Der Hochzeitsvertrag
war kein Kind mehr. Und irgendetwas musste sich an ihrem derzeitigen Verhältnis als Ehemann und Ehefrau ändern. Wenn sie weiter in dieser Weise miteinander umgingen, hätten sie sich bald weiter voneinander entfernt als zu der Zeit, in der sie auf unterschiedlichen Kontinenten gelebt hatten. Vielleicht würde es sie sogar glücklich machen, wenn er es richtig anstellte.
Er und Duquesne hatten das Esszimmer fast erreicht, als Upton zurückkam. "Mylord, Sie wollten, dass Ihrer Frau in Ihren Gemächern serviert wird. Aber da ist sie nicht."
Dunkle Vorahnungen überkamen Nicholas. "Wo ist sie dann? Hat sie jemand gesehen?"
Upton sah sehr selbstgefällig drein, räusperte sich und verkündete: "Ja, Mylord. Man sagte mir, sie sei in Ihr Schlafzimmer gegangen. Sie lehnt es offenbar ab, zu speisen. Sie … sie wartet auf Sie."
Erleichtert seufzte Nicholas auf. Ein Glück, dass sie nicht in einem Wutanfall beschlossen hatte, allein nach Hause zu reisen! "Danke, Upton. Sie können gehen."
"Sehr wohl, Mylord." Der Butler – offensichtlich enttäuscht, weil sein Herr nicht heftiger auf seine Andeutungen reagiert hatte – nickte und entfernte sich. Die Tage dieses Mannes in meinem Haus sind gezählt, dachte Nicholas. Ich werde ihn durch Mr. Jems ersetzen.
Nicholas warf dem Viscount einen bittenden Blick zu.
Der genoss seine Zuschauerrolle in vollen Zügen. "Ich bin fast versucht, zum Dinner zu bleiben, nur um zu sehen, wann du es in manierlicher Weise schaffst, mich loszuwerden", erklärte er lächelnd. "Aber das tue ich nicht. Geh nur, alter Freund, schau nach, was deine Frau von dir will. Wir sehen uns morgen, wie geplant." Er klopfte Nicholas auf die Schulter. "Und läute nicht nach dieser Mumie von einem Butler, nur damit er mir die Tür öffnet. Ich finde meinen Weg nach draußen schon."
"Danke, Duquesne", meinte Nicholas und eilte besorgt die Treppe hinauf. Was, um alles in der Welt, tat Emily in seinem Schlafzimmer? Gewiss beabsichtigte sie nicht, sich ihm hinzugeben. Ob sie sich wohl bei ihm entschuldigen wollte? Oder ihn mit Vorhaltungen überhäufen würde?
Eigentlich hatte er einen herben Tadel verdient, das wusste er. Und zwar für seine Äußerung, als er sie in diesem Kleid sah – oder besser, als Duquesne sie in diesem Kleid erblickte. Er war so eifersüchtig gewesen, dass er fast den Verstand verloren hatte. Außerdem hatte er noch andere Gefühle verspürt, Gefühle, die er zu seinem Bedauern nicht ausleben durfte. Er wusste nicht einmal, ob er Emily gleichmütig und gefasst entgegentreten konnte, wenn gleich in der Nähe ein Bett stand. Aber durch Abwarten ließ sich das Problem nicht lösen.
Als er die Tür öffnete, stand sie am Fenster.
"Emily?"
Sie drehte sich um, anscheinend überrascht über sein vorzeitiges Erscheinen, und ließ den Vorhang sinken. "Nicholas." Sie klang entschuldigend.
"Mir wurde gesagt, dass du hier auf mich wartest?" Er war insgeheim froh, dass sie sich mittlerweile ein anderes, weniger verführerisches Kleid angezogen hatte. Trotzdem spürte er auch jetzt, dass sein Herz vor Verlangen schneller schlug, wie immer, wenn er in ihrer Nähe war.
"Ist Viscount Duquesne schon fort?"
"Ja. Er wollte doch nicht zum Dinner bleiben."
Sie biss sich auf die Lippe und senkte den Blick. "Meinetwegen?"
"Er war amüsiert, nicht aufgebracht, keine Sorge", versicherte Nicholas ihr. "Emily, ich habe mich abscheulich benommen. Ich habe einen Fehler gemacht, nicht du."
Sie wollte schon etwas sagen, besann sich jedoch anders und wandte ihm den Rücken zu. "Du hast das Kleid selbst ausgesucht!"
"Das stimmt. Und du siehst atemberaubend darin aus." Er kam auf sie zu und legte ihr die Hände auf die Schultern. Wie anmutig sie ist. "Ich konnte es nur einfach nicht ertragen, deine Schönheit mit jemand anders zu teilen, nicht einmal mit meinem besten Freund."
Sie erbebte. Und schwieg.
"Emily? Hast du mich verstanden?"
Sie nickte.
Er lächelte selbstvergessen. "Weiß du eigentlich, wie sehr ich dich begehre? Dich immer begehrt habe?"
"Obwohl du mit einer anderen Frau verlobt warst? Obwohl du wusstest, dass du mich niemals würdest heiraten können?"
Nicholas ließ sie los. "Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es keine Verlobung gab? Dich hätte ich gebeten, mich zu heiraten, wenn mich mein Vater nicht daran gehindert hätte."
Sie wirbelte herum. Tiefer Abscheu spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider. "Nein! Lüg nicht schon wieder, Nicholas! Das ertrage ich nicht!" Sie schluckte und
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