Der Himmel so fern
lange Zeit saßen wir einfach so da. Hielten uns, atmeten gemeinsam. Das Gefühl, ihm endlich wieder nahe zu sein, war so bittersüß, dass ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich genoss seine Nähe, seine Worte, die er an mich richtete, aber das, was er sagte, tat weh.
Da saß ich, den Kopf an seiner Schulter, unsere Hände übereinander, und flüsterte, dass es niemals seine Schuld gewesen sei. Dass es an mir gelegen habe, alles, von Anfang an. Unzählige Male wiederholte ich diese Worte, zwischendrin machte ich ihm Liebeserklärungen, bis Mikael sich schließlich mit einem langen Seufzer von seinem Platz erhob. Vorsichtig stellte er meinen Engel wieder auf den Nachttisch. Ich blieb auf dem Bett sitzen, neben den Falten, die sein Körpergewicht auf der Decke hinterlassen hatte, und beobachtete, wie er das Zimmer verließ, ohne sich umzusehen.
Auf gewisse Art und Weise fühlte ich mich erleichtert, als ich einfach dasaß und die Geräusche seiner Bewegungen durch die Wohnung wahrnahm. Ich war mir sicher, dass er mich gehört hatte. Er wusste, dass ich ihn liebte. Aber machte das einen Unterschied? Er hatte Sofia erzählte, dass er mit dem Gedanken gespielt hatte, sich scheiden zu lassen. Auch wenn er sich davon wieder distanziert hatte, so wusste ich doch, dass es die Wahrheit war. Ich hatte es schon lange gewusst, möglicherweise noch bevor es ihm selbst klargeworden war. Es gab nichts an Mikael, das ich nicht wusste oder nicht bemerkte, und ich hatte die Vibrationen seiner ersten Versuche, sich von mir fortzubewegen, bereits gespürt, bevor sie überhaupt aufkamen. Seit wir uns das erste Mal in die Augen geschaut hatten, war ich auf diesen Moment vorbereitet gewesen.
Und trotzdem traf am Ende nicht er, sondern ich die Entscheidung. Ironie des Schicksals, könnte man meinen.
Mette hatte nicht nach dem Grund seines Anrufs gefragt, denn sie war nicht überrascht, als er sich meldete, und so verabredeten sie sich in einem Restaurant, das bei ihrem Arbeitsplatz gleich um die Ecke lag, damit sie nicht so viel Zeit verlor.
Er war als Erster da und hatte einen Tisch am Fenster zugewiesen bekommen, von wo aus er auf eine menschenleere Straße blickte, nur ein paar Minuten entfernt von der exklusiven Gegend, in der Mette eine ihrer zwei Boutiquen hatte. Als die Tür aufging und Mette hereinkam, stand sie einen Moment lang da und überflog das Lokal. Er winkte ihr zu, und für einen kurzen Moment verspürte er einen fast lächerlichen Stolz. Mette erregte Aufsehen, das war schon immer so gewesen, und die anderen Gäste im Restaurant verfolgten ihre Bewegungen mehr oder weniger diskret, während sie auf seinen Tisch zuging. Sie begrüßte ihn mit einem Küsschen links und rechts, und als sie ihren Mantel abgelegt hatte, nahm sie an der gegenüberliegenden Tischseite Platz. Wie gewöhnlich trug sie Schwarz, und an ihren Ohren hingen große grüne Steine, die zu ihrer Augenfarbe passten. Ihre Lippen waren rot geschminkt und ihre Haut blass. Im Gegensatz zu Rebecka trug Mette ihr Haar nie hochgesteckt, ihre kupferfarbenen Locken wallten über ihre Schultern. Ja, er konnte die Blicke der anderen gut verstehen.
»Wie schön, dich zu sehen, Mikael!« Mettes Stimme war energiegeladen, und sie selbst bewegte sich wie in einer unsichtbaren Wolke, deren Kraft er sofort spürte. »Wie geht’s dir?«
»Na ja … Ich glaube, es wird besser.«
Sie fiel ihm ins Wort. »Du musst mir nichts vormachen, Mikael. Sag’ einfach, wie es ist.«
»Ja, dann würde ich sagen, ich fühle mich ungefähr ebenso beschissen wie beim letzten Mal.« Er lächelte kraftlos. »Obwohl ich versuche, wieder besser für mich zu sorgen. Essen und Sport und so.«
»Das ist doch gut. Du brauchst Energie.« Mette machte ein zufriedenes Gesicht. »Willst du vielleicht mal zu meinem Yogakurs mitkommen?«
Mikael lächelte. »Nein, bestimmt nicht. Aber lieb von dir.«
Ein Kellner tauchte an ihrem Tisch auf. Mikael bestellte Fleischklößchen in Sahnesauce, das heutige Tagesgericht, während Mette begann, hartnäckig über einen Ceasarsalat mit enthäutetem Hühnchen ohne Brot und Dressing zu verhandeln, dafür aber zusätzlich mit Avocado. Der Kellner notierte alles, verschwand, kam kurz darauf mit einer Karaffe Wasser zurück.
Mette nahm einen Schluck, als er ihre Gläser gefüllt hatte. »Die Beerdigung war wirklich schön«, sagte sie vorsichtig und beobachtete Mikaels Reaktion.
»Ja, wahrscheinlich schon. Viele, die sich hinterher
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