiben, und die Rechnung ging auf, denn Mikaels Entschlossenheit wuchs mit der Distanz. Er hatte seine Wahl getroffen, und er war kein Mann, der sich leicht von etwas abbringen ließ. Vor diesem Hintergrund wog sein Entschluss, das Boot zu verkaufen und die Pläne für die Weltumseglung aufzugeben, noch viel schwerer. Ich versuchte, das zu ignorieren. Ich stand nicht in seiner Schuld, sagte ich mir immer wieder. Und wenn ich andere Dinge, wie meine Arbeit, seiner Gesellschaft vorzog, so tat ich das leichten Herzens. Zumindest von außen betrachtet. Die Zweifel, die in mir aufkamen, sollte Mikael auf keinen Fall zu spüren bekommen. Meine Aufgabe war es, unsere Beziehung zu schützen, und meine Methode funktionierte, auch wenn es ein Job war, für den ich kaum Schulterklopfen erntete.
Eine Weile nach dem Umzug machte Mikael mir einen Heiratsantrag. Auch dabei machte ich es ihm nicht leicht. Ich erklärte ihm, was für ein überholter symbolischer Akt so eine Eheschließung war, dass wir doch gerade erst zusammengezogen waren und dass es uns so doch sehr gut ging. Dass ich keinerlei Bedürfnis hatte, unserer Beziehung Fesseln anzulegen. Es war alles nur gespielt, doch ich war eine ordentliche Schauspielerin. Als ich schließlich nachgab – nach außen hin mit einem Seufzer und einem Achselzucken –, sprang ich innerlich vor Freude in die Luft.
Die Neuigkeit von unseren Heiratsplänen wurde von Freunden und der Familie mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Mikaels Eltern waren völlig aus dem Häuschen. Noch war der Umgang mit meiner Schwiegermutter frei von Sticheleien. Sie setzten ihre ganze Hoffnung in mich. Ihre eigene Tochter, Mikaels ältere Schwester Eva, war zwar
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