Der Hochzeitsvertrag
und sie damit letztlich auch genötigt, ihren Aufenthalt durch die Ehe mit ihm zu legitimieren, hätte er wohl nie Gelegenheit gehabt, ihr zu erklären, warum er sie verlassen hatte. Und sie hätte ihn ihr Leben lang gehasst. Er hätte wohl irgendwann resigniert, würde jetzt vielleicht Dierdre Worthing zu ihrem ersten gemeinsamen Fest geleiten. Ein Glück, dass es anders gekommen ist.
"Ich habe dir wahrscheinlich noch nicht gesagt, wie wundervoll du in Lavendel aussiehst", bemerkte er.
"Nein. Das hast du noch nicht." Sie errötete und versuchte, ihre Verlegenheit zu überspielen. "Du machst mir doch jetzt nicht Komplimente, um dich für dein schlechtes Benehmen im Arbeitszimmer zu entschuldigen?"
"Das Kleid steht dir wirklich hervorragend", erklärte er.
"Ist schon gut. Du musst dieses Mal keine Sonette rezitieren", sagte sie.
"Wunderbar siehst du darin aus", fügte er unbeirrt hinzu.
Emily lachte fröhlich. Nicholas war froh, dass sie so glücklich wirkte, als er mit ihr ins Speisezimmer trat, wo ihr Vater und ihr Bruder schon auf sie warteten. Aber er wusste, dass dieser Moment der Freude und des Einklangs rasch vorüber sein könnte.
Emily fing erst an, ihm zu vertrauen. Das Verhältnis, das sie an dem Tag gehabt hatten, als er sie das erste Mal geküsst hatte, war noch lange nicht wiederhergestellt.
Dabei gab es noch so viele Probleme, auf die Emily nicht vorbereitet war. Und das Risiko ihres gesellschaftlichen Scheiterns wuchs, weil sie ihn nach London begleiten wollte. Aber sie daran zu hindern, ihn zu begleiten, würde ihr geringes Vertrauen in ihn völlig zunichte machen. Prüfend blickte er sie an, bevor er sich seinen Gästen widmete.
Nach einem gelungenen Mahl, das immer wieder von Trinksprüchen auf das junge Paar unterbrochen worden war, verabschiedete sich der Geistliche und ging mit Joshua nach Hause. Alle Möbel wurden an die Wand des Speisezimmers gerückt. Erst jetzt begann das eigentliche Fest. Der alte Somer griff zur Ziehharmonika und spielte zum Tanz auf.
Nicholas packte Emily bei den Händen und wirbelte mit ihr über den provisorischen Tanzboden. Ihre Überraschung und halbherzigen Proteste ignorierte er. Johlend klatschte die Mannschaft im Takt der Musik in die Hände.
Der Earl und die Countess of Kendale tanzten allein, bis ein neues Lied erklang, und die Männer in Zweierund Dreiergruppen anfingen, über die Tanzfläche zu hüpfen. Nicholas war seltsam leicht und unbeschwert zu Mute. Am liebsten hätte er Emily gar nicht mehr losgelassen.
Eigentlich habe ich noch mehr verdient als einen sorgenfreien Abend, dachte er, aber er wusste, dass er sich damit zufrieden geben müsste, mit seiner hübschen jungen Frau zu tanzen. Trotzdem fühlte er sich in diesem Augenblick zuversichtlicher, was ihre Ehe anging, als zu jedem anderen Zeitpunkt nach der Hochzeitszeremonie. Ja, wir haben eine Chance auf ein gemeinsames Glück, dachte er.
Nachdem sie eine Weile herumgewirbelt waren, meinte Emily atemlos: "Ich glaube, Mr. Somer wird allmählich müde. Wir sollten uns zurückziehen und die Männer in Ruhe weiterfeiern lassen."
"Erinnerst du dich an Folly of the Rose , Emily?" meinte er vergnügt, während sie über die Eichendielen glitten.
Sie antwortete nicht, also versuchte er es trotz des Lärms noch einmal. "Ich habe dieses Lied nicht mehr gehört, seit ich weggefahren bin. Soll ich Somer bitten, zum Ausklang …"
"Lieber nicht", erwiderte Emily mit gepresster Stimme und wurde mit einem Mal ernst.
Erst da erinnerte sich Nicholas an die Anfangsworte des Liedes, das er vorgeschlagen hatte.
"Wo sie einst zusammen gingen,
ging sie nun allein.
Und ihr Liebster, der war fort,
Rose blieb allein der Wein.
Ach, der Liebe Torheit …"
Der Rest des Textes war ihm entfallen. Nicholas wurde klar, welch schweren Fehler er bei der Wahl des Liedes gemacht hatte, dabei hatte er lediglich an einen ähnlich ausgelassenen Nachmittag denken müssen.
Im Park hatten sie sich bei strahlendem Sommersonnenschein an den Händen gefasst, die Arme beim Gehen wild hin und her geschwenkt, Grimassen geschnitten und die närrischen Strophen von Folly of the Rose gesungen. Oh, es war ein langes Lied gewesen. Doch offensichtlich hatte der Text für Emily in der Zwischenzeit eine andere Bedeutung bekommen.
Manchmal schien es ihm, als folgten auf jeden Schritt vorwärts zwei Schritte zurück. Eine Ehe ist schwere Arbeit, dachte er seufzend.
Der Morgen dämmerte bereits. Selbst im Herrenhaus war es
Weitere Kostenlose Bücher