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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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der
    Insel.
    Ich gelangte einigermaßen befriedigt am Ende dieser Gedanken-
    kette an. Wo sie mich hinführen sollte, wußte ich nicht.
    Aber ich hatte immerhin Vorarbeiten geleistet.
    Und Vorarbeiten – wir nennen es auch Recherchen – sind stets
    das Wichtigste.
    Ich legte die Berichte meiner Kollegen unter mein Kopfkissen,
    eine alte Marotte, die ich aus Schultagen beibehalten habe; damals ging es zwar stets um Mathematik, und geholfen hat es nur selten.
    Ich dehnte mich wohlig in den zartgrünen Laken, die sich seidig
    anfühlten, und dachte an meine kleine Jinny – wie sich wohl ihr ge-löstes schwarzes Haar und ihre goldgebräunten Glieder darauf aus-
    nehmen würden – und hoffte nur, daß J.L. Sheraman seinen sanften
    Charme wohlerzogen im Zaum hielte.
    Ich schlief auf den Flügeln des Champagners ein und erwachte zu
    einem strahlend blauen Morgen, der alles Gerede über ein häß-
    liches Nebel-London Lügen strafte.
    London war eine zauberhafte Stadt.
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    Und das Hillcrest war das angenehmste Hotel, in das ich je meinen Fuß gesetzt hatte.
    Die Morgenzeitungen waren voll vom Watergate-Skandal. Die
    Preise stiegen weiter, unentwegt.
    Aber mit der Morgenzeitung hatte der Page mir auch ein Tele-
    gramm von Jinny gebracht, in dem stand: »Ich sehne mich nach
    dir«, und das nach immerhin erst sechsunddreißig Stunden, die wir
    voneinander getrennt waren.
    Ich war so glücklich über das Telegramm, daß ich den kleinen
    Pagen ganz vergaß, aber der stand immer noch bescheiden an der
    Tür, als ich schon die halbe Times hinter mich gebracht hatte.
    Ich gab ihm eine Pfundnote, und da wurde er merklich um einige
    Zentimeter größer.
    »Danke, Sir. Zu Ihren Diensten, Sir.«
    »Sag mal, mein Sohn, sind hier eigentlich Hunde im Hotel er-
    laubt?« Ich fragte es ganz nebenbei, wie das so üblich ist.
    »Aber gewiß, mein Herr.«
    »Das ist ja fein.«
    »Haben Sie einen Hund, Sir? Befindet er sich noch in Quaran-
    täne, Sir? Möchten Sie, daß ich den Portier benachrichtige, damit
    er die notwendigen Formalitäten erledigt?«
    »Nein, leider habe ich meinen Doby in Berlin lassen müssen.«
    »Wie traurig für Sie, Sir. Wenn man an ein Tier gewöhnt ist, fehlt es einem doch wirklich sehr, nicht wahr?«
    Er hatte treuherzige blaue Augen, dieser kleine Page. Er hatte
    sandfarbenes Haar, das sich spätestens, wenn er zwanzig war, über
    seiner Stirn lichten würde. Aber das konnte ihn dann – falls er es bis dahin zum Oberpagen oder gar zum vierten Portier gebracht
    hatte, besonders vornehm und natürlich aussehen lassen.
    »Wie heißt du, mein Sohn?«
    »Paul, Sir.«
    »Hast du Tiere auch gern?«
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    »Und wie, Sir. Ich züchte sogar welche.«
    »So – und welche Rasse?«
    »Keine Hunde, Sir. Das wäre zu teuer. Sie brauchen zuviel Futter
    und auch zuviel Pflege, und bei meinem Dienst kann ich mir das
    gar nicht erlauben. Aber ich langweile Sie sicher und halte Sie
    auf…«
    »Aber ganz und gar nicht, Paul. Was sind es denn für Tiere, die
    du züchtest?«
    »Kanarienvögel, Sir.«
    »Das stelle ich mir lustig vor. Aber machen die nicht zuviel
    Krach?«
    »Sie zwitschern, Sir, sehr laut, ja. Und Benjamino singt regel-
    rechte Arien. Er hat italienische Vorfahren. Eine Dame hat ihn mir geschenkt, aus Florenz.«
    »Das ist ja wirklich interessant«, sagte ich.
    »Ja, nicht wahr? Aber jetzt muß ich laufen. Bitte, entschuldigen
    Sie mich, Sir.«
    Ich richtete es so ein, daß ich unauffällig erfuhr, wann Paul an diesem Nachmittag Dienstschluß hatte. Das war um sechs.
    Um zehn nach sechs spazierte ich langsam – so, als bewunderte
    ich meine Umgebung – zu dem kleinen Dorf hinüber, das unter
    Rosenbüschen und Pappeln ein beschauliches Dasein fristete wie
    vor hundert Jahren. Die meisten Angestellten des Hotels stammten
    alle von hier.
    Mit einemmal hörte ich eilige leise Schritte hinter mir, und dann
    überholte Paul mich.
    »Guten Abend, Sir«, sagte er höflich. »Ein herrlicher Abend, nicht wahr, Sir? So ein schöner Sonnenuntergang.«
    Das war er allerdings, leuchtend und wärmend rot.
    »Schon dienstfrei?« fragte ich.
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    »Ja, Sir. Ich laufe jetzt nach Hause«, sagte er eifrig. Er zögerte, aber dann fügte er hinzu: »Vielleicht – ich meine, es hat Sie heute morgen ja so interessiert, vielleicht möchten Sie sich meine Kanarienvögel einmal anschauen? Wenn Sie nichts Besseres vorhaben,
    natürlich. Ich meine, ich will keinesfalls aufdringlich sein und eigentlich …«
    »Das ist eine gute Idee«,

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