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Der Himmel über der Heide (German Edition)

Der Himmel über der Heide (German Edition)

Titel: Der Himmel über der Heide (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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essen.»
    Kati lächelte. «Das ist lieb von dir, aber ich will lieber bei den anfallenden Arbeiten helfen.»
    Doch Elli duldete keinen Widerspruch. «Das kannst du später immer noch tun. Jetzt holen wir dir erst mal mein Rad aus dem Schuppen.» Sie hakte sich bei ihrer Enkelin unter und zog sie mit sich über den Rasen.
    ***
    Nachdem Kati die Luft in den Reifen kontrolliert hatte, stieg sie auf das alte Fahrrad ihrer Großmutter und trat voller Elan in die Pedale. Sie winkte Elli zu, die ihr die Schürze abgenommen hatte, und bereits wieder Richtung Veranda ging.
    Nach nur wenigen Minuten hatte sie das Ende des Ortes erreicht. Sie folgte dem Radweg entlang der Kreisstraße nach Bispingen. Dichte Kiefernwälder säumten hier den Straßenrand und spendeten nicht nur reichlich Schatten, sondern verströmten auch einen würzigen Holzgeruch. Der Duft des Waldes mischte sich in der Sommerhitze mit dem Dunst des gleißenden Asphalts. Ein leichtes Flimmern schien über der Straße zu liegen. Die wenigen Autos, die Kati überholten oder ihr begegneten, konnten den Eindruck von Stille und Geruhsamkeit nicht wirklich stören.
    Heimat, dachte Kati, so riecht Heimat.
    Nachdem sie eine kleine Erhebung hinaufgeradelt war, sah sie bereits das Ortsschild von Bispingen.
    Es tat gut, mal wieder durch die alte Heimat zu radeln. Früher hätte Kati sich nicht vorstellen können, freiwillig hier wegzugehen.
    Wie es wohl wäre, wieder in der Heide zu leben, fragte sie sich, als sie mit Rückenwind den langgezogenen Hügel hinunter Richtung Ortsmitte rollte. Aber was sollte sie hier tun? Das ganze Jahr über Bettwäsche wechseln und Geschirr abräumen?
    Früher hatte ihr Vater immer gesagt, dass sie den Heidehof eines Tages übernehmen sollte. Doch es gab zahlreiche Argumente, die dagegen sprachen. Angefangen damit, dass Kati die richtige Ausbildung fehlte, um den Familienbetrieb voranzubringen und auch selbst langfristig mit diesem Leben zufrieden zu sein. Außerdem kannte sie in dieser Gegend ja eigentlich niemanden mehr. Natürlich sah sie gelegentlich noch ein bekanntes Gesicht, alte Klassenkameraden oder deren Eltern. Doch Kati hatte ihrer alten Heimat schon vor mehr als zehn Jahren den Rücken gekehrt, und das aus gutem Grund. Sie würde sich niemals wieder im Dorfleben zurechtfinden.
    Es war damals die einzig richtige Entscheidung gewesen. Kati hatte weit weg ein ganz neues Leben beginnen wollen, um all den Schmerz und die Trauer loszuwerden. Nach dem Abi war genau der richtige Zeitpunkt gekommen. Sie hatte sich per Interrail ganz allein auf den Weg nach Süden gemacht. Und nach der intensiven Zeit in Barcelona war sie zwar nach Deutschland zurückgekehrt, nicht jedoch in die Heide. Sie war damals nach Hamburg gegangen, um dort ein Designstudium zu beginnen. In der großen Stadt konnte sie ganz von vorn anfangen. Niemand kannte sie, und vor allem wusste dort niemand über ihr furchtbares Schicksal Bescheid. Kati hatte die schrecklichen Ereignisse in einer tiefen Ecke ihres Herzens weggesperrt und sich verboten, darüber zu reden. Mit niemandem hatte sie bisher darüber gesprochen, auch mit Flo nicht.
    Und das soll auch so bleiben, dachte Kati, als sie am Schwimmbad von Bispingen vorbeifuhr.
    Hier hatte sie als Jugendliche jeden freien Tag verbracht. Es waren großartige Sommer gewesen, und Kati war glücklich damals. Natürlich wusste sie, dass man solche Zeiten im Nachhinein glorifiziert und glaubt, es habe nie kalte oder regnerische Tage gegeben, sondern nur Sonne und ein grenzenloses Gefühl von Freiheit. Die Jahre verschmelzen dann zu einem einzigen wunderbaren Sommer, der nie aufzuhören schien. Genauso wie Katis Erinnerungen an die Winter ihrer Kindheit ausschließlich von Schneemassen und Weihnachtsidylle geprägt waren.
    Die Mittagssonne brannte, und am liebsten wäre Kati wie damals barfuß mit dem Rad zum Schwimmen gefahren, hätte sich den ganzen Tag auf eine Wiese gelegt und mit ihrer Schwester und ihren engsten Freundinnen von damals, Angie und Nicole, über die Leute gelästert. Was hatten sie für Spaß gehabt! Kati erinnerte sich daran, wie oft sie mit Jule das letzte Taschengeld zusammengekratzt hatte, um eine Kugel Stracciatella im Eiscafé bei Toni zu kaufen.
    Sie musste lächeln. Zwar wäre es ihr jetzt albern vorgekommen, einfach ihre Schuhe abzustreifen und barfuß weiterzuradeln. Aber Geld hatte sie im Vergleich zu damals wahrlich genug.
    Kurzerhand bog sie in die Hützeler Straße ein, um sich tatsächlich

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